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Die Seidenbaronin (German Edition)

Die Seidenbaronin (German Edition)

Titel: Die Seidenbaronin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Rauen
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Schade – es war ein kluger Einfall unseres Königs, sich von der Einfuhr von Rohseide unabhängig zu machen. Und wenn es funktioniert hätte, wäre ich dadurch wettbewerbsfähiger geworden.»
    Althoff betrachtete den Fabrikanten prüfend. «Ihnen ist das Monopol der von der Leyens ein Dorn im Auge, nicht wahr, von Ostry?»
    «Wem ist es das nicht? Ich habe im Pfälzischen alle Arten von Seidenerzeugnissen hergestellt und muss mich nun seit Jahren auf Strümpfe und Samtband beschränken. Die Anzahl unserer Webstühle beläuft sich auf ganze achtzehn Stück, während die von der Leyens an die fünfhundert unterhalten. Ich wäre bereit zu investieren, aber mir sind durch die Verordnung des Königs die Hände gebunden.»
    «Uns doch auch», stimmte Althoff leidenschaftlich ein, «uns doch auch! Schlimmer noch als das! Wir sind die höchsten Beamten der Stadt und müssen tatenlos zusehen, wie die von der Leyens ihre Forderungen direkt mit dem König verhandeln anstatt mit uns! Und als ob das nicht schon genug wäre, müssen wir auch noch in allen Fragen der Seidenproduktion die Meinung der von der Leyens einholen.»
    «Ich erhalte unzählige Anfragen auf der Frankfurter Messe und kann sie nicht bedienen», sagte von Ostry. «Meine Verbindungen für Beschaffung und Absatz sind exzellent, ich hätte genug Aufträge für die Herstellung von Seidenstoffen – nur annehmen kann ich sie nicht! Und das nur deshalb, weil die von der Leyens seit über zwanzig Jahren das alleinige Recht darauf halten.»
    «Sich dagegen aufzulehnen, hat schon so manches Unternehmen die Existenz gekostet», warf der Richter mahnend ein. «Denken Sie an die Firma Lingen!»
    «Es ist allgemein bekannt, dass ich ein Verfechter des freien Handels bin», meinte von Ostry unbeirrt. «Das werde ich mir nicht verbieten lassen.»
    Der Richter hob abwehrend die Hände. «Ich wollte damit auch nur zum Ausdruck bringen, dass man in dieser Stadt an den von der Leyens nicht vorbeikommt. Vielleicht sind Sie noch nicht lange genug hier, um dies in all seiner Tragweite begriffen zu haben, von Ostry. Ihr werter Teilhaber hält es da ganz anders. Kronwyler hat sein Stück vom Kuchen von den von der Leyens abbekommen und beschränkt sich tunlichst darauf.»
    «Sind Sie nicht auch unter diesen Bedingungen bei Kronwyler eingestiegen?», fragte der Zweite Bürgermeister.
    «Natürlich», antwortete von Ostry missmutig. «Aber ich wäre doch dumm, wenn ich nicht alles versuchen würde, um eine sich bietende Möglichkeit zur Steigerung des Gewinns zu nutzen!»
    Althoff zog die Augenbrauen hoch. «Wie unser werter Herr Richter bereits sagte: Daran sind schon ganz andere gescheitert. Sie müssten mit dem König selbst verhandeln, um die freie Ausübung der Seidenherstellung in Crefeld zu erwirken.»
    Ein Diener näherte sich dem Tisch und beugte sich zu von Ostry hinunter. Der Kaufmann lauschte seinen Worten mit regungslosem Gesicht. Dann blickte er kurz zu Paulina, sagte ein paar entschuldigende Worte zu den Herren des Magistrats und folgte dem Diener ins Haus.
    Paulina stand gerade mit Pierre in der Laube, als ihr Schwiegervater zurückkehrte. Er kam auf das Paar zu und bat Paulina, sie kurz sprechen zu dürfen. Die junge Frau folgte dem Kaufmann in eine stille Ecke des Gartens.
    «Madame», sagte von Ostry, und zum ersten Mal nahm Paulina bewusst wahr, dass man sie nun als verheiratete Frau ansprach, «Madame, ich störe Sie nur ungern an diesem schönen Abend, aber ich denke, Sie sollten die Neuigkeit unverzüglich erfahren.»
    «Worum handelt es sich?» Paulina blickte ihren Schwiegervater misstrauisch an.
    «Soeben traf ein Bote aus Mecklenburg ein. Ihr Urgroßvater, der Reichsbaron von Gralitz-Boltenhusen, ist vor etwa drei Wochen verstorben.»
    Paulina erstarrte. «Hat die Baronin Herrenheim, seine Schwester, Ihnen diese Nachricht übermittelt?»
    «Nein, es war der Verwalter von Boltenhusen. Die Baronin ist bereits im vergangenen Winter verschieden.»
    Paulina dämmerte es plötzlich. «Sie war die letzte Besitzerin jener Herrschaft in Westfalen, von der Sie sprachen, nicht wahr? Gehe ich recht in der Annahme, dass Sie nicht erst heute vom Ableben der Baronin erfahren haben?»
    Statt einer Antwort zog ihr Schwiegervater die Augenbrauen hoch.
    Paulina blickte den Kaufmann fest an. «Wie kommt es eigentlich, dass Sie so gut informierte Quellen in Mecklenburg haben? Man sollte meinen, dass sie geradezu auf den Tod des alten Herrn gewartet haben.»
    «Es ist

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