Die Seidenweberin: Roman (German Edition)
überall herumstapften und den Dreck gründlich im ganzen Haus verteilten. Und sie zeterte erst recht, als die groben Gesellen darangingen, methodisch und genau ihre Werkstatt und ihr Haus zu durchsuchen und jeden Kasten und jede Kiste zu überprüfen. Diese Heimsuchung dauerte eine gute Weile, doch die Männer wussten genau, wonach sie zu suchen hatten. Zimperlich gingen sie bei ihrer Arbeit nicht vor. Eine Lade, die sich nicht ohne weiteres öffnen ließ, wurde grob herausgerissen und der Inhalt, pikanterweise Mettels leinene Unterkleider, auf dem Boden verstreut. »Was für eine Frechheit!«, hallte Mettels Gekeife durch das Haus. »Nehmt sofort eure schmutzigen Pfoten von meinen Sachen«, schnappte sie, doch sie wagte es nicht, sich den Wachmännern in den Weg zu stellen. Die Wachleute jedoch ließen ihre Äußerungen unbeeindruckt.
Dann endlich schienen sie gefunden zu haben, wonach sie gesucht hatten. In der kleinen, kaum genutzten Kammer unter dem Dach förderten sie ein paar burgunderrot gefärbte Ballen Seide zutage, denen zu Mettels Schrecken der städtische Stempel der Stelrever fehlte.
Ohne weiteres Aufheben packten die Männer die wütende Seidmacherin bei den Armen und beförderten sie mitsamt den beschlagnahmten Seidenballen auf die Straße hinaus, um sie den Damen und Herren vom Seidamt vorzuführen.
Meister Bachem erging es ein wenig besser. Trotz der üblen Gerüche, die über dem Viertel der Färber hingen und die in den Werkstätten schier unerträglich waren, nahmen die Wachleute ihre Aufgabe ernst. Gewissenhaft durchsuchten sie jeden Winkel von Meister Bachems Werkstatt. Selbst durch die Hintertür, die zum Bach hinausführte, lugten sie auf ihrer Suche nach Beweisstücken. Die Färber brauchten viel frisches Wasser für ihre Arbeit und hatten sich mit ihren Werkstätten daher praktischerweise am Ufer des Baches angesiedelt. Als Abfallprodukt ihres Schaffens hatten sie eine Menge farbiges Schmutzwasser über, das sie, bequem wie sie waren, wieder in den Bach zurückschütteten. Und so änderte der Duffesbach, von Hermülheim aus Südwesten an Klettenberg vorbei in die Stadt kommend, auf seinem Weg zum Rhein mehrmals seine Farbe. Zunächst nutzten ihn dort, wo er noch recht sauber war, die Wäscher und hinterließen weißgraue, seifige Schaumflocken auf seiner Oberfläche, die sich in den Gräsern und Ranken verfingen, die an seinem Ufer wuchsen. Nach den Wäschern leiteten die Rotfärber ihre Abwässer in den Bach ein und färbten sein Wasser milchig rot, und zum Schluss taten die Blaufärber, die Garne und Tuche mit Waid in allen nur erdenklichen Blautönen einfärbten, das ihrige dazu, dem Bach zu seiner schmutzig violetten Farbe zu verhelfen.
Die Wachmänner stellten auch in Meister Bachems Werkstatt jeden Trog und jeden Bottich auf den Kopf, doch sie fanden keinerlei Beweise. Jedes einzelne Stück Seide, das zum Trocknen auf Gestellen hing, war ordnungsgemäß gesiegelt, und auch alle Tuche, die sie mit langen Stecken aus den großen Bottichen mit Farbe zogen, um sie zu überprüfen, wiesen den Stempel der Stelrever auf. Mit farbverschmierten Händen gaben die Wachleute ihre Suche schließlich auf, doch dessen ungeachtet baten sie Meister Bachem nachdrücklich, der Vorladung des Seidamtes Folge zu leisten. Unter den neugierigen Blicken seiner Nachbarn geleiteten sie ihn schließlich aus dem Haus und in den Regen hinaus, ohne dass er sich zuerst seiner ledernen Schürze hätte entledigen können, die er bei der Arbeit vor den Bauch gebunden trug.
Gut durchweicht erschien der junge Mann vor seinen Anklägern. Die blonden Haare troffen vor Feuchtigkeit, und um seine Füße bildeten sich rötliche Pfützen und breiteten sich auf den Boden von Fygens Kontor aus. Doch der Färbermeister Bachem bestritt standhaft, jemals ungestempelte Seide gefärbt zu haben. »Mein Geschäft floriert, wie einige der Anwesenden hier wohl wissen.« Hier nickte er Fygen höflich zu, doch sie konnte in seinem Gesicht nicht ablesen, ob er sie für seine plötzlichen Unannehmlichkeiten verantwortlich machte. »Ich habe derartige Machenschaften gar nicht nötig.«
Mehr war aus ihm nicht herauszubekommen, und so hieß man die Wachleute, ihn unter Aufsicht zu behalten, während man sich der Seidmacherin Mettel Elner zuwandte.
»Was soll das? Was fällt euch ein, mein Haus zu durchsuchen und mich hierher zu schleppen?«, fauchte Mettel wütend und funkelte in die Runde.
»Nun, wir haben den dringenden Verdacht, dass
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