Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die seidene Madonna - Roman

Die seidene Madonna - Roman

Titel: Die seidene Madonna - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
Vom Netzwerk:
darunter konnte sie beruhigen. Als sie Annes erste Schreie hörte, hielt Louise ihre verkrampften Hände unter das klare Wasser der Quelle, die in einer Ecke des Schlosshofs plätscherte.
    »So beruhigt Euch doch, Madame«, sagte jemand leise hinter ihr, »es kann nur ein Mädchen werden.«
    Erschrocken drehte sie sich um und bespritzte dabei ihr Gesicht
mit dem kühlen Wasser. De Gié sah sie an. Irgendwie schienen seine Augen ihren sonst so harten Glanz verloren zu haben und blickten genauso angstvoll wie die ihren.
    »Ich wollte, Ihr hättet recht«, sagte sie.
    »Die Königin bringt keinen Thronfolger zur Welt. Ihr und ich, Madame, arbeiten gemeinsam an dem Ziel, dass Euer Sohn eines Tages das Land regiert.«
    »Erst war es der heilige François de Paule, der mir das vorausgesagt hat, und nun versichert es mir auch der gute Cornelius.«
    »Euer Astrologe hat seine Fähigkeiten schon oft unter Beweis gestellt, Madame. Glaubt Ihr wirklich, er könnte sich so irren?«
    »Eigentlich nicht. Cornelius Agrippa ist einer der besten Wahrsager von ganz Frankreich. Wenn ich erst Königsmutter bin, hole ich ihn an den Hof.«
    Aber ihre Stimme klang alles andere als zuversichtlich, und Marschall de Gié benötigte keine großen hellseherischen Fähigkeiten, um ihre große Angst zu spüren.
    Louise schüttelte das Wasser in großen, durchsichtigen Tropfen von ihren Fingern und musterte de Gié verwundert. Zum ersten Mal hatte er nichts Aggressives an sich.
    Sie glaubte sogar einen Schimmer von Mitgefühl in seinem Blick zu erkennen und beobachtete verblüfft, wie er tröstlich seine Hand ausstreckte.
    Vorsichtig nahm er ihre Hand und hielt sie unter den kalten Wasserstrahl. Gemeinsam ließen sie sich einen Augenblick lang von dem kräftigen Strahl des Quellwassers ablenken.
    Ihre Blicke begegneten sich und prüften sich blitzartig. Während in den Augen des Marschalls ein unterdrücktes Begehren aufflammte, antworteten die Augen von Louise darauf sofort mit vollkommener Gleichgültigkeit, und sie entzog ihm brüsk ihre Hand.

    Auch wenn den Marschall die unbeteiligte Haltung der Comtesse bestimmt getroffen hatte, hatte er sich schnell wieder in der Gewalt und sagte in gewohnt überheblichem Ton:
    »Euer Sohn entwickelt sich zu einem hervorragenden Reiter, er ist ein Naturtalent, gewissermaßen zum Ritter geboren. Schon bald können wir mit ihm lange Ausritte unternehmen und auf Kleinwild jagen.«
    »Ist das nicht ein wenig überstürzt, Marschall?«
    »Es ist nie zu früh, aus einem Jungen einen Mann zu machen.«
    Sie warf ihm einen zutiefst missbilligenden Blick zu und richtete sich auf. Die Schreie von Anne de Bretagne wurden immer lauter.
    »Ich muss zur Königin. Sie wird bald niederkommen.«
    Und ohne ihn eines weiteren Blickes zu würdigen, eilte sie zum Schlosseingang, vor dem zwei Hellebardiere Wache standen.
    In dem Flur, der zum Gemach der Königin führte, herrschte bereits große Aufregung. Alles lief durcheinander, man seufzte teilnahmsvoll und steckte die Köpfe zusammen. Die Dienerinnen erledigten eilends die Aufträge der Hebammen, und die Zofen warfen sich fragende Blicke zu.
    Annes Schlafgemach war ein großer Raum mit flämischen Tapisserien an den Wänden. Viel Licht kam durch zwei hohe Fenster mit kostbaren Vorhängen, das große Bett mit den gestickten Bettvorhängen stand hinten im Zimmer und wirkte auf Louise wie das Symbol ihrer schrecklichen Angst. Sie sah, dass die Königin von ihren Gesellschafterinnen umringt war, die sie so gut wie nie allein ließen, und ihr jetzt aufmunternde Worte zuraunten, während sie ihr den Schweiß von der Stirn tupften.
    Seit langer Zeit schon verlangte es die Tradition, dass eine Prinzessin oder Königin ihr Kind vor den Augen der ranghöchsten Frauen des Königreichs zur Welt brachte.

    Ganz hinten in einer Ecke des Zimmers, in der Nähe der Abbildung einer Kathedrale in flämischer Bauweise, entdeckte Louise Antoinette und Jeanne. Die beiden beobachteten die Königin nur unbeteiligt und sehr gelassen, wahrscheinlich erinnerten sie sich an ihre eigenen Entbindungen auf dem Schloss in Cognac.
    Als Anne erschöpft vom vielen Schreien und schweißnass Louise erblickte, krallten sich ihre Hände in die Bettkante aus hartem Holz. Die Hebammen rechneten jeden Moment mit der Geburt des Kindes, als die Königin einen letzten lauten Schrei ausstieß. Von den langen heftigen Wehen war ihr Körper ganz verdreht, und ihr schwarzes Haar klebte an ihrer Haut.
    Und endlich kam das

Weitere Kostenlose Bücher