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Die Seidenbaronin (German Edition)

Die Seidenbaronin (German Edition)

Titel: Die Seidenbaronin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Rauen
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entstanden und schützte seither die Häuser an der Küste. Die Bewohner lobten Gott und nannten den Wall fortan den Heiligen Damm.»
    «Eine schöne Geschichte», sagte Paulina andächtig.
    «Heute brauchen wir das Meer nicht mehr zu fürchten, wenn der Herbst mit seinen Stürmen beginnt», brummelte der Fischer in seinen Bart. «Eine gute Zeit, um Bernstein zu suchen.»
    Paulina lächelte sehnsüchtig. «Bernstein … Glauben Sie, dass man hier welchen finden könnte?»
    «Morgen müssen Sie suchen, gnädige Frau, nach dem Sturm. Vielleicht haben Sie Glück, und das Meer hat etwas an Land gespült.»
    Die Tür flog donnernd auf und knallte gegen die Wand. Ein strammer Windzug löschte die Kerze auf dem Tisch. Hinter dem Sohn des Hauses trat Christian in die Stube ein. Er musste den Kopf einziehen, um sich nicht am Türrahmen zu stoßen. Seine Miene wirkte angespannt.
    Die Fischerin richtete sich behäbig auf, nahm ein Holzscheit und zündete die Kerze auf dem Tisch wieder an.
    «Was macht der Junge?», fragte der alte Fischer, ohne von seiner Arbeit aufzusehen.
    «Dieser herzogliche Professor sagt, dass der Knochen seines Beines gebrochen ist», antwortete sein Sohn. «Er hofft, dass er es retten kann.»
    Der Fischer nickte mit der Gelassenheit der Menschen, die ihr Schicksal als gottgegeben betrachten.
    Paulina sah zu Christian hinüber. Seit ihrem Kuss auf der Straße nach Rostock hatte er sich ihr gegenüber in Zurückhaltung geübt. Fast glaubte sie schon, dieses köstliche Erlebnis nur geträumt zu haben. Doch die Leidenschaft, die er ihr entgegengebracht hatte, konnte er nicht vorgetäuscht haben, dessen war sie sich gewiss.
    Wie würde es jetzt wohl weitergehen? Was hatte er vor?
    Seiner unzugänglichen, in sich gekehrten Miene war nicht viel zu entnehmen.
    «Setzen Sie sich zu uns ans Feuer!», forderte die Fischerin den jungen Grafensohn auf.
    «Das würde ich gerne, aber ich muss fort. Ich bin gekommen, um die gnädige Frau abzuholen. Wir werden gleich nach Rostock aufbrechen.»
    «Aber gnädiger Herr!», protestierte die Fischerin. «Sie wollen doch nicht heute noch nach Rostock fahren! Bei dem Sturm! Machen Sie uns die Freude, unsere Gäste zu sein. Das ist das mindeste, was wir für Sie tun können, nachdem Sie unserem Sohn das Leben gerettet haben!»
    «Man erwartet mich in Rostock. Morgen geht mein Schiff nach Lübeck. Ich muss zu meinem Regiment nach Holland zurück.»
    Paulina senkte die Lider. Morgen schon!
    «Nun, dann fahren Sie eben bei Sonnenaufgang!», beharrte die Fischerin. «Bis dahin ist der Sturm vorbei!»
    «Wenn Sie jetzt fahren, gelangen Sie nicht einmal bis Doberan», ließ sich die Stimme des alten Fischers vernehmen.
    Die Fischerin nickte zustimmend. «Außerdem können Sie Ihre hübsche kleine Gemahlin nicht noch einmal in den Sturm hinausschicken!»
    «Wo sie doch noch nach Bernstein suchen wollte», sagte der Fischer.
    Christian blickte Paulina fragend an. Seine Augen bekamen plötzlich einen eigenartigen Glanz.
    «Wir überlassen Ihnen unsere Schlafkammer, dann können Sie sich gründlich ausruhen», bot die Fischerin an.
    Paulina hielt die Luft an. Ob Christian dasselbe dachte wie sie? Das Schicksal schien bereit zu sein, ihnen ein paar Stunden Aufschub zu gewähren.
    «Ja», sagte Christian schließlich mit tonloser Stimme. «Wir werden gerne hierbleiben, gute Frau.»

    «Sie wollen also Bernstein suchen?», fragte Christian zärtlich.
    Er kniete vor dem kleinen Kamin und schürte das Feuer. Eine behagliche Wärme breitete sich in der kleinen Kammer der Fischersleute aus. Über dem Haus heulte der Sturm. Von draußen war das tosende Meer zu hören.
    Paulina, die auf einem kleinen Schemel saß, fühlte sich seltsam beklommen. «Es würde mich immer an die Farbe Ihrer Augen erinnern», sagte sie leise.
    «Ich darf folglich hoffen, dass Sie sich an mich erinnern möchten?»
    Sie hielt seinem forschenden Blick stand. «Haben Sie daran noch immer Zweifel?»
    Er legte den Schürhaken beiseite und richtete sich auf. Seine Gestalt füllte fast die Höhe des Raumes aus. Er hatte seine Uniformjacke ausgezogen und trug nur noch ein weißes Hemd.
    «Warum haben Sie mich nicht empfangen?», fragte er unvermittelt.
    Paulina zögerte. «Ich hatte Angst vor dem, was Sie mir sagen würden.»
    «Angst?»
    «Ich wollte mir Ihre erneuten Vorwürfe ersparen. Ich wollte nicht hören, dass Sie vielleicht mit einer anderen verheiratet sind. Ich wollte nicht all die alten Wunden aufreißen, die ich

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