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Die seidene Madonna - Roman

Die seidene Madonna - Roman

Titel: Die seidene Madonna - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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ein junger Weber namens Landry, den ein skrupelloser Meister samt seinen übrigen Leuten vor die Tür gesetzt hatte. Wir haben ihn aufgenommen, und ich werde ihn auch bestimmt behalten, wenn Gott dafür sorgt, dass diese unheilvolle Pest verschwindet und ihr höllisches Treiben anderswo zu Ende führt.
    Ach, meine liebe Louise, Eure Dame und das Einhorn ist noch immer auf den Webstuhl gespannt, aber ich kann nicht daran weiterarbeiten, weil mir das Material ausgegangen ist. Ob ich überhaupt irgendwann wieder arbeiten kann? Ich weiß es nicht. Ich muss immer nur weinen und bin vollkommen verzweifelt. Eure innige Freundschaft ist eigentlich das Einzige, das mir noch geblieben ist.
    Bitte schreibt mir, erzählt mir, wie es Euch geht, ob Marguerite immer schöner wird und Euer kleiner Cäsar wächst und gedeiht.
     
    Ganz herzliche Grüße von
Eurer Alix.«
    Louise blieb noch eine ganze Weile nachdenklich und still vor dem Brief sitzen. Was wohl aus ihrer jungen Freundin wurde, die jetzt auch Witwe war wie sie selbst? Jetzt musste sie sich allein durchschlagen. Aber so war es nun einmal, und nicht einmal mehr der Himmel konnte daran etwas ändern.

    Marschall de Gié erteilte den Kindern d’Angoulême höchstpersönlich Reitunterricht, und der junge François wurde mit der Zeit so sicher, dass Maultiere und Ponys für ihn bald nur noch Vergangenheit waren. Selbst Pegasus, das kleine Bearnaiserpferd, das er als Anfänger geritten hatte, war bei seinem jungen Herrn nicht mehr so beliebt wie zu Anfang. François brauchte jetzt ein richtiges Pferd. Der ungestüme und kaum zu bändigende Zeus oder die feurige, verrückte Salome konnten ihm keine Angst mehr einjagen.
    Der Sommer ging zu Ende, wärmte aber mit seinen noch erstaunlich kräftigen Strahlen die Wälder von Romorantin, die sich langsam rot färbten. Seit Ausbruch der Pest hatte es keine Unwetter mehr gegeben, und der Himmel über der Sologne war gnadenlos blau, nicht eine einzige kleine weiße Wolke spendete Schatten.
    Auf dem Schloss trug die Königin ihren gerundeten Bauch mit einem seligen Lächeln vor sich her, sobald sie ihrer Rivalin begegnete. Louise konnte sich vor lauter Sorge kaum noch beherrschen, und wenn die Königin allzu zuversichtlich wirkte, ging die Comtesse d’Angoulême sogar so weit, bissige Bemerkungen zu machen oder auf die bevorstehende schwierige Geburt anzuspielen.
    Die Königin indes war nicht in der Lage, ihre Gegnerin zu entmutigen; wenn ihr gar nichts anderes mehr einfiel, erinnerte sie Louise ohne jede Rücksichtnahme daran, ihr Sohn sei nur dank der Großzügigkeit des Königs ein Valois und nicht mehr lange Thronerbe.
    Die ersten Wehen setzten an einem Abend ein, an dem sich der Himmel in den schönsten Tönen von Gelb, Rot und Orange dunkel färbte, was leider kaum ein Bewohner der Touraine genießen konnte, weil sie fast alle in ihren düsteren Häusern eingesperrt und damit beschäftigt waren, ihre Toten zu zählen und sich angstvoll zu fragen, ob sie vielleicht die nächsten Opfer sein würden.

    Sobald die Königin die ersten Wehen hatte, verließen die Hebammen die Dienstbotenunterkünfte und eilten zu ihr. Zwei blieben ständig an ihrer Seite, die dritte hatte die Aufgabe, alles herbeizuschaffen, was für die Entbindung und die Zeit danach nötig war, und eilte geschäftig durch das Schloss.
    Louise quälte die Ungewissheit ohne Ende, und sie konnte nichts anderes mehr machen als nervös im schattigen Schlosspark auf und ab zu laufen.
    Die ganze Nacht konnte sie nicht schlafen, stand immer wieder auf, jammerte vor sich hin, ging auf die Terrasse an die frische Luft, und als der Morgen dämmerte, legte sie sich wieder aufs Bett, ohne jedoch Schlaf zu finden. Marguerite versuchte sie abzulenken, Antoinette und Jeanne kamen, um sie zu zerstreuen und zu trösten, und redeten ihr gut zu, sie solle sich nicht im Voraus unnötig aufregen.
    Doch das nützte alles nichts. Louise blieb äußerst unruhig, konnte es kaum erwarten, dass die Zeit der Ungewissheit zu Ende ging und sich ihre flehentlichen Gebete erfüllten, die sie quasi ununterbrochen an Gott und alle Heiligen richtete. Gelegentlich begegnete sie Marschall de Gié, den die gleiche Sorge umtrieb und der sie dann manchmal bekümmert ansah. An seinem Blick spürte Louise endlich die seltsame Komplizenschaft, die sie beide einte, auch wenn sie sie nicht ansprechen wollten.
    Nicht einmal mehr der Anblick der schlanken Pinien der Sologne mit dem Meer rosafarbenen Heidekrauts

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