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Die Seidenstickerin

Die Seidenstickerin

Titel: Die Seidenstickerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jocelyne Godard
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die Schlinge zieht, die Ihr vorher macht.«
    Sie gab ihr die Stickerei zurück, auf der Vögel auf blühenden Kirschbaumzweigen zu sehen waren.
    »Ich fürchte, es ist jetzt schon zu dunkel, um einen so schwierigen Stich richtig zu sticken. Wenn Ihr wollt, können wir es morgen noch einmal versuchen.«
    »Da habt Ihr es, Alix«, sagte Louise vergnügt, »Ihr müsst eben doch bei uns bleiben.«
    »Nein, Louise, das kostet Euch schließlich Geld, und ich kann es Euch nicht zurückgeben.«
    Jetzt stürzte sich der kleine François auf sie, der am liebsten so viele Frauen wie möglich um sich haben wollte.
    »Du bist lieb, und ich will nicht, dass du weggehst«, lispelte er und gab ihr das kleine Holzpferd, das er in der Hand hielt.
    Alix küsste ihn auf seine rosige Wange.
    »Ja, ich weiß, aber deine Mama und ihre Freundinnen haben nicht so viel Geld, dass sie mich noch lange beherbergen können.«
    Sie nahm ihn um die Taille, hob ihn hoch und setzte ihn auf ihre Knie.
    »Sie hat mir schon so viel geschenkt, und ich weiß gar nicht, wie ich ihr das je zurückgeben soll. Verstehst du das?«
    »Ja«, sagte Louise mit einem Seufzer, »es ist leider wahr, dass uns Charles nicht das versprochene Geld mitgebracht hat. Ob er den Familienschmuck überhaupt verkauft hat? Dann hätte er uns doch den Ertrag aushändigen müssen.«
    Alle schwiegen und schüttelten nur bekümmert den Kopf.
    »Er hat gesagt, dass wir mit diesem Geld die Schlossmauer, den Hauptturm und das Dach reparieren könnten und dass dann noch genug übrig wäre, um die Dienstboten auszubezahlen«, erinnerte sich Jeanne und räumte nun ihr Stickzeug in den kleinen Weidenkorb mit den Nadeln, Scheren und bunten Fäden.
    »Und wenn er den Schmuck doch verkauft hat?«, fragte Louise noch einmal nach.
    »Wo soll dann das Geld sein?«, gab Antoinette zurück und runzelte fragend die Stirn. »Wir haben seine ganzen Kleider aufgetrennt, aber da war nichts. Sonst hat er sein Geld immer dort versteckt.«
    Alix sah die anderen nachdenklich an und sagte dann zögernd:
    »Ich glaube mich zu erinnern, dass er einmal gesagt hat, er hätte Geld bei sich, mit dem er das Dach von seinem Schloss reparieren wollte.«
    »Was!«, rief Louise. »Wann? Wann denn? Ich flehe Euch an, Alix, bitte versucht Euch zu erinnern!«
    Alix vergrub den Kopf in den Händen – das war schon so lange her!
    »Ich würde Euch so gern helfen«, murmelte sie ärgerlich.
    Sie versuchte sich zu konzentrieren, aber alle Erinnerungen purzelten durcheinander. Constance, Jean, der dreckige, scheußliche Schlamm, die überfluteten Ufer, die Brücke, die beinahe weggerissen wurde, der Schreck. Und dann die Angst! Und Jacquou, Jacquou, den sie unbedingt wiedersehen wollte!
    »Wir wären beinahe alle im Fluss ertrunken«, murmelte sie vor sich hin. »Der Graf hielt Constance fest, während der Fährmann von der Furt mit der einen Hand Monseigneur Jean und mit der anderen mich festhielt, damit wir nicht ausrutschten und ins Wasser fielen. Ich hatte die ganze Zeit Angst, ich würde gleich in den Fluss fallen!«
    »Denkt weiter nach, Alix, bitte«, flehte sie jetzt auch Antoinette an.
    »Der Graf rutschte aus, ja, er ist ausgerutscht. Und er hat geschrien, dass wir Constance raufziehen sollten, während er schon fast ganz unter Wasser war.«
    »Und dann? Alix, was war dann? Was hat er gemacht? Was hat er dann gesagt?«
    Alix ließ ihre Stirn los und starrte einen der Kandelaber an.
    »Der Fährmann hat die ganze Zeit ›Verdammt‹ geflucht, und Charles hat auch geflucht.«
    »Ja!«, Antoinette schrie jetzt beinahe. »Was hat er geflucht? Darauf kommt jetzt alles an.«
    »Bitte!«, flehte Louise. »Strengt Euch noch ein bisschen an!«
    Da fiel es Alix plötzlich wieder ein, und sie rief ohne Umschweife:
    »Er hat ›Verdammt!‹ geschrien, ›Verdammt, ich verliere meinen Degen!‹ ›Lasst ihn doch los und ins Wasser, Herr, dann habt Ihr’s leichter!‹, hat ihm der Fährmann zugerufen. Und Charles hat geantwortet: ›Auf keinen Fall, lieber sterbe ich!‹«
    »Sein Degen!«, rief Louise. »Warum sind wir da nicht früher draufgekommen?«
    Und alle drei Frauen liefen, gefolgt von Alix und den Kindern, in den Waffensaal, wo die Schwerter, Degen, Hellebarden und Büchsen derer d’Angoulême an den grauen Steinmauern aufgehängt waren.
    Louise nahm die Waffe herunter.
    »Wie öffnet man denn den Degenknopf?«, fragte sie.
    »Den Degenknopf kann man nicht öffnen, man muss das Stichblatt aufdrehen. Gebt mir den

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