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Die Seidenbaronin (German Edition)

Die Seidenbaronin (German Edition)

Titel: Die Seidenbaronin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Rauen
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Mutter die schreckliche Tatsache ersparen, dass ihre angeblich so sanfte Nichte in Wahrheit durchtrieben und selbstsüchtig war. Aber was hätte man auch von der Tochter eines Mannes erwarten können, der in Ungnade gefallen war, weil er nicht nur seine eigene Gattin ins Grab getrieben hatte, sondern darüber hinaus seine wollüstigen Finger nicht einmal von der Gemahlin seines Landgrafen lassen konnte!»
    «Was sagen Sie da?», rief Paulina ungläubig.
    «Sie haben richtig gehört, Mademoiselle! Der Baron Dornfeld war der Liebhaber der Landgräfin Karoline. Es ist mir bis heute nicht verständlich, was diese außergewöhnliche, hochgebildete Dame in Ihrem Großvater sah. Als die Liaison entdeckt wurde, gab es einen riesigen Skandal, der den Baron sein Amt als Oberhofjägermeister kostete und ihn und seine Familie in Ungnade stürzte. Der Name Dornfeld durfte fortan in der Darmstädter Gesellschaft nicht mehr genannt werden.»
    Paulina war fassungslos. Ihr Großvater hatte tatsächlich die Unverfrorenheit besessen, eine Liebschaft mit der Gattin des Landgrafen einzugehen? Kein Wunder, dass der Ruf der unglückseligen Familie Dornfeld sie überallhin verfolgte. Nahmen all diese schrecklichen Offenbarungen denn niemals ein Ende?
    «Können Sie sich vorstellen, was in mir vorging, als ich erfuhr, dass mein Sohn sich ausgerechnet in Sie verliebt hatte?», sagte Ulrich von Bahro mit steinerner Miene. «Ich war bereits zutiefst beunruhigt darüber gewesen, dass meine Mutter es sich plötzlich zur Aufgabe gemacht hatte, Sie zu protegieren. Schließlich bestand die Möglichkeit, dass Sie die Tochter meines verstorbenen Cousins wären. Bei Prinzessin Thereses Hochzeit wurde ich wenigstens von dieser Sorge befreit, denn Ihre Ähnlichkeit mit der Großmutter des Herrn von Gralitz war tagelang in aller Munde. Sie reisten nach Bayern ab, und ich hoffte, nie wieder etwas von Ihnen zu hören. Wer konnte denn ahnen, dass Sie nur kurze Zeit später in Trugenhofen meinem Sohn begegnen würden …»
    «Ist … ist Ihr Sohn auch in Frankfurt?», wagte Paulina zu fragen.
    «Nein. Ich habe Christian wohlweislich nicht mit nach Frankfurt genommen. Er ist in Hannover geblieben, genauso wie meine Mutter, die sich seit einiger Zeit nicht wohl fühlt. Die Kaiserkrönung kam Ihnen gerade recht für Ihre ehrgeizigen Pläne, nicht wahr, Mademoiselle? Sie werden jedoch vergeblich darauf warten, dass Christian um Ihre Hand anhält! Mein Sohn liebt Sie nicht, auch wenn Sie dies seinen albernen romantischen Zeilen zu entnehmen glaubten. Doch es gibt noch einen weiteren Grund, warum eine Hochzeit nicht stattfinden wird.» Er machte eine kurze, unheilvolle Pause und sah sie mit kaltem, unnachgiebigem Blick an. «Niemals, hören Sie, niemals, solange ich lebe, werde ich zulassen, dass Sie die Frau meines Sohnes werden!»

Kapitel 13
    Frankfurt, September 1790
    «Sie wollen verreisen?», rief Prinzessin Therese aufgebracht. «Jetzt? Aber das ist unmöglich! Wir sind doch gerade erst in Frankfurt angekommen! Der zukünftige Kaiser wird in unserem Palais wohnen, wir werden zahlreiche gesellschaftliche Verpflichtungen haben. Sie gehören zu meinem Hofstaat!»
    Paulina saß mit Therese in den Gemächern, die das Prinzenpaar in einem Haus unweit des Palais Thurn und Taxis bezogen hatte. Sie senkte beschämt den Kopf. «Ich weiß, dass der Zeitpunkt ungünstig ist, aber …»
    «Ungünstig ist gar kein Ausdruck dafür!», unterbrach Therese sie unwirsch. «Der Kaiser wird gekrönt. Die Kurfürsten werden in Frankfurt einziehen. Sie sind meine erste Hofdame, Mademoiselle, Sie können jetzt nicht verreisen!»
    «Es gibt genügend Damen, die nur darauf warten, mich zu ersetzen, Hoheit», erwiderte Paulina.
    «Was reden Sie da? Ich möchte nicht, dass irgendeine andere Dame Sie ersetzt. So vertraut wie Sie ist mir niemand, und ich wünsche, Sie bei einem so bedeutenden Ereignis wie der Kaiserkrönung an meiner Seite zu haben.»
    Paulinas Gefühle schwankten zwischen ihrem schlechten Gewissen und einer unbändigen Wut über die Unerbittlichkeit der Prinzessin. Therese schien den Unmut der Freundin zu bemerken, denn ihr zorniges Gesicht glättete sich ein wenig.
    «Vielleicht könnte ich ja mehr Verständnis für Sie aufbringen, wenn ich den Anlass für Ihre überstürzten Pläne erfahren würde», sagte sie etwas milder gestimmt.
    «Die Gräfin Bahro ist erkrankt», antwortete Paulina. «Wie Sie wissen, hat meine Großtante viel für mich getan, und ich möchte

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