Die Seidenbaronin (German Edition)
unerlässlich, dass ich über den Stand der Grundbesitzsache Bescheid weiß», sagte von Ostry trocken. «Nur so kann ich auf die kommenden Ereignisse vorbereitet sein.»
«Diesem Ziel sind Sie hiermit ein gutes Stück näher gekommen, Monsieur. Mir scheint, es wurde höchste Zeit, dass Ihr Sohn mich zum Traualtar geführt hat.»
«Nun, meine Hübsche, wie halten wir es mit der Erfüllung der ehelichen Pflichten?»
Pierre stand mit verschränkten Armen hinter Paulina und betrachtete sie. Die junge Frau saß in einem weißen Nachtgewand vor ihrem Frisiertisch und bürstete ihr Haar. Im Spiegel beobachtete sie den Mann, der nun ihr Gatte war. Er hatte sein Wams ausgezogen und trug nur noch ein spitzenbesetztes Seidenhemd. Das Licht einer Kerze warf flackernde Schatten auf sein Gesicht und ließ es unnatürlich schön erscheinen.
Sie hatte ihn erwartet, aber als er wenige Minuten zuvor an die Tür ihres Zimmers geklopft hatte und eingetreten war, hatte sein Erscheinen sie plötzlich in wilde Panik versetzt.
«Ich weiß nicht, was Sie meinen», sagte sie und hoffte, dass ihre Stimme nicht allzu sehr zitterte.
Er lächelte, nahm die Arme von der Brust und trat einen Schritt näher. Dann beugte er sich zu ihr hinunter. Sein Gesicht tauchte aus dem Schatten auf und erschien im hellen Schein der Flamme, dicht neben ihrem Kopf. Seine eisblauen Augen waren auf ihr Spiegelbild geheftet.
Wir sind wirklich ein schönes Paar, dachte sie unwillkürlich.
«Was haben dir die bigotten Weiber eingeredet?», fragte er mit leiser, zärtlicher Stimme. «Dass du deinem Gatten gegenüber schön brav und fügsam sein sollst? Nun, das will ich hoffen, meine Liebste. Seit Tagen träume ich von dem Augenblick, in dem ich endlich mit dir alleine bin. Du hast mich leiden lassen! Ich habe schreckliche Ängste ausgestanden, weil ich fürchtete, du könntest in letzter Minute doch noch jemanden auftreiben, der dir die Fahrt nach Frankfurt ermöglicht. Aber jetzt ist es beschlossen und besiegelt. Du bist mein Weib, und ich kann mit dir machen, wonach es mir gelüstet.»
«Sie reden wirres Zeug», sagte Paulina, wandte sich brüsk ab und sprang auf. Sie lief zu einem der Fenster und atmete die kühle Nachtluft ein.
Er war mit einem Satz bei ihr und umschlang sie von hinten.
«Du bist es, die mich wirres Zeug reden lässt», hauchte er ihr ins Ohr.
Paulina erschauderte.
«Lassen Sie mich – ich liebe Sie nicht!», begehrte sie auf, doch sie merkte selbst, wie schwach ihr Widerstand war.
«Das macht mir gar nichts», sagte Pierre lachend und begann, ihren Hals zu küssen. «Romantisches Getue interessiert mich nicht – es reicht mir völlig, wenn ich deinen Körper bekomme.»
Und dann spürte Paulina nur noch seine Hände und seine Lippen. Sie vergaß alles um sich herum und ließ sich willenlos von Pierre zu dem großen Bett führen, das inmitten ihres Zimmers stand. Nach jenem ersten Kuss hatte sie geahnt, dass seine Berührungen ihr gefallen würden, aber dass sie einen solch unbeschreiblichen Genuss in seinen Armen empfinden würde, erfüllte sie mit Befremden. Nur einmal fragte sie sich kurz, wie es möglich war, dass dieser junge Mann sich so kunstvoll auf die Liebe verstand. Dann gehörte sie nicht mehr sich selbst.
Als sie später mit einem angenehmen Gefühl der Mattigkeit neben ihm lag, spürte sie, wie sie beim Gedanken an die Leidenschaft, mit der sie sich ihm hingegeben hatte, errötete. Schamhaft bedeckte sie ihren Körper mit dem kühlen Laken.
«Das nutzt jetzt auch nichts mehr», sagte Pierre träge und streichelte über die weiche Rundung ihrer Schulter. «Mir kannst du nichts vormachen, meine Schöne. Es hat dir mehr Spaß gemacht, als du jemals zugeben würdest. Aber sei unbesorgt: Das Vergnügen war ganz auf meiner Seite. Ich wusste es von Anfang an, dass unter deiner rauen Schale ein Feuer lodert. Umso mehr erstaunt es mich, dass du noch nie vorher …»
Paulina richtete sich entsetzt auf. «Was soll das heißen? Haben Sie etwa daran gezweifelt, dass ich unberührt den Bund der Ehe schließe?»
Er schmunzelte süffisant. «Immerhin hast du bei Hof gelebt. Man hört so manches über die verdorbene Moral der Höflinge. Außerdem trägt der Ruf deiner Familie nicht gerade dazu bei, die keusche Jungfrau in dir zu vermuten.»
«Wenn der Ruf meiner Familie wirklich so schlimm wäre, hätte Ihr Vater mich niemals als Gattin für Sie gewählt», erwiderte Paulina und ließ sich wieder fallen.
Pierre stützte
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