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Die seidene Madonna - Roman

Die seidene Madonna - Roman

Titel: Die seidene Madonna - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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gut, und ich bin der glücklichste Mann der Welt.«
    Als er den winzigen Schimmer von Kampfgeist in ihren Augen wiederentdeckte, den er so gut an ihr kannte, fuhr er fort:
    »Bitte gestattet mir, Euch ein wenig mit Geld auszuhelfen. In ein paar Tagen will ich nach Lyon reisen und meine Familie um eine kleine Barschaft bitten, die mir gehört, die ich aber nicht benötige. Ihr könnt mir das Geld zurückgeben, wenn Eure Werkstatt wieder normal arbeitet. Seid Ihr einverstanden?«
    »Ja, André.«
    Der kleine Mönch Mirepoix fand es köstlich, dass ihn diese wunderbare, schöne Frau, die ihm eben einen unvergesslichen Kuss geschenkt hatte, André nannte.
    »Darf ich Euer treuer und ergebener Freund werden, Alix?«

    »Ja, André.«
    Und wieder genoss er den Klang seines Vornamens, der aus dem Mund von Alix nach Honig, Blumen und Glück schmeckte. André - was für ein schöner Name! Noch nie hatte er ihm so gut gefallen.
     
    Mathias wagte nicht, mit Alix über das tote Kind zu sprechen. Er wusste einfach nicht, wie er es anfangen sollte, obwohl er sie gern getröstet hätte. Weil sie auch nicht darauf zu sprechen kam, redeten sie gar nicht darüber.
    Abbé Mirepoix hatte sich auf den Weg nach Lyon gemacht und sein Versprechen eingelöst - er brachte Alix das zugesicherte Geld, mit dem sie einen Weber bezahlen konnte, der an den bestellten Teppichen weiterarbeiten sollte, bis sie wieder eine funktionierende Werkstatt hatte.
    Julio, dem sie voll und ganz vertraute, war nach Paris aufgebrochen, um dort einen Weber ausfindig zu machen. Denn seit der heiklen Geschichte mit dem »T«, das sie auf ihren Teppichen angebracht hatte, herrschte in Tours eisige Stimmung. Und die Verleumdung und die Katastrophe mit dem Feuer, die sie gerade erlebt hatte, sprachen Bände. Weil sie aber nicht wusste, wer ihr feindlich gesinnt war und wer nicht, wollte sie lieber einen Weber aus Paris für sich arbeiten lassen.
    Die beiden Flachwebstühle waren in einem Raum in ihrem Haus aufgestellt worden. Dort arbeiteten Mathias und Pierrot an den kleineren Teppichen und hatten so zu tun, bis Alix zurück sein würde. Sie plante eine Reise nach Flandern, um dort ihr Meisterstück vorzustellen und bei einer Bank in Lille, Arras oder Brügge ein Darlehen zu beantragen.
    Der März ging zu Ende, und es hieß, im April sollte alles wieder gut werden. Die Pest war mittlerweile so weit weg, dass jeder nur
noch an bessere Zeiten dachte, an fette grüne Wiesen, goldene Getreidefelder, an die Ernte- und Lesemonate, an das ganz alltägliche kleine Glück, das das Jahr für einen bereithielt.
    Es war Abend, und Alix setzte sich an den Tisch, weil sie der Comtesse d’Angoulême einen Brief schreiben wollte. Sie hatte sich schon viel zu lange nicht mehr bei ihr gemeldet. Leider gab es nun wieder keine guten Nachrichten zu berichten!
    Alix stützte das Kinn in die Hand und überlegte. Seit sie einigermaßen gesund war und ein wenig von ihrer guten Laune wiedergefunden hatte, schmiedete sie Pläne für ihre Reise, die bis zu einem Jahr dauern konnte.
    Deshalb musste alles bestens vorbereitet sein. Sobald sie das Darlehen hatte, wollte sie das Geld Mathias schicken, dem Hüter ihres Erbes, damit er die Werkstätten wieder aufbauen und zwei oder drei Hochwebstühle kaufen konnte. Anschließend sollte er so viele Leute wie nötig einstellen, damit die Herstellung der Teppiche wieder aufgenommen werden konnte.
    Sie war überzeugt, dass sie das Darlehen bekommen würde. Immerhin hatte sie Pfand genug. Die großen Wandteppiche für den König und die für die Comtesse d’Angoulême bürgten für ihre Zahlungsfähigkeit. Schließlich handelte es sich dabei um wirklich bedeutende Aufträge, um die sie gewiss viele andere Weber beneideten.
    Nachdem sie ihre Gedanken geordnet hatte, nahm sie Feder und Pergament aus dem Schreibtisch und begann den Brief an ihre Freundin Louise:
    Liebe Louise,
     
    es ist mir auf einmal schrecklich peinlich, dass ich Euch so viele schlechte Nachrichten überbringen soll, aber das lässt sich nun
nicht ändern. Zum Glück habe ich das Gefühl, dass ich ganz allmählich wieder zuversichtlicher werde; vielleicht sehe ich wieder klarer, wenn ich diesen Brief beendet habe.
    Die furchtbare Häufung von Katastrophen wirft für mich doch viele Fragen auf, für die ich keine Antworten habe. Was habe ich nur getan, dass der Himmel so gar nicht meine Gebete erhört? In Eurem letzten Brief habt Ihr mir geschrieben, dass Euer Leben in ruhigen Bahnen

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