Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Seidenweberin: Roman (German Edition)

Die Seidenweberin: Roman (German Edition)

Titel: Die Seidenweberin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Niehaus
Vom Netzwerk:
Alderman durch die Gassen des Stalhofes der Gildhall zu. Er sah es als einen persönlichen Affront an, dass dieser freche kölnische Dieb entwischt war. Noch dazu so höchst spektakulär. Angewidert verzog er das Gesicht, als er an all das Blut in der Gasse dachte, und griff mechanisch nach einem Dufttüchlein in der Innentasche seiner Juppe. Diese unfähigen Wachleute! Aufgebracht schnaubte Miles durch die Nase. Wenn sie nicht längst ihren gerechten Lohn erhalten hätten, würde er ihnen Beine machen. Denn zu gerne hätte er an diesem dreisten kölnischen Dieb ein Exempel statuiert. Und das würde Wellen schlagen, den Rhein hinauf bis nach Köln, dafür würde er sorgen. Mit ein wenig Glück würde man den flüchtigen Verbrecher schon bald einfangen, da war er sicher. Er selbst würde dafür sorgen, dass genügend Männer für die Jagd nach diesem Schurken abkommandiert würden. Miles fand es besonders bedauerlich, dass dieser Halunke gerade jetzt entwischt war, weil er nun einer gewissen jungen Dame das Verschwinden seines Gefangenen erklären musste. Ohne es zu bemerken, hatte Miles seinen Schritt verlangsamt. Dieser Gedanke gefiel ihm ganz und gar nicht, denn er wollte vor der anziehenden jungen Nichte des alten Vornhuis nicht als Tropf dastehen. Vielleicht hätte sie sich für sein Entgegenkommen ja sogar in gewisser Weise erkenntlich gezeigt? Der Gedanke erregte ihn, und unter seinem kurzen senfgelben Wams zeigte sich eine ungehörige Wölbung in den engen, seidenen Beinlingen. Der Alderman rieb sich die gepflegten Hände. Er schien ihr ohnehin zu gefallen, da war er sich sicher, so wie sie ihn angesehen hatte. Zu ärgerlich, dass dieser Dieb entwischt war. Dennoch rechnete Miles sich gute Chancen bei der verführerischen jungen Frau aus. Schließlich war er äußerst gut aussehend und elegant. Er war eben ein Mann, den die Frauen zu schätzen wussten. Und diese junge Dame wusste genau, was sie wollte, daran hatte sie nicht den geringsten Zweifel gelassen. Der Gedanke ließ ihn seinen Schritt wieder selbstbewusst beschleunigen. Er würde der Dame schon zu erklären wissen, warum sie den Dieb nicht hier und jetzt sehen könnte.
    Als er die Tür seines Kontors erreicht hatte, riss er sie mit schwungvoller Gebärde auf. Ein rascher Blick zeigte ihm, dass besagte Dame bedauerlicherweise nicht wartend in seinem Kontor weilte, wie er erwartet hatte, doch auf seinem Pult fand er einen Ballen feinsten, maigrünen Seidentaftes vor. Spielerisch ließ Miles seine Finger darüber gleiten, dann ließ er sich schwer in einen Sessel sinken. Die Dame war also bereits erschienen, und sicherlich hatte sie nur kurz die Gelegenheit genutzt, die Frisur zu richten oder auszutreten, und würde jeden Moment zurückkommen.
    Die Zeit verrann, doch der Alderman blieb allein in seinem Kontor. Sein Blick heftete sich auf den frühlingsfarbenen Stoff, und langsam dämmerte ihm, dass es hier vielleicht doch nicht ganz rechtens zugegangen sein mochte.
    Dann plötzlich hatte er verstanden und fuhr aus seinem Sessel auf. Sein Gesicht verfärbte sich purpurrot, nur die Nase stach nach wie vor blass daraus hervor. Man hatte ihn hereingelegt. Dieses Gesindel! Er würde … er würde …
    So schnell wie er errötet war, so schnell verließ alle Farbe wieder sein Gesicht, als ihm klar wurde, wie gründlich man ihn ausgetrickst hatte. Gar nichts würde er tun. Im Gegenteil. Wenn dieser Vorfall in seiner ganzen Abscheulichkeit bekannt würde, wäre es um sein Ansehen und seinen Ruf als Alderman geschehen. Also würde er alles dafür tun, dass dieser Vorfall nicht bekannt würde. Und genau damit hatte das Lumpenpack gerechnet!

11. Kapitel
    K omm mir nicht zu nahe, ich bin verlaust und stinke wie ein Iltis.« Peter streckte ihr abwehrend die Hände entgegen.
    »Was musst du dich auch so herumtreiben, Herr Lützenkirchen!«, rügte Fygen mit gespielt strenger Miene, doch das Glück über seine Befreiung und die Freude über das Wiedersehen mit ihrem Mann funkelten in ihren Bernsteinaugen und sprangen aus ihrem strahlenden Gesicht. Trotz seiner Warnung schloss sie Peter in die Arme und drückte ihn fest an sich.
    In der frühen Abendstunde hatte das Schiff London sein Heck zugewandt und segelte nun, den Sog der Gezeiten ausnutzend, die Themse hinab, dem offenen Meer zu. Fygen hatte das Schiff nur kurze Zeit vor Peter erreicht, doch die geringe Spanne bis zu seinem Eintreffen wurde zur unendlichen Qual des Bangens und Hoffens. Nervös war sie in ihrer

Weitere Kostenlose Bücher