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Die Seidenweberin: Roman (German Edition)

Die Seidenweberin: Roman (German Edition)

Titel: Die Seidenweberin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Niehaus
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sich aus ihrem Sessel und watschelte zur Tür. »Maria, Veronika, kommt her, ihr beiden. Beeilt euch. Los, los«, rief sie in den dunklen Hausflur hinein.
    Fygen unterdrückte ein Lächeln. Es gehörte zu Magdalenas Aufgaben, genau zu wissen, was in den großen Häusern vor sich ging, um abschätzen zu können, wer wann und welche Art von Arbeitskräften benötigte. Magdalena mochte noch so unbedarft auftreten und albern daherschwätzen, man durfte nicht den Fehler machen, sie zu unterschätzen. Sie war eine exzellente Geschäftsfrau, die genau wusste, von welcher Qualität ihre Leistungen waren. Freilich, ihre Dienste hatten ihren Preis, doch ihre Arbeit war reell. Nie hatte eines der Mädchen, die über Magdalena zu Fygen gekommen waren, mehr als den gewöhnlichen Ärger verursacht.
    Artig knicksten die Mädchen vor Fygen. Sie waren blutjung, hatten sauber gewaschene Gesichter und die Haare sorgsam unter weißen Hauben verborgen. Magdalena achtete darauf, dass die Mädchen stets ordentlich aussahen. Das erhöhte ihren Preis ganz erheblich. Die eine war sogar recht hübsch anzusehen, mit ihrem warmen Teint und dem kleinen Grübchen am Kinn.
    Auch das war ein Punkt, den es in Magdalenas Geschäft zu beachten galt. Wusste sie, dass der Herr des Hauses gerne nach dem Gesinde schaute, achtete sie stets darauf, der Kundin nur mäßig ansehnliche Mädchen anzubieten.
    Wieder verkniff Fygen sich ein Lächeln. Peter stand also nicht in dem zweifelhaften Ruf, registrierte sie amüsiert.
    Magdalena ließ die Mädchen sich um ihre Achse drehen und die Münder öffnen. »Alles in Ordnung. Kerngesund und keine Maulfäule«, attestierte sie.
    Während der ganzen Zeit hatte sich die Frau, die in der Ecke auf dem Boden kauerte, nicht bemerkbar gemacht. Stoisch hatte sie die Planken geschrubbt und nicht einmal den Kopf in ihre Richtung gewandt.
    Fygen wusste nicht, wie es kam, doch einer Eingebung folgend, deutete sie mit dem Kinn auf die Frau auf dem Boden. »Was ist mit ihr?«
    »Die da?« Magdalenas Blick war Fygens gefolgt. »Die ist nichts für Euch. Weiß gar nicht, warum ich sie aufgenommen habe. Die ist zu alt. Hat die Motten und macht es eh nicht mehr lang.«
    Die Frau hatte wohl gemerkt, dass von ihr die Rede war, und hob langsam den Kopf. Sie hatte ein herzförmiges Gesicht, das einmal schön gewesen sein mochte. Nun aber war es verlebt und sprach von einem entbehrungsreichen Leben. Dabei konnte die Frau noch nicht sehr alt sein, kaum ein paar Jahre älter als Fygen selbst. Mager ragten die dünnen Gelenke aus den Ärmeln ihres Kleides hervor.
    »Du, steh auf«, befahl Magdalena ihr schroff.
    Ein wenig unsicher kam die Frau auf die Beine und bedachte Fygen mit einem Lächeln, dem die Schneidezähne fehlten.
    Fygen traf die Erkenntnis bis ins Mark. Sewis! Sewis war zurückgekehrt. Sie mochte wer weiß was für ein Leben geführt haben, aber schließlich war sie doch zurückgekehrt.
    Es kostete Fygen große Anstrengung, sich ihre Freude und Rührung nicht anmerken zu lassen. Abrupt wandte sie sich Magdalena zu und sagte in geschäftsmäßigem Ton: »Wie viel wollt Ihr für die beiden Mädchen haben?«
    »Nun, es sind kräftige junge Dinger. Sehr anstellig und gescheit. Ihr werdet wenig Ärger mit ihnen haben. Ich dachte so an die vier Mark für jede.«
    Der Preis, der hier verhandelt wurde, war der Jahreslohn, den das Mädchen für seine Dienste erhalten würde. Magdalena stand davon ein Viertel Vermittlungsgebühr zu.
    »Vier Mark? Das ist das Höchste, was eine Dienstmagd überhaupt bekommen kann. Die beiden hier sind frisch vom Land. Sie kennen ihre Aufgaben nicht und müssen in allem angelernt werden. Ich gebe Euch höchstens zwei Mark und sechs Schillinge.«
    »Dafür kann ich sie Euch keinesfalls lassen. Die Mädchen haben sich an mich gewandt, weil sie wissen, ich vermittele sie nur an einträgliche Stellen. Aber weil ich weiß, dass sie es gut bei Euch haben werden, sagen wir drei Mark und sechs Schillinge.«
    »Es scheinen anständige Mädchen zu sein, die gut zupacken können, und sie werden viel zu arbeiten bekommen in den nächsten Wochen. Ich mache Euch einen Vorschlag. Ich nehme die beiden zu drei Mark. Und die da nehme ich auch mit.« Beinahe herablassend wies sie mit dem Kinn auf Sewis. »Ich zahle ihr zwei Mark, aber ohne Vermittlungsgebühr.«
    Magdalena war verblüfft über die Wendung, welche die Verhandlung genommen hatte. Ihre wulstigen Lippen bildeten für einen Moment wieder dieses O, das ihre

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