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Die seidene Madonna - Roman

Die seidene Madonna - Roman

Titel: Die seidene Madonna - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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war.

    Aber der Zustand von Alix besserte sich nicht, ganz im Gegenteil. Sie bäumte sich immer wieder auf und schrie Jacquous Namen. Dann starrte sie mit leerem Blick die Decke an und sank entkräftet auf ihr Bett zurück.
    Eine halbe Stunde später hatte Bruder André seine stark und geheimnisvoll riechende Medizin fertig und kam mit einer dampfenden Tasse zu Alix. Doch sie wehrte sich und biss die Zähne zusammen, weil sie nichts davon schlucken wollte. Zum Glück war nun auch Arnaude eingetroffen. Zu dritt hielten sie Alix fest und flößten ihr den heilsamen Trank ein. Der arme Pierrot hatte große Angst und war so müde, dass er sich wieder in sein Bett verzogen hatte. Mathias kam herein, die Sorge stand ihm ins Gesicht geschrieben. Was sollte aus seinem Sohn werden, wenn Alix sie alle verlassen würde? Und was wurde aus ihm? Wo sollte er hin? Er hatte Alix geliebt, ehe er sich für Florine entscheiden musste! Und Alix hatte nun nach und nach bei ihm den Platz seiner lieben Frau eingenommen. Worauf konnte er ohne sie noch hoffen?
    »Das Kind kommt!«, rief Arnaude plötzlich.
    Und Alix stieß einen grauenhaften Schrei aus, wie einen Todesschrei, den man nie wieder vergessen würde. Ein Schwall Blut strömte ihre Beine hinunter und färbte die Leintücher dunkelrot.
    »Gütiger Himmel! Wir brauchen eine Hebamme!«, rief die Bertille verzweifelt. »Wer hätte denn gedacht, dass sie gleich sechs Wochen zu früh niederkommt!«
    »Ich geh die Hebamme holen«, sagte Arnaude, aber Bertille hielt sie zurück.
    »Ich fürchte, das ist nicht nötig. Bleibt lieber bei ihr. Euch kann sie besser brauchen als eine Hebamme, wenn das alles erst vorbei ist.«

    Und die Bertille sollte Recht behalten. Alix schrie noch immer, hatte aber kaum noch Fieber - die Arznei des Abbé hatte geholfen. Doch dann kam ein neuer Blutschwall, und diesmal wurde daraus ein zäher bräunlicher See, der sich um sie herum im Bett ausbreitete.
    Mathias war verschwunden, aber Julio, der tief und fest in seinem Zimmer geschlafen hatte, war nun von dem Geschrei aufgewacht und zu ihnen gekommen. Als er die aufgeregten Frauen und das schwarze, schleimige Blut überall auf dem Bett sah, wurde ihm übel und er konnte nicht hinsehen, sondern lehnte sich mit dem Gesicht an die Wand. Bruder André nahm ihn verständnisvoll am Arm und sagte:
    »Ihr müsst nicht hier bleiben, geht lieber zu Mathias und leistet ihm Gesellschaft. Hier könnt Ihr doch nichts tun.«
    Dann trat er wieder an ihr Bett. Ganz unbewusst hatte Alix die Beine auseinandergenommen und sich wieder aufgerichtet und presste jetzt mit einem letzten schrecklichen Schrei ein kleines unförmiges Bündel heraus, das keinen Laut von sich gab. Der Abbé hatte schon einigen Wöchnerinnen beigestanden - immer waren es einsame, verängstigte Frauen aus seiner Pfarrei gewesen, die ihn um Hilfe angefleht hatten.
    Deshalb erkannte er auch sofort, dass dieses kleine Wesen tot zur Welt gekommen war. Aber er ließ Arnaude gewähren, die das Kind genommen hatte und mit dem Kopf nach unten hielt. Doch es half alles nichts, kein Schrei war zu hören.

16
    Und wieder vergingen düstere, traurige Tage. Alix war sehr krank und wollte einfach nicht gesund werden. Weder ihr Körper erholte sich von den vergangenen Strapazen, noch ihre Stimmung, und in den wenigen Stunden, die sie schlief, plagten sie nach wie vor Alpträume.
    Sie war ganz abgemagert, weil sie kaum etwas aß. Während es ihr bisher nie an Kraft gefehlt hatte, war sie nun so schwach, dass sie sich nicht in Arbeit stürzen konnte, um zu vergessen, wie sie es bei Jacquous Tod getan hatte.
    Bertille gab sich die allergrößte Mühe und ließ sich immer neue Gerichte einfallen, von denen sie hoffte, sie würden den Appetit ihrer Patientin anregen. Doch es war vergebliche Liebesmüh, und Alix verfiel immer wieder in düstere Apathie.
    Dabei musste sie unbedingt wieder gesund werden. Bruder André verwickelte sie so oft es ging in Diskussionen, um sie aus ihrer unnatürlichen Trägheit zu locken, hatte aber damit genauso wenig Erfolg wie die Bertille. Alix war einfach nicht mehr die alte, und Mathias seufzte verzweifelt, wenn er sie in diesem traurigen Zustand sah. Er wagte es gar nicht, den kleinen Nicolas zu ihr zu bringen, weil er fürchtete, das würde ihr Gemüt noch mehr bedrücken. Dass sie kein Kind von Jacquou mehr in die Welt setzen konnte, war für sie eine schreckliche Vorstellung. Was hatte sie nur verbrochen, dass der Himmel sie so hart

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