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Die Seidenbaronin (German Edition)

Die Seidenbaronin (German Edition)

Titel: Die Seidenbaronin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Rauen
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ihr Auftrag ihm nicht wie ein Geschenk des Himmels erscheinen?
    «Wann kann ich mit Ihrer Antwort rechnen?», fragte Paulina kühl. Als würde er ständig die höhere Gesellschaft von Paris beliefern, antwortete Terbrüggen gelassen: «Ich möchte mich noch mit meinem Buchhalter beraten. Sie werden Bescheid von mir erhalten.»

Kapitel 41
    Crefeld, September 1804
    «Unser Kaiser ist da!»
    Von der Altstadt kommend, durchquerte der farbenprächtige Zug die festlich geschmückte Stadt. Aufgeregt drängten die Crefelder sich in den Straßen, um wenigstens einen flüchtigen Blick auf Napoleon zu erhaschen. Hufeklappern und Pferdewiehern mischten sich mit dem Geräusch der Kutschenräder und dem Jubel der Zuschauer.
    Paulina stand mit ihrer Familie an den Fenstern des Palais Ostry.
    «Oh, ich würde ihn zu gerne einmal kennenlernen», seufzte Catherine. «Er ist ein wahrer Held!»
    «Es wird sich erst noch zeigen, ob er als Staatsmann ebensolche Erfolge erringen kann wie als Kriegsherr», meinte ihr Gatte Thomas Cornelius skeptisch.
    «Wenigstens hat er uns eine gewisse Ordnung gebracht», sagte Frau von Ostry und reckte ihren Kopf aus dem Fenster. Sie stand neben zwei ihrer besten Freundinnen, die wie ein paar andere Gäste vom Vorteil des Palais Ostry profitierten, am Weg des glanzvollen Festzuges zu liegen.
    «Napoleon mag zwar die Ordnung wiederhergestellt haben», entgegnete Thomas, «aber für meine Begriffe führt er zu viele Kriege. Auch wenn er sich zum Kaiser krönen lässt, ist und bleibt er ein Soldat. Er wird den Rauch der Kanonenfeuer nie verlieren.»
    «Gegen wen sollte er denn jetzt noch Krieg führen?», fragte Frau von Ostry und erntete lebhafte Zustimmung ihrer beiden Gefährtinnen.
    Paulina, die neben Thomas stand, sah, wie die Miene des Färbermeisters düster wurde. «Die Franzosen haben hier nicht umsonst schon vor mehr als einem Jahr mit den Aushebungen zum Militär begonnen», sagte er. «Ich erlebe ständig in meinen Weberfamilien, dass die Söhne für die Armee rekrutiert werden – und das meist nicht freiwillig.»
    «Nun verderben Sie uns nicht den schönen Tag mit Ihrem Kriegsgerede, mein Liebster!», rief Catherine schmollend. Im nächsten Moment weiteten sich ihre Augen vor Aufregung. «Schaut nur!»
    Eine Schwadron Gardejäger führte den sich nähernden Festzug an. Majestätisch tänzelten ihre Pferde über das Pflaster. Die stolzen Reiter ließen erhobenen Hauptes ihre Blicke über die Menge schweifen.
    Und dann rollte unter dem Applaus der Crefelder Bürger die achtspännige Kutsche des Kaisers heran. Mit ernster Miene saß Napoleon breitbeinig darin, die Mundwinkel grimmig nach unten verzogen. Er grüßte winkend nach rechts und links, fast ein wenig gleichmütig, die Hand nur leicht erhoben. Der Wagen des Kaisers rollte vorbei. Es folgten die Grenadiere mit ihren hohen schwarzen Bärenmützen sowie eine Kompanie von Husaren.
    Endlich kam die Kutsche der Kaiserin. Joséphine war so schön, wie man es erwartet hatte. Ihr haftete die Aura des Exotischen an. Allerorten sorgten ihre schillernde Person und ihre abenteuerliche Lebensgeschichte für wilde Spekulationen. Ihre Ehe mit Napoleon Bonaparte war nicht ganz unproblematisch. Nach der Einführung des erblichen Kaisertums hatte die Kinderlosigkeit des Paars große Diskussionen entfacht. Da Joséphine schon zwei Kinder aus erster Ehe hatte, warf sie ihrem Gatten Zeugungsunfähigkeit vor. Er hingegen versuchte, durch Affären das Gegenteil zu beweisen. So mancher war der Meinung, dass Joséphines Stern bereits im Sinken war.
    Den Abschluss des Zuges bildeten die Kutschen der Offiziere, Beamten und Gefolgsleute sowie eine Reihe von Küchen- und Gepäckwagen. Auch die Abordnung der Stadt Crefeld, unter ihnen Pierre und Kronwyler, befand sich in diesem Tross. Es ging zum Stadthaus des Bürgermeisters von der Leyen, bei dem der Kaiser absteigen würde.
    «Da ist Vater!», rief Anna von Ostry und winkte Pierre zu. Er war am Morgen ein bisschen verstimmt gewesen, denn niemand hatte mehr etwas davon verlauten lassen, dass der Kaiser dem Palais Ostry einen Besuch abstatten würde.
    Der Festzug entfernte sich langsam, und die Bürger drängten hinter den letzten Wagen her, um den Kaiser vielleicht noch einmal vor dem Haus der von der Leyens zu Gesicht zu bekommen.
    «Ich werde mich zur Färberei begeben, falls der Kaiser dort vorbeikommt», teilte Thomas mit und wandte sich an Paulina. «Glauben Sie nicht, Madame, dass man unserem Unternehmen

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