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Die seidene Madonna - Roman

Die seidene Madonna - Roman

Titel: Die seidene Madonna - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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Kind, und die erfahrenen Hebammen fingen es auf.
    Louise war an das Bett der Königin getreten, und ein Gedanke beherrschte den Aufruhr ihrer Gefühle. Niemand sollte ihr mitteilen, welches Geschlecht das Kind hatte - davon wollte sie sich selbst überzeugen. War es ein Mädchen oder ein Junge? Das würde sie gleich als Allererste wissen. Mit nervösem Blick untersuchte sie den Leib des neugeborenen Kindes, kniff die Augen zusammen und sah blitzartig, dass es kein Thronfolger war. Das kleine Geschlecht des Mädchens erschien ihr wie der rettende Streifen am Horizont.
    Auf den Fluren war es auf einmal still geworden, und alle sahen sich betroffen an.
    »Es ist ein gesundes Mädchen«, erklärte Louise und übernahm damit die Aufgabe, die versammelten Anwesenden zu unterrichten. »Jemand möge es dem König unverzüglich mitteilen.«
    Wozu sollte sie ihre Rivalin ansehen? Müde und enttäuscht schlief die Königin ein, und das Zimmer leerte sich.
    Wie sich herausstellte, war die kleine Claude zwar ohne irgendeinen körperlichen Fehler, aber sehr schwach. Der König war davon
schmerzlich berührt, jedoch froh, dass das Kind lebte, und beschloss, nach Italien aufzubrechen, wo ihn sein Heer erwartete. Und während Louise wieder ihren verschiedenen Tätigkeiten nachging, wurde erneut mit Mailand verhandelt, was sich als sehr schwierig erwies.
    Als es Herbst wurde, verließ die Pest Westfrankreich und wanderte langsam Richtung Norden. Bald plante man, zu Beginn des Winters nach Amboise zurückzukehren. Von diesem Gedanken waren sowohl die beiden Mütter als auch die Kinder der Comtesse d’Angoulême sehr angetan, die es kaum erwarten konnten, die jungen Herren kennen zu lernen, von denen ihnen Marschall de Gié so oft erzählte, weil ihnen die Zeit allmählich lang wurde.
    Louise schrieb jeden Tag an ihrem Tagebuch. Es verging kein Morgen und kein Abend, an dem sie sich nicht wenigstens ein paar kurze Zeilen notierte. In dem Journal hielt sie jedes Erlebnis, jedes kleine Missgeschick und jeden Fortschritt ihres Cäsars fest. Ihre eigenen Gefühle, ihre Freude und ihre Ängste beschrieb sie in allen Einzelheiten. Und natürlich musste sie dem Tagebuch an diesem Abend ihre Freude anvertrauen, die sie beim Anblick von Annes Tochter empfunden hatte. Cornelius Agrippa, dem Astrologen, den sie von Angoulême nach Romorantin hatte holen lassen, damit er ihre Befürchtungen zerstreute, konnte sie sich gar nicht dankbar genug erweisen für die Sicherheit, die er ihr mit seiner Prophezeiung verliehen hatte.
    Als sie mit dem Eintrag fertig war, bekam sie plötzlich Lust, ihre Tochter zu sehen. François war schon früh am Morgen zu seiner ersten Jagd mit Marschall de Gié aufgebrochen und noch nicht wieder zuhause. Hoffentlich kam er heil und gesund zurück! Je mutiger und draufgängerischer François wurde, umso mehr Sorgen machte sie sich um ihn.
    Bestimmt war Marguerite mit Souveraine zusammen. Die beiden
Mädchen stickten jeden Tag eine Stunde mit Antoinette und Jeanne, die großen Wert auf Handarbeit legten.
    Sie hatten gerade gemeinsam eine Arbeit fertiggestellt, auf der eine ländliche Szene zu sehen war, und beide waren ganz in den Anblick der kunstvollen und präzise gearbeiteten Stickerei vertieft. In Wahrheit war es aber wohl eher so, dass sich eigentlich nur ihre Mütter für die komplizierten Motive und Farben begeistern konnten.
    Obwohl Marguerite sehr gern ihren Bruder auf die Jagd begleitet hätte, hatte sie für die Handarbeitsstunde darauf verzichtet, weil sie wusste, ihre Mutter wünschte, dass sie in allen Bereichen zur Vollkommenheit gelangte.
    »Siehst du, mein Kind, du besitzt wirklich viele verschiedene Begabungen. Ich hoffe, deine geistigen Talente übertreffen nicht noch dein Geschick bei der Handarbeit.«
    Was die Erziehung ihrer Kinder anbetraf, machte Louise keine Zugeständnisse und legte größten Wert darauf, dass Marguerite genauso gut mit Nadel und Faden umgehen konnte, wie sie Latein oder Griechisch rezitierte. Beim Sticken und Weben sollte sie jedes Geheimnis kennen. Und das Mädchen war klug genug, diese Erziehung zu akzeptieren, erst recht wenn Louise sie dazu anhielt, Tagebuch zu schreiben. Eine Leidenschaft, der Marguerite bereits verfallen war und die ihre Mutter nur allzu gut verstehen konnte.
    Die Handarbeitsstunde war bald zu Ende, und Louise setzte sich neben ihre Tochter und machte sich an ihren Brief:
    Meine liebe Alix,
     
    Jacquous Tod macht mich sehr betroffen, und ich kann gut

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