Die Seidenbaronin (German Edition)
begleiten.»
«Wird das Großherzogtum Toskana nicht von Napoleons Schwester regiert?», gab Paulina zu bedenken.
«Frédéric wird nicht so dumm sein, seine Heldentaten in Italien zum Besten zu geben.»
«Nein, das wird er nicht», sagte Paulina voller Überzeugung, während sie lächelnd an die Belehrungen ihres Sohnes dachte. Sie legte ihren Kopf auf Christians Brust. «Und was machen wir mit Anna?»
Christian streichelte ihr übers Haar. «Was halten Sie davon, wenn wir der jungen Dame eine kleine Alternative zum mühseligen Dasein in einer Theatergruppe bieten? Glauben Sie, dass ihr eine Reise in die Toskana behagen könnte?»
Paulina hob ihr Gesicht zu ihm auf. «Nun, wenn wir ihr diesen Vorschlag unterbreiten, werden die großen Bühnen hoffentlich noch ein wenig auf die nächste Anna warten müssen.»
«Dann sollten wir einen Versuch wagen!» Christian umschlang sie und raunte ihr ins Ohr: « Ich möchte aber nicht mehr warten!»
Am nächsten Nachmittag rollten zwei Kutschen in den Schlosshof von Erldyk ein. Nach einer nicht enden wollenden Kinderschar kletterten die Damen von Ostry und Thomas Cornelius aus den Wagen.
«So einfach werden Sie uns nicht los, meine Liebe!», begrüßte Frau von Ostry Paulina mit scherzhaft erhobenem Zeigefinger. «Wenn Sie dachten, dass Sie sang- und klanglos nach Erldyk verschwinden könnten, dann haben Sie sich gründlich getäuscht. Schließlich möchten wir noch etwas von Ihnen haben, solange nicht eine wichtige Nachricht Sie nach Paris zurückruft.»
In einem unbeachteten Moment zog ihr Schwager Paulina beiseite. «Ich konnte die Damen leider nicht davon abhalten, sofort aufzubrechen», sagte er entschuldigend. «Gegen die drei bin ich einfach machtlos.»
Paulina lächelte und unterrichtete ihn über Frédérics Auftauchen, worauf Thomas Cornelius erleichtert aufatmete. «Dann ist ja jetzt alles geklärt. Apropos – ich habe ein Schreiben Ihres Gatten im Gepäck. Es kam heute mit der Post.»
Christian, Frédéric und Anna waren am Morgen nach Italien aufgebrochen – keine Minute zu früh, wie Paulina nach dem Eintreffen der Crefelder aufatmend feststellte. Anna hatte nicht gezögert, ihren Bruder und den preußischen Hauptmann zu begleiten. Zum tränenreichen Abschied hatte sie zwischen Tür und Angel noch etwas von einer unglücklichen Liebe in Paris gestammelt. Jetzt waren sie fort, und die zurückgebliebene Paulina war heilfroh, dass ihre Familie aus Crefeld gekommen war und mit ihrer lärmenden Anwesenheit dafür sorgte, dass sie mit ihrem Abschiedsschmerz nicht alleine blieb.
Erst am Abend fand Paulina Muße, Pierres Brief zur Hand zu nehmen. Da sie ihrem Gatten weder von ihrer Begegnung mit Longeaux noch von Frédérics toten Kameraden erzählt hatte, war sie einigermaßen erstaunt über das, was sie zu lesen bekam. Er habe eine Audienz beim Kaiser gehabt, schrieb Pierre, um für das unmögliche Benehmen des Jungen um Vergebung und Nachsicht zu bitten.
«Ich versicherte Napoleon, dass ich unseren Sohn der Verantwortung eines strengen Erziehers übergeben hätte. Der Kaiser zeigte sich entgegenkommend, gab mir jedoch zu verstehen, dass er den gleichen Bittgang noch einmal von Ihnen, Madame, erwarte.»
Paulina schnaubte vor Wut.
Dann gingen ihr die Einsichten durch den Kopf, die sie in den letzten Tagen gewonnen hatte. Wenn sie es recht überlegte – wäre es nicht vielleicht doch am besten, Napoleon bezüglich der Absichten der Familie von Ostry in Sicherheit zu wiegen? Dann würde auch Frédéric in der Toskana unbehelligt bleiben.
Pierre hatte noch ein Postskriptum angefügt, das Frau von Ostrys Befürchtung, Paulina könnte schon bald nach Paris zurückberufen werden, wahr machte.
«Raten Sie mal, wer in der Stadt ist, meine Liebe?», schrieb Pierre. «Es handelt sich um die Dame, deretwegen ich fast um den Genuss gekommen wäre, Sie zu heiraten. Erinnern Sie sich? Die Fürstin von Thurn und Taxis war untröstlich, dass Sie nicht hier sind. Man erwartet Sie in Paris, Madame!»
Kapitel 52
Paris, Februar 1810
«Wenn Ihr Gatte noch einmal diese alberne Geschichte von der beinahe geplatzten Hochzeit erzählt, dann drehe ich ihm den Hals um.» Therese von Thurn und Taxis ging, lächelnd nach rechts und links grüßend, neben Paulina durch den Salon ihres Pariser Hauses. «Stört es Sie nicht, dass er Sie vor aller Welt der Lächerlichkeit preisgibt?»
«Mein Gatte schafft es nur noch selten, mich aus der Fassung zu bringen», antwortete
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