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Die seidene Madonna - Roman

Die seidene Madonna - Roman

Titel: Die seidene Madonna - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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verläuft, liebe Louise, ohne bedrückende Sorgen. Die Königin hat zunächst einmal keinen Thronfolger geboren, und es sieht auch nicht so aus, als könnte sie irgendwann einen in die seidene Wiege betten, die sie schon vor so langer Zeit vorbereitet hat. Möge sie sich mit ihrer Tochter trösten. Und Euer Cäsar wird also den Thron besteigen.
    Was nun aber mich betrifft, so bestand mein Leben in letzter Zeit aus einer Reihe von Unglücksfällen. Meine Werkstätten wurden von einem Feuer zerstört, aber die schönen Teppiche für Euch konnten wir glücklicherweise retten - genau wie die für den König. Doch habe ich alle vier Hochwebstühle bei dem Brand verloren und muss neue kaufen. Ihr könnt Euch vorstellen, dass das mit gewaltigen Unkosten verbunden ist.
    Weil ich ohnehin in den Norden reisen muss, um der Gilde mein Meisterstück vorzustellen, möchte ich mich dort an einen der vielen Geldverleiher wenden. Ob in Lille, Arras oder in Brügge, ich muss einen finden, der mich nicht ausnimmt und mir einen anständigen Preis macht. Ich brauche das Geld unbedingt, damit ich meine Werkstätten wieder in Betrieb nehmen kann. Abgesehen von meinen finanziellen Schwierigkeiten suche ich noch einen Paten für mein Meisterstück. Glaubt Ihr, ich dürfte den König bitten, die Patenschaft zu übernehmen, Louise?
    Für mich wäre es besonders wichtig, dass ich der Gilde einen einflussreichen Paten nennen kann, weil ich eine Frau bin.

    Ihr wisst, dass sich die Zunftrichter kaum zu meinen Gunsten entscheiden werden, wenn ich allein und hilflos diesen ganzen Männern ausgeliefert bin, die mich verächtlich und voller Überheblichkeit mustern.
    Solltet Ihr den König dazu überreden können, mir diese große Gunst zu erweisen, würde ich erst nach Amboise kommen, ehe ich in den Norden weiterreise. Natürlich würde ich sowieso sehr gern Euch und Eure Kinder wiedersehen. François muss ja schon ein richtiger junger Mann sein.
    Bei der Gelegenheit wollte ich Euch auch noch fragen, ob ich Juan und Lisette bei Euch lassen dürfte? Lisette kommt bald nieder, und ich möchte sie nicht mittellos in Tours zurücklassen. Auch wenn Euer Hofstaat nicht so groß ist wie der von Königin Anne, weiß ich doch, dass es Lisette bei Euch an nichts fehlen würde und sie ihr Kind unter den bestmöglichen Bedingungen bekommen könnte. Selbstverständlich würde ich Euch den Lohn für sie nach meiner Rückkehr ersetzen.
    Ich darf diesen Brief aber nicht beenden, Louise, ohne Euch auch das zu erzählen, was noch viel trauriger ist als das furchtbare Feuer. In der Nacht nach der Feuersbrunst hatte ich eine zu frühe Geburt, und mein Kind ist tot zur Welt gekommen. Ich muss immer wieder weinen und sträube mich gegen den Gedanken, nun nie mehr ein Kind von Jacquou zu bekommen, dem Mann, den ich so sehr geliebt habe, den ich verehrt und angebetet habe und auf den ich die wenige Zeit, die er hier auf Erden verbringen durfte, gehört habe.
    Bitte antwortet mir bald, liebe Louise. Ich brauche Euren Zuspruch! In inniger Zuneigung
     
    Alix.
    Alix musste sich nur wenige Tage gedulden, bis die Antwort von Louise eintraf. Sie erhielt den Brief kurz bevor Bruder André nach Tours zurückkam.
    Meine liebe Alix,
     
    es hat mich sehr traurig gemacht, dass Euer neugeborenes Kind tot zur Welt gekommen ist. Das ist eine schwere Prüfung, und Euch gehört mein ganzes Mitgefühl. Das Leben kann so grausam sein, dass man vollkommen ratlos zurückbleibt. Aber Ihr wisst doch, nur die gehen unter, die nicht kämpfen.
    Eure zerstörten Werkstätten sind nur ein vorübergehendes Malheur. Bestimmt baut Ihr sie wieder auf und macht Euch von Neuem an die Arbeit. Ich bin überzeugt, Euer Mut lässt Euch nicht im Stich.
    So leid es mir tut, muss ich Euch noch eine schlechte Nachricht mitteilen. Der König hält sich zurzeit in Italien auf, um dort seine Interessen durchzusetzen, und wird vermutlich nicht vor Ende des Sommers von diesem Kriegszug zurückkehren. Wenn Ihr auf seine Rückkehr wartet, könnte das Eure eigene Abreise erheblich verzögern. Habt Ihr denn sonst gar niemanden, der für die Patenschaft geeignet wäre? Ich weiß, dass Eure Erfolgsaussichten ohne eine solche Unterstützung äußerst gering sind, man darf aber auch nicht von vornherein an ein Scheitern glauben. Falls Ihr niemand finden solltet, empfehle ich Euch einen meiner Freunde, den Ihr selbst auch kennt, nämlich Robinet Testard, meinen Illuminierer. Ihr wisst ja, dass er Euch für sehr begabt hält

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