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Die Seidenweberin: Roman (German Edition)

Die Seidenweberin: Roman (German Edition)

Titel: Die Seidenweberin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Niehaus
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für die Hilfe bedankend, auf seinen Karren lud.
    Derweil hatte Fygen sich wahllos einen Ballen aus seiner Lieferung herausgezogen. Behutsam schälte sie den zartrosa Taft aus seiner schützenden Leinenhülle und wickelte ihn ein Stück weit ab, um zu schauen, ob der Farbauftrag auch von Anfang bis Ende gleichmäßig und ohne Flecken war. Sie fand alles zu ihrer Zufriedenheit vor, doch das überraschte Fygen nicht. Sie wusste, dass sich Meister Bachem mit ihrer Seide stets besondere Mühe gab und auch seine Gesellen zu guter Arbeit anhielt, denn er konnte es sich nicht leisten, eine Kundin wie sie zu verärgern oder gar zu verlieren.
    Zufrieden nickte Fygen Bernhard zu, der neben sie getreten war und höflich abwartete, bis sie mit ihrer Begutachtung fertig war.
    »Im Schuppen findest du noch ein Fass Salfor. Du kannst es gleich mitnehmen. Brasil- und Sandelholz kommen Mitte der nächsten Woche. Sag Meister Bachem, dass ich es sofort zu ihm liefern lasse.«
    Sehr gut erinnerte sich Fygen noch an den Tag vor nicht allzu langer Zeit, als der junge Rödermeister sie überraschend in ihrer Werkstatt aufgesucht hatte. Er hatte ein paar hervorragend gefärbte Tuche auf ihrem Pult ausgebreitet und ihr erklärt, dass er sich im Bezirk der Pfarre St. Peter niedergelassen hatte und ihr einen Vorschlag unterbreiten wolle, von dem sie beide profitieren würden. Obwohl er noch recht jung an Jahren wäre, verstünde er sein Handwerk vortrefflich, wie sie sich anhand seiner Muster überzeugen könnte, erklärte er. Es würde ihm jedoch an Kapital fehlen, um die Färbemittel, die er für seine Arbeit benötigte, im Voraus zu bezahlen. Sie als erfolgreiche Seidmechersche hätte ja sicher eine größere Menge Seide, die in Rottönen zu färben wäre, und ob sie nicht selber die Farbstoffe, die er benötigte, um ihre Stoffe damit zu färben, anschaffen und ihm zur Verfügung stellten wolle.
    Wo denn dabei der Nutzen für sie läge, hatte sie von ihm wissen wollen, und er hatte geantwortet, dass es ihr mit Sicherheit zum Vorteil gereichen würde. Denn gewöhnlich stellten die Färber ihren Kunden das Färbemittel mit mehr als ihrem Einkaufspreis in Rechnung. Diesen Betrag würde Fygen einsparen können, und so käme das Färben für sie deutlich günstiger. Und er selber geriete nicht in die Abhängigkeit von Geldverleihern, hatte er mit einem ehrlichen Lächeln hinzugefügt.
    Fygen war beeindruckt gewesen von dem Selbstbewusstsein und der Geschäftstüchtigkeit des jungen Mannes, und so war sie auf seinen Vorschlag eingegangen. Meister Bachem konnte sicher sein, dass Fygen genau kontrollierte, ob er ihre Farbe nicht dafür verwendete, Seide anderer Seidmacherinnen zu färben, doch bis heute hatte er sie noch nicht enttäuscht.
    Bernhard nickte ergeben, und während ihn mehr als ein Augenpaar mit schmachtenden Blicken verfolgte, verließ der ansehnliche Rotfärbergeselle die Werkstatt.
    Fygen eilte zurück in ihr Kontor. Die Arbeit drängte, und die Zeit war knapp, denn heute nach dem Mittagsmahl würde sie zum ersten Mal als Zunftmeisterin an einer Vorstandssitzung des Seidamtes teilnehmen. Vor wenigen Tagen waren sie und eine weitere Frau für ein Jahr zu Zunftmeisterinnen und zwei Herren der Zunft, beide Ehemänner von angesehenen Seidmacherinnen, zu Zunftmeistern gewählt worden. Es war eine große Ehre für sie, und Fygen war gespannt auf die Aufgaben, die sie in diesem Amt erwarteten, doch zugleich bedeutete es eine ziemliche Last, traf sich der Vorstand doch alle zwei Wochen, um über die Belange der Zunft zu beraten, bei Bedarf Beschlüsse zu fassen und ihre Gerichtsbarkeit auszuüben. Zeitlich passte Fygen diese zusätzliche Aufgabe ganz und gar nicht, gab es doch in der Werkstatt viel zu tun. Sie kam seit Jahren nicht mehr dazu, sich selbst an einen Webstuhl zu setzen, es sei denn, um einem Lehrmädchen zu zeigen, wie man die Kammlade gleichmäßig anschlug. Dennoch war die Arbeit nicht weniger geworden. Es galt, die vier Lehrmädchen anzuleiten, den beiden ausgelernten Seidmacherinnen auf die Finger zu schauen, sie zur Arbeit anzuhalten und darauf zu achten, dass die zwei ungelernten Helferinnen keine Gelegenheit nutzten, müßig herumzustehen und zu schwatzen. Rohseide musste in den entsprechend großen Mengen an der Kraut- und Eisenwaage eingekauft und an Seidenspinnerinnen außer Haus gegeben werden. Und nicht zuletzt musste Fygen dafür Sorge tragen, dass die fertig gewebten und gefärbten Seidenstoffe ihre Käufer

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