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Die seidene Madonna - Roman

Die seidene Madonna - Roman

Titel: Die seidene Madonna - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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hast du denn da für mich?«, fragte Louise erstaunt, als sie den Briefumschlag sah, der todbringend sein konnte.
    »Ein reitender Bote hat am Ausfalltor gehalten und nach mir gefragt, Dame Louise. Er hat mir einen Brief für Euch gegeben.«
    »Weißt du denn nicht, dass er voller Bakterien sein kann?«
    Doch dann besann sie sich und sagte:
    »Woher kommt er denn?«
    »Aus Tours. Ich glaube, er ist von Dame Alix.«
    »Wie kommst du darauf?«, fragte sie etwas verwundert.
    Sie nahm Catherine mit in ihr Zimmer, in dem Feuer in einem kleinen Brasero brannte.
    »Setz Wasser auf. Wir wollen den Umschlag in Wasserdampf
halten, um mögliche Bakterien abzutöten. Dann lassen wir ihn trocknen. Hoffentlich kann ich ihn anschließend noch lesen.«
    Catherine übernahm diese heikle Aufgabe. Vorsichtig hielt sie den Brief in den heißen Dampf, ohne ihn zu nah an das kochende Wasser zu bringen, damit die Tinte nicht verwischte.
    »Ich glaube, jetzt ist es genug, und wir können ihn trocknen lassen, Dame Louise. Soll ich Euch vielleicht frisieren, während Ihr warten müsst?«
    »Ja, gern, Catherine.«
    Also bürstete Catherine die Haare von Louise. Sie waren lang und dichter als die ihrer Tochter und leuchteten rotbraun in der Sonne. Louise trug sie gern hochgesteckt und unter einer schwarzen Samthaube versteckt. Abends ließ sie ihr Haar aber meist offen auf die Schultern fallen, nachdem es Catherine sorgfältig gebürstet hatte.
    »Ich glaube, jetzt könnt Ihr Euren Brief lesen, Dame Louise. Er müsste trocken sein.«
    Der Brief war tatsächlich von Alix. Und obwohl die Tinte vom Dampf ein wenig verblasst war, konnte man ihn noch lesen.
    »Meine liebe Louise,
     
    leider habe ich sehr schlechte Nachrichten. Aber zunächst einmal hoffe ich inständig, die schreckliche Pest hat Euch alle verschont - Euch, Marguerite und François, Eure Zofen und Souveraine. Was uns betrifft, so hat uns hier in Tours diese furchtbare Plage so getroffen, dass ich keinen klaren Gedanken mehr fassen kann. Ich weiß nicht einmal mehr, wie ich jetzt noch weiterleben soll. So schnell kann sich alles ändern.
    Ihr wisst, wie lange ich auf Jacquou gewartet habe. Wieder und wieder habe ich ihn gesucht und musste ständig an die glücklichen
Tage denken, als er mich in seinen Armen halten konnte. Nun bin ich wie erschlagen von dem Gedanken, dass ich ihn für immer verloren habe. Ja, Louise, mein Mann ist dieser schrecklichen Epidemie zum Opfer gefallen. Er ist tot, genau wie unsere liebe Florine, die einen vollkommen verzweifelten Mathias zurückgelassen hat.
    Was soll ich sagen? Was soll ich nur tun? Ich bin vernichtet. Nichts bedeutet mir mehr etwas, und dabei erwarte ich ein Kind, das ohne den liebevollen Vater zur Welt kommt, den es hätte erleben müssen. Da es sich nicht rührt, denke ich auch kaum daran. Ich kann nur an Jacquou denken, sein Tod tut mir unendlich weh, er fehlt mir so sehr.
    Die Leute sagen, die Pest zieht sich Richtung Norden zurück. Bald sollen die Häuser wieder geöffnet werden, und Barbiere, Parfümeure und die Pestwachen wollen alles desinfizieren. Sämtliche Haushaltsgegenstände, Möbel und Wäsche müssen mit Essig und Kampfer gereinigt werden. Was nicht unbedingt gebraucht wird, wird verbrannt.
    Mir kommt es so vor, als wären die Männer, die Soldaten und Wachleute, die für Ordnung in der Stadt sorgen müssen, nicht mehr ganz so streng und wieder ein wenig menschlicher. Einer von ihnen hat mir versichert, dass das Haus des alten Gauthier, in dem ich früher mit Jacquou gelebt habe, nicht geplündert wurde, sie aber seinen schrecklich entstellten und abgemagerten Leichnam gefunden hätten. Sie haben ihn sofort mitgenommen und im Gemeindegrab verbrannt. Der arme Gauthier ist also gestorben ohne zu erfahren, dass Florine und Jacquou Opfer dieser mörderischen Plage geworden sind.
    Augenblicklich sitzen wir noch in dem Schuppen hinter den Werkstätten fest. Aber wir sind ja auch nur noch so wenige! Mein Vorarbeiter Arnold und seine Frau sind mit ihrem Sohn
gegangen, als die Epidemie ausbrach. Juan und Lisette sind ebenfalls geflohen - Gott allein weiß, wo sie stecken. Julio ist meine einzige Stütze, weil Mathias nach dem Tod seiner Frau bei den Mönchen von Saint-Pierre geblieben ist. Und Pierrot, unser Lehrling, braucht wirklich wenig Platz. Immerhin bleibt mir noch der kleine Nicolas, der Sohn von Florine, für den ich natürlich sorgen will, wenn mir nichts zustößt.
    Beinahe hätte ich es vergessen, da ist noch jemand,

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