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Die Seidenbaronin (German Edition)

Die Seidenbaronin (German Edition)

Titel: Die Seidenbaronin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Rauen
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Schweigen einen anderen Grund gehabt hatte. Graf Bahro hatte seine Zustimmung zu der Heirat verweigert.
    «Entschuldigen Sie mich einen Augenblick!», stieß sie hervor und sprang so stürmisch von ihrem Stuhl auf, dass er umkippte. Maximilian beeilte sich, ihn wieder aufzuheben, und sah verblüfft Paulina nach, die hastig den Garten verließ und zum Fluss hinunterlief.
    Die sonntäglichen Spaziergänger staunten nicht schlecht, als sich das junge Edelfräulein in seinem prächtigen Kleid ins Gras fallen ließ und die Hände vors Gesicht schlug.

    «Sie müssen lernen, Ihre Haltung zu wahren, Mademoiselle!», ertönte eine tadelnde Stimme neben Paulina. «Ein derartiges Verhalten gehört sich nicht für eine Edeldame, die bei Hof verkehrt.»
    Sie öffnete die Augen und erkannte gegen das Sonnenlicht die Umrisse des Grafen Bahro.
    Er kam ein Stück näher und reichte ihr seine Hand. «Würden Sie mir den Gefallen tun, sich zu erheben?»
    Paulina spürte, dass sie errötete. Selten in ihrem Leben hatte sie sich so geschämt wie in diesem Moment, als ihr bewusst wurde, wie wenig damenhaft sie vor dem Vater ihres Liebsten im Gras hockte. Sie ergriff die Hand des Grafen – er hatte die gleichen schmalen, wohlgeformten Hände wie sein Sohn – und ließ sich hochziehen.
    «Sie sind also die junge Dame, mit der Christian seit geraumer Zeit einen regen Briefwechsel pflegt.» Ulrich von Bahro musterte Paulina von oben bis unten. «Wenn ich Sie so anschaue, kann ich meinen Sohn verstehen, dass er in Ihnen gewisse Vorzüge entdeckt. Das heißt aber noch lange nicht, dass diese Vorzüge, die rein äußerlicher Natur sind, als Voraussetzung für eine Heirat ausreichen. Mademoiselle, Sie kommen für eine Verbindung mit meinem Sohn Christian nicht in Frage.»
    Die Worte des Grafen trafen Paulina wie ein Peitschenhieb.
    «Ich bin die Hofdame der zukünftigen Fürstin von Thurn und Taxis!», protestierte sie. «Außerdem stammt die Familie meines Vaters von einem Reichsritter ab.»
    «Es hat nichts mit Ihrer Abstammung zu tun, Mademoiselle. Ich spreche vielmehr von gewissen Charaktereigenschaften in Ihrer Familie, die Sie bedauerlicherweise geerbt zu haben scheinen. Man beschreibt Sie als eigensinnig, vorlaut und unberechenbar, und das sind Wesenszüge, die ich an der Frau meines Sohnes nicht dulden werde.»
    «Falls Sie bezüglich der Charaktereigenschaften auf meinen Vater anspielen, Monsieur – ich kenne ihn nicht einmal.»
    Der Graf runzelte die Augenbrauen. «Ich spreche nicht von Ihrem Vater, meine Liebe. Er war auch nur ein Opfer der Familie Dornfeld. Ich spreche von Ihrem Großvater – und von Ihrer Mutter!»
    Paulina riss die Augen auf. «Von meiner Mutter? Was hat Ihnen diese arme Frau getan, dass man sie selbst über ihren Tod hinaus mit übler Nachrede verfolgt?»
    «Diese Frau war durch und durch schlecht! Sie hat das Leben meines Cousins zerstört. Erst heiratete sie den Baron von Gralitz, und dann kam sie nach Mecklenburg und machte meinem Cousin so lange schöne Augen, bis er unsterblich in sie verliebt war. Er hätte alles für sie getan! Und dann, als sie seiner überdrüssig wurde, ging sie zurück zu ihrem Ehemann an den Niederrhein. Sie erwartete ein Kind, hieß es, und mein Cousin glaubte immer, dass er der Vater dieses Kindes sei. Ihre Mutter hat ihm das Herz gebrochen, Mademoiselle. Er nahm sich später das Leben.»
    «Wie schrecklich!», entfuhr es Paulina unwillkürlich.
    «Wissen Sie, was es für einen Minister am kurfürstlichen Hof bedeutet, wenn ein Verwandter durch Freitod aus dem Leben scheidet? Man hätte allen Grund gehabt, meinen Vater, der aufgrund seines glanzvollen Aufstiegs viele Neider hatte, endlich aus seinem Amt zu drängen.»
    «Hat man denn am Hof von Hannover von dem Unglück erfahren?»
    «Glücklicherweise nicht. Mein Vater hat das Nötige veranlasst und gehofft, dass Stillschweigen gewahrt wird. Zeit seines Lebens hat ihn das tragische Geheimnis belastet. Er hatte die Vormundschaft für den einzigen Sohn seines früh verstorbenen Bruders übernommen, und dann beendete der junge Mann sein Leben, kaum dass er den Kindesbeinen entwachsen war … Mir selbst hat mein Vater es erst auf seinem Sterbebett erzählt.»
    «Dann wusste also auch die Gräfin Bahro nichts davon?»
    «Nein. Meine Mutter hat nie von dem Verhältnis zwischen Sophie und meinem Cousin erfahren. Wir lebten in Hannover weit genug weg, da war es möglich, die Geschichte vor ihr geheim zu halten. Wir wollten meiner

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