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Die Seidenstickerin

Die Seidenstickerin

Titel: Die Seidenstickerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jocelyne Godard
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verächtlich an.
    »Ihr habt vergessen, dass Jacquou noch von jemand anders unterstützt wurde. Er hatte einen mächtigen Befürworter.«
    »Etwa Isabelle!«, lachte er höhnisch, »sie hat sich immer an meine Anordnungen gehalten.«
    »Nein, nicht Isabelle, sondern Monseigneur Jean de Villiers, wie ich bereits sagte. Sobald er den Dispens erhalten hatte, hat er uns in der Kapelle von Germigny-des-Prés, in der Nähe von Saint-Benoît-sur-Loire, verheiratet. Ach, Dame Bertrande!«, sagte sie traurig. »Und als die beiden dann am nächsten Morgen nach Flandern abgereist sind, war ich guter Hoffnung.«
    »Mein armes kleines Mädchen«, sagte Coëtivys Frau, nahm Alix in die Arme und wiegte sie wie ein kleines Kind. »Meine arme Kleine.«
    Dann schob sie sie von sich und warf einen Blick auf ihren flachen Bauch.
    »Du warst schwanger! Große Güte! Und wo ist das Kleine?«, fragte sie bestürzt.
    »Es ist tot«, gestand Alix mit Tränen in den Augen. »Euer Mann hat mich aus der Werkstatt gejagt, in der ich gearbeitet habe. Ich war also schwanger und ohne Arbeit und bin viel zu viel zu Fuß unterwegs gewesen, damit er mich nicht wieder kriegen konnte. Dem Kindchen waren meine Erschöpfung und mein Kummer zu viel. Es ist kurz nach seiner Geburt gestorben.«
    »Du bist ein Ungeheuer, Pierre de Coëtivy«, schrie Dame Bertrande. »Ich will dich nie wieder sehen. Geh zum Teufel.«
    Alix seufzte erleichtert und erholte sich ein wenig von der Aufregung. Sie hatte das Herz von Dame Bertrande gewonnen.
    »Komm, meine Kleine, jetzt erzählst du mir den Rest der Geschichte.«
     
    Das Haus von Dame de Coëtivy war geräumig und sehr komfortabel. In dem großen Raum in der Mitte hielt man sich tagsüber zum Plaudern, zum Spielen oder zum Essen auf. Das große Zimmer auf der linken Seite war Meister Coëtivys Arbeitszimmer, wenn er gerade einmal in Nantes war; das auf der rechten Seite diente als Salon. Darin standen bequeme Lehnsessel, die passend zu den Wandteppichen bezogen waren. Es ging auf den Korridor hinaus, an dessen Ende sich die Schlafzimmer befanden.
    Um ehrlich zu sein, hatte Pierre de Coëtivy in seinem ganzen Leben nur äußerst wenig Zeit an der Seite seiner Frau verbracht. Immer unterwegs nach Tours, Paris oder in den Norden, wo er seine verschiedenen Werkstätten hatte, kam er nur sehr selten zwischen zwei langen Reisen kurz nach Nantes, um sich zu vergewissern, dass es seiner Gattin gut ging.
    Wie hätte Dame Bertrande unter diesen Umständen behaupten können, dass Meister Coëtivy kein Doppelleben führte? Hätte die hintergangene Ehefrau in dem Moment, da ihr die Wahrheit ins Gesicht gesagt wurde, etwa nicht das Recht gehabt, die Frage zu stellen, die ihr auf der Zunge lag? Führte Pierre auch jetzt ein Doppelleben, hatte er noch ein Zuhause und eine heimliche Liebe irgendwo da, wo er sich wegen seiner Arbeit dauernd aufhielt?
    Wollte sie in diesem Augenblick überhaupt eine Antwort, oder interessierte sie sich nur für das junge Mädchen, das bei ihr zu Gast war, dem sie es recht behaglich machen und von dem sie alles erfahren wollte?
    Ihr Mann Coëtivy durfte den Schönen aus Tours oder den hübschen Frauen in Flandern ruhig den Hof machen, solange es ihr auf ihrem Landsitz im Einklang mit sich, ihren Leuten, ihren Gewohnheiten und den großzügigen finanziellen Mitteln, mit denen sie sich jeden Wunsch erfüllen konnte, gut erging.
    Alix bewunderte den Holzboden, der angenehm nach Bienenwachs duftete und mit dicken Teppichen bedeckt war, die bestimmt aus Konstantinopel stammten, weil ihre Muster und die warmen Farben sehr orientalisch wirkten. In tiefen Zügen atmete das junge Mädchen den köstlichen Hauch von Luxus ein, den sie schon in den Salons von Louise d’Angoulême sehr geschätzt hatte.
    Bei Dame Bertrande strahlte alles Behaglichkeit aus: An den grauen Steinwänden hingen wunderbar leuchtende Mille-Fleurs-Teppiche. Auf den meisten und schönsten waren Schäferszenen dargestellt mit Tieren, Vögeln und Einhörnern, die sich dort tummelten und von anmutigen Gestalten bewundern ließen, deren purpurrote und himmelblaue Roben in zierlichen Falten auf Phantasiewiesen fielen, auf denen Unmengen von bunten Blümchen blühten.
    Dame Bertrande stellte ein großes Stück Roggenbrot und Butter zusammen mit schönen, frischen Meeresfrüchten auf den Tisch, die père Sébastien gerade gefischt hatte. Der alte Mann, der früher zur See gefahren war, ging jeden Tag früh am Morgen an den dann noch

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