Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die seidene Madonna - Roman

Die seidene Madonna - Roman

Titel: Die seidene Madonna - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
Vom Netzwerk:
bestrafte?
    »Er bestraft Euch nicht, Alix«, versuchte ihr Bruder André zu
erklären. »Er will Euch nur auf die Probe stellen, um herauszufinden, wie viel Kraft Ihr habt.«
    »Aber ich bin doch am Ende, Bruder André. Ich kann nicht mehr. Aller Mut und jegliche Hoffnung sind mir verloren gegangen.«
    »Und genau jetzt, wenn Ihr glaubt, Ihr wärt am Ende Eurer Kräfte, müsst Ihr handeln, damit Ihr nicht noch tiefer fallt.«
    »Ich kann doch gar nicht mehr tiefer fallen, Bruder André«, schluchzte sie. »Es kommt mir so vor, als hätte ich alles verloren, ehe ich auch nur irgendetwas gewinnen konnte.«
    Er nahm ihre Hand und hielt sie fest. Abbé Mirepoix hatte eine kräftige Hand, und seine warmen, geschickten Finger beruhigten sie ein wenig. Er sah sie mit seinen verschmitzten Augen an und führte dann ganz langsam und zärtlich ihre Hand an seine Lippen, und sein Mund liebkoste ihre Finger.
    Sie spürte, dass sie rot wurde, und eine winzigkleine Sekunde lang war sie verlegen und verwirrt. Dann entzog sie ihm ihre Hand und legte sie auf ihr Knie.
    »Habe ich Euch jetzt ein wenig durcheinandergebracht? Genau das wollte ich nämlich, damit Ihr wenigstens einen Augenblick lang nicht an Euer Unglück denkt. Ich freue mich sehr, dass es mir gelungen ist!«
    Er lächelte sie schelmisch an und sagte vergnügt:
    »Schaut doch nicht so streng! Ich will Euch doch nur ein wenig den Hof machen, solange ich keine Kutte habe. Es dauert nicht lang, und ich werde wieder eine tragen. Dann ist alles vorbei, und ich benehme mich wieder genau wie früher.«
    Er beugte sich über sie, bis sich ihre Oberkörper beinahe berührten. Sein Hemd, das er von Mathias geliehen hatte, duftete nach den getrockneten Kräutern, die die Bertille zwischen die saubere Wäsche legte.

    »Lasst es mich ein Weilchen genießen, dass ich kein Mönch mehr bin, sondern einfach ein Mann, der sich in Euch verliebt hat. Seit ich Euch kennengelernt habe, ertappe ich mich immer wieder bei dem Gedanken, ich hätte mich in eine hübsche Frau verlieben und wie so viele andere verliebte Männer auch in diese höllische Falle geraten können.«
    Alix sah ihn mit großen Augen verwundert an.
    »Bitte erlaubt, dass ich noch einmal Eure Hand nehme. Bald darf ich sie nicht mehr an meine Lippen führen. Ich will versuchen, ihren Duft einzufangen, damit ich ihn nie wieder vergesse. Glaubt mir, ich habe das noch nie zuvor getan, Alix. Und ich bin glücklich, dass ich es jetzt mit Euch gewagt habe. Ich hätte es allerdings gern besser gemacht«, gestand er nach einer Pause und nahm wieder ihre Hand.
    Alix wusste nicht, was sie sagen sollte, aber er hatte recht gehabt: Das kleine Intermezzo lenkte sie ab, ohne sie in irgendeiner Weise zu beunruhigen, sie dachte nicht mehr an Jacquou, auch nicht an das Feuer und nicht einmal mehr an ihr totgeborenes Kind.
    »Schon als Ihr damals im Garten hinter der Kathedrale von Reims auf mich zukamt, Alix, fand ich Euch sehr verführerisch.«
    Sie lachte nervös.
    »Bei Eurem misstrauischen und mürrischen Anblick hatte ich aber gar kein gutes Gefühl. Beinahe wäre ich auf der Stelle umgekehrt.«
    »Ihr habt es jedenfalls sehr gut verstanden, mich für Euch einzunehmen, Alix, und das wusstet Ihr auch. Nicht zuletzt mit Euren klugen Antworten. Damals ahnte ich aber natürlich noch nichts von der Freundschaft, die uns eines Tages verbinden würde.«
    Da machte sie plötzliche eine Bewegung, ganz unüberlegt, wie aus einem inneren Zwang heraus musste sie den Akt vollziehen,
dessen Folgen die harmlosen Wünsche des guten Bruder André zerstören konnten. Sie erwiderte seinen zärtlichen Blick, kam ihm immer näher und berührte seinen Mund mit ihren Lippen.
    Einen Augenblick lang liebkosten sie ihn, dann bewegten sich seine Lippen unter ihren ein wenig, er öffnete den Mund, und ihre Zungen berührten sich ganz kurz.
    Da löste sie sich endlich wieder von ihm.
    »Sehr schön«, sagte er leise und ernst. »Jetzt lerne ich also auch Euren Mund kennen.«
    Sein sonst meist lebhaft gerötetes Gesicht war blass, und seine Augen strahlten. Er stand auf und machte ein paar Schritte zum Fenster. Alix spürte seine Erregung, weil er sie nicht ansehen wollte und seltsam still war. Sie musste jetzt etwas sagen, damit das Erlebnis etwas von seiner Unerhörtheit verlor, nicht aber von seiner Vertraulichkeit.
    »Ihr habt mich überzeugt, André. Ich will weiterkämpfen.«
    Langsam drehte er sich zu ihr um und sah wieder aus wie gewohnt.
    »Das ist sehr

Weitere Kostenlose Bücher