Die Seidenweberin: Roman (German Edition)
engen Kabine je zwei Schritte auf und ab gegangen. Würde ihr Plan gelingen? Würde Eckert Peter befreien können? Unzählige Male hatte sie sich ihr Wiedersehen ausgemalt. Sie freute sich unbändig darauf, Peter wiederzusehen, und doch spürte sie auch ein wenig Befangenheit, wenn sie an die letzte Begegnung mit ihrem Mann dachte.
Und dann endlich hatte sie die schweren Schritte auf der Treppe des Kajütenabgangs vernommen, und Sekunden später stand Peter blass und erschöpft, doch unversehrt vor ihr.
»In der Tat, du stinkst!«, stellt sie mit einem Lachen fest und schob ihn ein Stück weit von sich, um ihn genau zu betrachten. Mager war er geworden, doch aus dem Dickicht seines wilden Bartes funkelten nach wie vor unverschämt blaue Augen hervor. Vielleicht nicht so mutwillig, wie Fygen sie in Erinnerung hatte, doch munter genug, um sie erkennen zu lassen, dass ihr Mann die Härten der Kerkerhaft überstanden hatte, ohne daran zu zerbrechen.
Am Rollen der Wellen spürte Fygen, dass das Schiff endlich die offene See erreicht hatte. Das bedeutete Sicherheit vor etwaigen Verfolgern, aber zugleich brachte das Schlingern ihr die verhasste Seekrankheit zurück. Und während Peter sich seiner zerlumpten Kleidung entledigte, um sich gründlich zu waschen, rollte Fygen sich auf ihrer Koje zusammen.
»So, jetzt fühle ich mich wieder halbwegs präsentabel«, verkündete Peter eine Viertelstunde später gut gelaunt. Er hatte sich rasiert, die langen Haare gewaschen und zusammengebunden und frische Kleidung angelegt, die freilich weit um seinen mageren Körper schlotterte. »Und nun könnte ich eine anständige Mahlzeit vertragen.«
Der Gedanke allein ließ Fygen zum Eimer greifen. Voller Mitgefühl schloss Peter seine Frau in die Arme und wiegte sie wie ein kleines Kind. Tröstend strich er ihr eine dunkle Haarsträhne aus dem Gesicht. »Mein armer Mösch. Seekrankheit ist ein Übel, gegen das es kein Kraut gibt. Aber es hilft, wenn du deinen Blick fest auf einen Punkt richtest, der genauso schwankt wie du selber.« Sein Blick suchte nach einem geeigneten Gegenstand. »Da, der Türknauf. Behalte ihn im Auge, dann wird es erträglicher.«
Und tatsächlich, während Peter sich einen Kanten groben Brotes und eine Platte mit Käse und magerem kaltem Braten schmecken ließ und mit einem großen Krug starken Bieres hinunterspülte, hielt Fygen den Blick starr auf den Türknauf gerichtet und schaffte es so, die Übelkeit zu unterdrücken.
Wohlig seufzte Peter auf, als er den letzten Bissen verspeist hatte, und wischte sich die Krümel vom Mund. Zwei der dringendsten Bedürfnisse, die ihn während seiner Gefangenschaft gequält hatten, waren nun befriedigt, doch da gab es noch ein drittes …
Er ließ einen reichlich lüsternen Blick über Fygens wohlgeformte Rundungen gleiten, und mit einem jungenhaften und zugleich anzüglichen Lächeln beugte er sich zu seiner Frau hinab. »Ich wüsste vielleicht doch noch ein anderes Mittel gegen die Seekrankheit«, raunte er ihr ins Ohr und presste seine Lippen fordernd auf ihren Hals, ließ sie langsam hinabwandern und vergrub sein Gesicht in dem warmen Fleisch ihrer Brust. Ein kleines Stöhnen entfuhr ihm, als sie ihn mit kräftigen Armen zu sich hinabzog, ihren festen und zugleich unendlich weichen Körper an ihn drängte. Eine lange vermisste Hitze stieg in ihm auf, wärmte ihn und entzündete eine alles verzehrende Leidenschaft. Das Schlingern des Schiffes, die Enge der Koje, das alles verschwand in der Wollust, die sie einhüllte und davontrug. Und als er die lästigen Hürden aus Kleidern, Röcken und Unterkleidern bezwungen hatte und seine Männlichkeit endlich das Ziel ihrer Sehnsucht erreichte, war es um Peters Fassung geschehen. Tränen rannen ihm über die rauhen Wangen, vermischten sich mit Schweiß und sickerten in Fygens Locken.
Der Schiffer schlug vier Glasen, und die Dunkelheit franste bereits an ihren Rändern aus, als Peter und Fygen ihren Hunger aufeinander endlich gestillt hatten und sanft hinüberglitten in einen glücklichen, erschöpften Schlaf.
Plötzlich fuhr Fygen jäh in die Höhe. Sie wusste nicht sofort, was sie geweckt hatte oder wo sie sich befand, hatte aber das erschreckende Gefühl, dass etwas nicht stimmte. Und es dauerte nicht lange, bis sie herausgefunden hatte, was das war. Peter, der halb auf, halb neben ihr gelegen hatte, strahlte unter dem dünnen Laken eine unnatürlich Hitze aus. Schweißfeucht klebte ihm eine blonde Locke im geröteten
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