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Die Seidenstickerin

Die Seidenstickerin

Titel: Die Seidenstickerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jocelyne Godard
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Alix unschwer erkennen, dass ihre Pläne sich nicht so leicht verwirklichen lassen würden, wie sie sich das vorgestellt hatte.
    Wie stolz er da stand, der Herr Coëtivy, jetzt, wo er noch nichts von der feurigen Rede ahnte, die Alix Dame Bertrande halten wollte!
    Stolz und aufrecht konnte er jetzt vor ihr stehen und den Frauen, die er noch zu verführen gedachte, einen nach wie vor vornehmen Anblick und einen erstaunlich jung gebliebenen Körper bieten. Aber diesmal würde Alix gewinnen. Sie würde nicht das geringste Risiko eingehen, um ihm nicht wieder in die Falle zu gehen. Man muss schon sagen, dass sie ihre Unerfahrenheit allmählich mit einer gewissen Besonnenheit wettmachte.
    Jetzt reagierte sie ganz schnell, weil sie sich sagte, er würde sie bestimmt irgendwie zu fassen kriegen, wenn sie noch länger wie angewurzelt vor ihm stehen blieb; oder er würde irgendwem befehlen, sie zu ergreifen und von seinem Anwesen zu entfernen – und dann könnte sie auf keinen Fall mehr mit Dame Bertrande sprechen.
    Deshalb nahm sie sich gar nicht erst die Zeit, ihm zu antworten, sondern lief so schnell sie konnte zum Haus, wo sie in der Nähe vom Stall Amandine stehen ließ, die schon mit ihren kleinen klugen Augen ins Innere des Gebäudes lugte, wo sie sich Futter und die wohlverdiente Ruhepause erhoffte.
    Alix verlor keine Zeit, sie wusste genau, was sie wollte.
    »Dame Bertrande!«, schrie sie, so laut sie konnte. »Dame Bertrande! Ich muss Euch sprechen!«
    Besser hätte sie es gar nicht machen können, weil sich nämlich umgehend die große Haustüre öffnete, und eine kleine, rundliche Gestalt erschien und nach draußen stürzte.
    Dame Bertrande – sie war es tatsächlich – wirkte sonst eigentlich sehr ruhig und friedlich, jetzt sah man ihr aber die Aufregung an der tiefen Falte auf ihrer Stirn an und weil sie den Eindruck machte, sie würde gleich keine Luft mehr bekommen.
    Sie trug einen Rock aus Barchent, der ihre Füße in den gefütterten Schuhen verdeckte, eine gestärkte weiße Haube, deren Bänder ihr rechts und links vom Kopf auf die Schultern fielen, und über dem Rock ein braunes baumwollenes Überkleid, das einige Damen vermutlich etwas altmodisch gefunden hätten – aber Dame Bertrande kümmerte sich nicht um die Mode, und rannte so schnell auf Alix zu, dass die beinahe mit ihr zusammengestoßen wäre. Sie musste ein paar Schritte zurück machen, um den Zusammenprall zu vermeiden, bei dem sie sonst wahrscheinlich beide umgefallen wären.
     
    »Dame Bertrande!«, rief Alix ganz außer Atem, »ich muss Euch unbedingt sprechen.«
    »Aber was wollt Ihr denn von mir? Wer seid Ihr überhaupt?«
    Auch sie kam erst allmählich wieder zu Atem. Und als sich Dame Bertrande ratlos umsah, weil sie noch immer nicht den Grund für diese Aufregung erkennen konnte, kam ihr Mann auf sie zugelaufen.
    »Ich bitte Euch, Dame Bertrande, können wir in Euer Haus gehen, um zu reden?«
    »Um zu reden!«
    Sie sah, wie sich ihr Mann auf das junge Mädchen stürzte und es grob am Arm packte.
    »Lasst mich los!«, schrie Alix. »Ihr wisst ganz genau, dass ich keine Diebin oder Lügnerin bin.«
    Sie schlug wie wild um sich, aber Coëtivy ließ nicht locker, und sie konnte sich nicht befreien.
    »Lasst mich los!«, schrie sie noch einmal mit einer Stimme, die für Dame Bertrande, die jetzt wild gestikulierte, wie der verzweifelte Ruf eines hilflosen kleinen Tiers klang. Als sie aber sah, wie Coëtivy mit aller Gewalt versuchte, Alix vom Haus wegzuziehen, griff sie endlich ein.
    »Was soll denn das ganze Theater?«, rief sie, empört über diesen plötzlichen Ausbruch von Gewalt. »Wer seid Ihr, und was wollt Ihr?«
    Sie sah erst ihren Mann an, dann wieder Alix, die immer noch mit der Kraft der Verzweiflung kämpfte, sich aber nicht gegen den Webermeister wehren konnte.
    »Lasst mich endlich los, Meister Coëtivy! Ihr habt mir nichts zu befehlen. Und ich will nicht mit Euch reden, sondern mit Eurer Frau.«
    »Also bitte, Pierre!«, verlangte Bertrande. »Lass jetzt dieses Mädchen los, und sag mir lieber, was sie dir getan hat.«
    »Ach, bitte, Dame Bertrande«, bat Alix, »nehmt mich mit in Euer Haus, damit wir unter vier Augen reden können.«
    »Wenn du etwas sagen willst, dann sag es hier«, brüllte Coëtivy. »Du hast bei uns nichts verloren.«
    »Bei Euch heißt auch bei Eurer Frau, Meister Coëtivy. Wenn sie verlangt, dass ich hier zwischen Tür und Angel mit ihr rede, tue ich das auch.«
    Dame Bertrande hatte sich wieder

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