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Die Seidenbaronin (German Edition)

Die Seidenbaronin (German Edition)

Titel: Die Seidenbaronin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Rauen
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Seele verkauft?»

Kapitel 39
    Paris, Juli 1804
    «Ich bin extra nach Paris gekommen, und die Senatoren wollen mich überhaupt nicht sehen?», tobte Paulina. «Aber ich führe die Seidenmanufaktur!»
    Pierre und sein Sekretär tauschten einen verdrießlichen Blick.
    «Die Senatoren weigern sich, mit einer Frau über geschäftliche Dinge zu verhandeln», sagte der Sekretär.
    «Hat Marschall Lefebvre denn nicht verlauten lassen, dass mein Gatte gar nichts von der Seidenfabrikation versteht?», fragte Paulina verärgert. «Wir werden den Auftrag verlieren, wenn Sie alleine mit den Senatoren verhandeln, Pierre! Sie müssen sich schließlich gegen die Lyoner behaupten.»
    «Ich könnte unseren Korrespondenten Marceau mitnehmen», schlug Pierre vor.
    «Marceau ist in Crefeld geblieben!», rief Paulina händeringend. «Ich konnte ja nicht ahnen, dass die Senatoren einerseits den Samt für ihre Mäntel von uns beziehen möchten, andererseits aber ignorieren, dass ich es bin, die das Unternehmen von Ostry leitet.»
    «Es ist doch nur eine Formsache, Madame», versuchte der Sekretär Paulina zu beruhigen. «Ihr Gatte schließt das Geschäft ab, und Sie kümmern sich um die Abwicklung.»
    Pierre war deutlich anzumerken, dass ihm nicht ganz wohl dabei war. «Die Herren werden sofort spitzkriegen, dass ich nicht viel von der Samtproduktion verstehe. Es geht schließlich nicht um irgendwelche Mäntel. Die Senatoren werden ebendiese Mäntel zur Krönung unseres Kaisers Napoleon tragen.»
    «Aber Lefebvre hat unmissverständlich erklärt, dass die Senatoren nur mit Ihnen als Mitglied der Gesetzgebenden Körperschaft und frischernanntem Ritter der Ehrenlegion zu verhandeln wünschen», erwiderte sein Sekretär.
    Paulina meinte, gleich vor Wut zu platzen. «Was glauben Sie denn, wodurch Herr von Ostry dazu geworden ist?»
    «Madame!» Der Sekretär machte eine beschwichtigende Handbewegung. «Vergessen Sie nicht, dass Ihr Gatte über gewisse politische Fähigkeiten verfügt, die ihn – übrigens vor allen anderen Crefelder Fabrikanten – in seine Position gebracht haben. Es ist doch gleichgültig, wer das Unternehmen vor dem Senat vertritt – solange nur der Auftrag für die Mäntel der Senatoren an uns geht.»
    Paulina schwieg. Sie musste dem Sekretär recht geben. Hier ging es schließlich nicht nur um Handel, sondern vor allem auch um diplomatisches Geschick. Und darin war Pierre eindeutig fähiger als sie. Also blieb sie schweren Herzens in dem schönen Pariser Stadthaus in der Rue de Joubert zurück, das Pierre gemietet hatte. Inzwischen machten Pierre und sein Sekretär sich auf den Weg zum Palais du Luxembourg, um dem Senat das Angebot des Unternehmens von Ostry zu unterbreiten.
    Nach Pierres Fortgang lief Paulina nervös im Zimmer auf und ab. Seit ihrer Ankunft in Paris drei Tage zuvor hatte sie unentwegt über ihren Papieren gesessen. Sie musste diesen Auftrag für die Samtlieferung zur Kaiserkrönung einfach bekommen! Damit hätte sie die konkurrierenden Seidenmanufakturen aus Lyon, die ihr das Bestehen in Paris zunehmend schwermachten, endgültig hinter sich gelassen. Und die aufstrebende Pariser Aristokratie würde auch bei ihr kaufen.
    Paulina merkte, dass ihr vor Aufregung der Schweiß ausgebrochen war. Sie ging zum Fenster und riss es weit auf. Fröhliche Kinderstimmen drangen zu ihr herauf. Sie sah ihre Tochter Anna und die Zwillinge im Garten hinterm Haus spielen. An ihrer Seite war die sechzehnjährige Sophie, Anna von Dornfelds Tochter, die Paulina aus Hannover hatte holen lassen. Anna hatte Crefeld nach der Spielzeit wieder verlassen und war mit der Böhm’schen Theatertruppe weitergezogen. Sosehr Paulina sie auch gedrängt hatte, in Crefeld zu bleiben – Anna wollte partout nicht auf ihr ungewisses Vagabundendasein verzichten.
    Während Paulina ihren Kindern zuschaute, stellte sie sich ihren Gatten vor, wie die Senatoren ihm eine die Fabrikation betreffende Frage stellten. Sie stöhnte auf bei dem Gedanken, dass Pierre ausgerechnet ihren größten Trumpf, die weithin anerkannte Fertigkeit des Färbermeisters Cornelius, nicht in wirkungsvoller Weise ausspielen würde.
    Langsam drehte Paulina sich um und ging zur Tür. Als sie das Zimmer verließ, zögerte sie noch, doch dann beschleunigte sie ihre Schritte und lief eilig die Treppe hinunter.
    «Lassen Sie meinen Wagen anspannen!», rief sie ihrem Diener zu.
    Beim Palais du Luxembourg angekommen, kostete es Paulina einige Zeit, in den mächtigen Gemäuern

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