Die Seidenstickerin
schnell die Zeit verging! Im Dezember war es bestimmt sehr kalt und vielleicht fiel schon der erste Schnee. Und dann kam Florines Kind wie ein Geschenk des Himmels zu diesem jungen Paar, das noch keine schlechten Zeiten erlebt hatte.
Dezember! Dann sollten sie unbedingt die fünf Teppiche an Seigneur de La Tournelle geliefert haben. Und vielleicht gab es dann auch schon viele neue Aufträge?
Alix kuschelte sich in Jacquous Arme. Seit Tagen schon hatten sie die Werkstatt nicht mehr verlassen. Sie arbeiteten fast ohne Pause und gönnten sich nur ein paar Stunden Schlaf. Aber nicht einmal der harte Strohsack und die dünne Decke konnten ihren Arbeitseifer bremsen.
»Wir sollten bald einen neuen Auftrag bekommen«, flüsterte sie Jacquou ins Ohr, obwohl sie eigentlich viel lieber gesagt hätte: »Wir sollten bald ein Kind bekommen.«
Er drehte sich zu ihr um. Sie waren noch nicht eingeschlafen und lauschten dem Regen, der seit dem Abend fiel. Er trommelte laut gegen die Fensterscheiben in der Werkstatt, vor die ein Vorhang aus Genueser Samt gezogen war.
»Ich glaube, ich schreibe der Gräfin d’Angoulême, dass ich sie in dem Gasthaus an der Straße nach Poitiers treffen will«, sagte sie und nahm Jacquous Hand, die auf ihrem Bauch spazieren ging.
Sie streichelte sie und ließ sie dann wieder los. Sie waren beide nackt, und obwohl sie nur die dünne Decke wärmte, war Alix nicht kalt. Jacquous Körperwärme war ihr genug.
»Von ihr bekommen wir bestimmt einen Auftrag, wenn sich erst ihre Finanzlage gebessert hat.«
Sie musste an das verzweifelte Gesicht denken, das Louise gemacht hatte: Es fehlte ihr am nötigsten Geld, ihre Güter brachten nichts ein, und das Schloss verfiel zusehends, während ihr Personal ohne Lohn blieb. Dann tauchten weitere Bilder vor ihr auf: der schwerkranke Graf d’Angoulême mit hohem Fieber im Delirium und schließlich im Todeskampf. Und sie glaubte, die besorgte Stimme von Louise wieder zu hören. »Was hat er nur mit dem ganzen Geld gemacht, das er für den Schmuck bekommen hat? Alix, Ihr habt ihn doch noch lebend angetroffen – hat er Euch nichts dazu gesagt?«
Bei der Erinnerung an den glücklichen Ausgang der Geschichte und die Freude, als man mit ihrer Hilfe das Geld gefunden hatte, musste Alix lächeln.
Ganz in Gedanken versunken spürte sie plötzlich, wie Jacquou sie zärtlich berührte. Sie schauderte vor Vergnügen und freute sich darauf, in einer Woge der Gefühle unterzutauchen; doch dann drehte sie sich mit ihm um, so dass sie auf ihm zu liegen kam. Jetzt bebte Jacquou, der diese Stellung am allerliebsten mochte, vor Lust in Erwartung des Höchstgenusses, der ihn gleich überwältigen würde. Inzwischen rieb sich Alix an ihm wie eine verliebte Katze. Sie stöhnte leise und umarmte ihn mit schnellen, heftigen Bewegungen.
Jacquous Körper befand sich gerade am Übergang vom großen Jungen zum erwachsenen Mann. Und doch hätte er nicht reifer sein können, weil er es schon als Kind gelernt hatte, sich nur auf sich selbst zu verlassen.
Jetzt atmete er heftig. Alix steigerte sein Verlangen und spielte beinahe mit ihrer eigenen Lust, indem sie sie geschickt zurückhielt, um sie noch überwältigender werden zu lassen. Sinnlich wand sie sich um seinen Körper, bäumte und schlängelte sich. Ihr Blut kochte. Nichts konnte sie jetzt noch zurückhalten. Jacquou seufzte genüsslich, hielt aber an sich. Zärtlich und geschickt brachte Alix ihrer beider Körper zum Schwingen. Schließlich drang er sanft in sie ein und führte sie zum gemeinsamen Höhepunkt.
In Jacquous Arme geschmiegt schlief Alix dann endlich ein.
Sobald sie am nächsten Morgen aufgewacht war, beschloss Alix, sich auf die Suche nach neuen Aufträgen zu machen. Dazu ging sie vor allem in die Kirchen und Kathedralen, wo es einen besonders großen Bedarf an Wandteppichen und anderen gewebten Erzeugnissen gab; man wollte ihre hohen, kalten Wände damit verhängen und die Geistlichen während der heiteren Stille des Gebets mit den gewebten Wunderwerken erfreuen.
Sie suchte auch die kleinen Edelleute, die Bürger und die reichen Kaufmänner auf, die sich gern solchen Luxus gönnten. Alix konnte sehr gut verhandeln, während Jacquou lieber in seiner Werkstatt arbeitete.
Nur sehr selten wurde eine Tapisserie aus einer Werkstatt in Tours ganz ohne Seidenfaden angefertigt. Außerdem waren die Wandteppiche aus Tours genauso angesehen wie die aus Paris.
Es war die Zeit der berühmten Mille Fleurs, die sehr
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