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Die Seidenbaronin (German Edition)

Die Seidenbaronin (German Edition)

Titel: Die Seidenbaronin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Rauen
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Luxembourg hastete, wurde sie sich der Tragweite dessen bewusst, was sich gerade abgespielt hatte. Sie musste verrückt gewesen sein, sich mit dem ersten Mann des Staates messen zu wollen! Andererseits – hatte Napoleon ihr überhaupt eine Chance gelassen? War es für ihn nicht von vornherein klar gewesen, dass er einer Manufaktur, an deren Spitze eine Frau stand, den Auftrag unter keinen Umständen erteilen würde?
    Im Palais in der Rue de Joubert zog sich Paulina in ihr Zimmer zurück. Sie ließ ihren Leibdiener rufen und bat ihn, sich um das Gepäck zu kümmern. Man werde am nächsten Morgen aus Paris abreisen. Lange saß sie da und ging in Gedanken immer wieder jede Kleinigkeit der Szene im Palais du Luxembourg durch. Sie hatte doch schon so viele erfolgreiche Verhandlungen geführt. An welcher Stelle war ihr heute bloß ein Fehler unterlaufen?
    Ein Aufruhr im Haus verkündete gegen Abend die Heimkehr von Pierre. Paulina vernahm ein lautes Lachen. Es war unglaublich, dass dieser Mann selbst jetzt, nachdem er sich unsäglich vor dem Senat blamiert hatte, seinen Optimismus nicht verlor. Man hörte Schritte auf der Treppe, und im nächsten Moment wurde die Tür zu Paulinas Zimmer aufgerissen.
    «Warum so betrübt, meine Liebe?», rief Pierre gut gelaunt. «Sie sollten zur Feier des Tages schleunigst in Ihre prächtigste Robe schlüpfen!» Er kam auf sie zu und hob mit dem Finger ihr Kinn an.
    «Sie können Ihr Näschen ruhig wieder höher tragen, Madame! Sie hatten mehr Bewunderer unter den Senatoren, als es zu Beginn den Anschein machte. Letztendlich war den Herren die Gewähr, ihre Mäntel rechtzeitig zur Kaiserkrönung überziehen zu können, wichtiger als ihre Bedenken gegenüber einer handeltreibenden Dame.»
    «Und der Kaiser?»
    Pierre breitete die Arme aus und grinste triumphierend über das ganze Gesicht. «Er scheint sehr beeindruckt von Ihnen zu sein. Wir haben den Auftrag für die Lieferung der Samtmäntel erhalten, Madame. Des Weiteren wünscht Seine Majestät ausdrücklich, auf seiner bevorstehenden Reise durch das Rheinland von Ihnen und mir in unserem Palais in Crefeld empfangen zu werden.»

Kapitel 40
    Crefeld, August 1804
    Paulina saß in ihrem Kontor und las mit wachsender Beunruhigung Pierres Brief. Sie blickte zu Homberg auf, der ihr gegenüber Platz genommen hatte und gespannt ihr Mienenspiel verfolgte.
    «Die Senatoren drängen schon wieder auf baldige Lieferung. Was meinen diese Herren denn, wie schnell man eine derart große Menge Samt herstellen kann?»
    Zwischen Hombergs Augenbrauen hatte sich eine tiefe Sorgenfalte gebildet. «Ist die Kaiserkrönung nicht erst im Frimaire des Revolutionskalenders, also im Dezember? Wozu solche Eile?»
    «Die Röcke der Senatoren müssen noch bestickt werden. Man befürchtet, dass die Sticker, die schon jetzt völlig überlastet sind, dies nicht mehr schaffen könnten. Mein Gatte schreibt, dass sich unsere Gegner im Senat bereits zu formieren beginnen. Es wäre ein großer Triumph für die Lyoner, wenn wir es nicht schafften, die Stoffe rechtzeitig zu liefern. Wir würden zudem die Gunst des Marschalls Lefebvre verlieren, dem wir es in nicht ganz unerheblichem Maße zu verdanken haben, dass der Senat uns den Vorzug vor den Lyoner Manufakturen gegeben hat.»
    Homberg schlang nervös seine Finger ineinander. «Was für eine Katastrophe! Diese Herren verlangen Unmögliches von uns!»
    Paulina machte eine besänftigende Handbewegung. «Wir dürfen jetzt vor allem nicht den Kopf verlieren, mein lieber Homberg! Als Zeichen unseres guten Willens werden wir den Herren Senatoren eine erste Lieferung zukommen lassen. Setzen Sie ein entsprechendes Schreiben auf, in dem Sie die Ankunft der Stoffe avisieren. Der Samt muss in Paris sein, bevor der Kaiser zu seiner Reise ins Rheinland aufbricht. Die Fabrikmeister sollen unsere Weber und Arbeiter benachrichtigen, dass zusätzliche Schichten zu leisten sind. Wir brauchen jede Hand!»
    «Damit können wir die Gemüter nur fürs Erste beruhigen», wandte Homberg ein. «Was aber machen wir danach?»
    «Wir werden weitere Fabrikanten mit einbinden.»
    «An wen haben Sie dabei gedacht?», fragte Homberg skeptisch. «Ich hoffe, Ihnen ist bewusst, dass viele in dieser Stadt Ihnen den Erfolg Ihres Unternehmens missgönnen und nicht gerade geneigt sein werden, dazu beizutragen, dass dieser sich noch vergrößert.»
    Paulina stand auf und ging zum Fenster. «Es gibt doch einige neue Betriebe in der Stadt, die noch dabei sind,

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