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Die Seidenbaronin (German Edition)

Die Seidenbaronin (German Edition)

Titel: Die Seidenbaronin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Rauen
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Paulina. «Er ist so schrecklich durchschaubar. Was kümmert es mich, wenn er sich zum Narren macht!»
    «Haben Sie ihn eigentlich jemals geliebt?»
    «Ich bitte Sie! Glauben Sie ernsthaft, dass ich einen Mann wie Pierre lieben könnte?»
    Therese musterte Paulina prüfend von der Seite. «Wer ist es dann, der Ihre Augen so glänzen lässt, meine Liebe?»
    «Ich verstehe nicht ganz …»
    Die Fürstin lächelte ein wenig frivol. «Sie haben bisweilen so einen Blick … Man kann dann in Ihren Augen lesen, dass Sie eine große Liebe erleben. Wer ist er? Lebt er hier in Paris? … Nein, dann hätte ich schon von ihm erfahren. In einer Stadt wie Paris kann man so etwas nicht geheim halten. Ist er verheiratet? … Ich wüsste zu gerne, wer es geschafft hat, Ihre harte Schale zu knacken, um Ihr Herz zu erobern. Sagen Sie es mir, meine Freundin, ich bin so schrecklich neugierig.»
    Paulina wich ihr aus. «Ich bin die Gattin eines Pariser Senators, da kann ich mir keine Liebhaber leisten.»
    «Ich glaube Ihnen kein Wort!» Therese knuffte sie freundschaftlich in die Seite. «Wer ist es? Mir als Ihrer alten Vertrauten können Sie es doch erzählen …»
    Vom anderen Ende des Saales kam ihnen Pierre entgegen.
    «Mein teurer Herr Graf!», rief Therese und breitete einladend ihre Arme aus. «Amüsieren Sie sich gut?»
    «Bestens wie immer, Madame!», antwortete Pierre mit gewohntem Charme. «Es gibt keinen Salon in Paris, in dem ich mich so gut unterhalte wie in Ihrem. Machen Sie in Ihrer Angelegenheit Fortschritte, Durchlaucht?»
    Therese schwenkte ihre Hand hin und her. «Die Verhandlungen gestalten sich schwierig. Ich baue nun voll und ganz auf die Audienz beim Kaiser. Von der Wiedererlangung der Postrechte hängt gewissermaßen die Existenz des Hauses Thurn und Taxis ab.»
    «Die Zeit dürfte günstig sein, um Zugeständnisse von Napoleon zu erwirken», meinte Pierre. «Sie sollten nicht aufgeben!»
    «Das habe ich beileibe nicht vor, Monsieur», versicherte Therese gelassen. «Auch wenn ich es selten mit einem zäheren Verhandlungspartner zu tun hatte.»
    «Graf Bertrand hat soeben den Saal betreten», zischte Pierre. «Sie sollten schleunigst ein weniger verfängliches Thema anschlagen, denn der Gute steuert geradewegs auf uns zu.»
    Therese, die mit dem Rücken zum Eingang stand, rollte die Augen. «Dieser Mann ist so furchtbar humorlos», wisperte sie.
    «Kein Wunder», sagte Paulina laut, «in Napoleons Umkreis hat man eben nichts zu lachen.»
    Ein junger Mann gesellte sich zu ihnen, an dem alles aalglatt wirkte: sein Haar, sein Gesicht, seine Kleidung.
    «Wer lacht über Napoleon?», fragte er mit unechtem Grinsen.
    «Da fällt mir ein, Durchlaucht, wollten Sie mir nicht längst Ihr Rokokozimmer zeigen?», fragte Pierre theatralisch und machte eine Verbeugung vor Therese. Und zu Paulina sagte er: «Sie kümmern sich doch sicher gerne um den Grafen, nicht wahr?»
    Es nutzte nichts, dass Paulina ihm einen bitterbösen Blick hinterherwarf, als er mit Therese davonrauschte. Im nächsten Moment stand sie mit dem Grafen Bertrand allein da.
    «Ein interessantes Publikum, das die Fürstin von Thurn und Taxis in ihrem Salon versammelt, finden Sie nicht auch, Frau Gräfin?», fragte Bertrand, während er seinen Blick durch den Raum schweifen ließ. «Diese Abende haben so eine konspirative Note.»
    «An diesen Abenden wird gegessen, getrunken und geplaudert», erwiderte Paulina. «Sie wissen doch, wie die Hofgesellschaft ist – sie hat nur ihr Vergnügen im Sinn.»
    «Dann unterscheiden sich unsere Eindrücke ganz erheblich. Warum habe ich nur das Gefühl, dass in diesen Räumen heimliche Komplotte geschmiedet werden?» Bertrand beendete seinen Rundblick und wandte sich ihr zu. «Apropos – ich kann mich nicht erinnern, dass Sie seit Ihrer Rückkehr nach Paris bei Seiner Majestät vorstellig geworden wären.»
    «Sollte ich das?», fragte Paulina leicht beunruhigt.
    «Ich meinte, dass ich Ihrem Gatten dies unverkennbar zu verstehen gegeben hätte. Die Geduld des Kaisers ist nicht unbegrenzt. Andernfalls müssen wir annehmen, dass Sie ganz bestimmte Gründe haben, warum Sie dem Wunsch Seiner Majestät nicht nachkommen.»
    Paulina schwieg. An manchen Tagen war sie schon kurz davor gewesen, in den Tuilerien um eine Audienz beim Kaiser zu bitten. Napoleon war angesichts seiner bevorstehenden Hochzeit mit der Tochter des österreichischen Kaisers bester Laune, und der Zeitpunkt für ein Gespräch schien geeigneter denn je.

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