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Die Seidenweberin: Roman (German Edition)

Die Seidenweberin: Roman (German Edition)

Titel: Die Seidenweberin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Niehaus
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der Hochzeit?«, sagte sie.
    Schlagartig erlosch Peters strahlendes Lächeln, und sein Gesicht verdüsterte sich. Für einen Moment huschte ein bitterer Zug um seinen Mund, den er jedoch hastig hinter einer undurchdringlichen Miene verbarg. »Meine Mutter lebt noch. Doch ich wünsche nicht, über meine Eltern zu sprechen«, erklärte er ihr brüsk.
    Betroffen starrte Fygen ihren Mann an. Hatte sie etwas falsch gemacht? Sie würde Katryn fragen, was es mit Peters Familie auf sich hatte. Wenn es da etwas gab, das sie wissen musste, würde sie es schon herausbekommen.
    Peter taten seine schroffen Worte bereits leid. Er blickte sie um Verzeihung bittend an, kam aber nicht mehr auf das Thema zu sprechen, sondern sagte zärtlich: »Komm, kleiner Mösch. Willst du denn gar nicht deine Morgengabe anschauen?« Plötzlich war seine gute Laune wieder da. Eifrig fasste er Fygen bei der Hand und zog sie hinter sich her aus dem Speisezimmer hinaus und die Treppe ins Erdgeschoss hinunter. Von der Eingangshalle gingen zwei Türen ab, und ein Gang führte in die hinteren Räume, zu Küche, Wirtschaftsräumen und in den Hof hinaus. Hinter der einen Tür lag Peters Kontor, wie Fygen sich erinnerte. Hier war sie einst hereingeplatzt, um Katryn ihr angebliches Werkstück zu bringen. Auch Peter schien sich an den Vorfall, der nun bereits Jahre zurücklag, zu erinnern. »Sag, was ich dich immer schon fragen wollte: War es eigentlich wirklich Katryns Werkstück, das du mir da vorgelegt hast?«
    Mit einem verschmitzten Lächeln antwortete Fygen: »Natürlich nicht. Katryn hatte ein wunderschönes Stück Seide gefertigt. Ich selbst habe ihr beim Aufscheren geholfen. Doch Mettel oder Grete, eine von beiden, muss es weggenommen haben. Du weißt ja, wie sie sind. Da bin ich halt eingesprungen.«
    »Und hast mir ein falsches Stück untergeschoben.«
    »Ja.«
    »Du hast mir frech ins Gesicht gelogen!« Peter tat empört.
    »Ja. Marie vom Hühnermarkt hat es mir geborgt. Was sollte ich denn sonst machen?«
    Peter bemühte sich um einen strengen Blick, doch so ganz gelang er ihm nicht. »In der Tat. Was solltest du sonst machen?«
    Wie auf ein Zeichen fingen sie beide an zu lachen.
    »Dafür sollte man dir deine Zunftzulassung aberkennen. Wegen Missachtung eines Herrn vom Seidamt. Ist dir das klar?«
    »Ja, Herr Lützenkirchen«, sagte Fygen und knickste übertrieben artig.
    »Doch die brauchst du noch«, fuhr Peter ein wenig geheimnisvoll fort, öffnete die Tür, die seinem Kontor gegenüberlag, und schob Fygen in den Raum.
    Es war ein geräumiges, helles Zimmer mit großen Fenstern zur Straße hinaus, durch die klares Nordlicht auf zwei nagelneue Webstühle fiel. Peter hatte Fygen als Hochzeitsgeschenk eine eigene Werkstatt eingerichtet. Mit kindlicher Spannung beobachtete er seine Frau und wartete gespannt auf ihre Reaktion. Und die kam sofort. Jauchzend vor Freude fiel Fygen ihm um den Hals. Ihre eigene Werkstatt! Eine größere Freude hätte er ihr nicht machen können.
    »Na los, schau dir dein neues Reich genau an«, forderte er sie auf, und Fygen ließ sich das nicht zweimal sagen. Bewundernd ließ sie ihre Hand über den wunderbar glatt geschliffenen Rahmen eines der beiden Webstühle gleiten. Sie waren aus bestem, abgelagertem Buchenholz gefertigt. In einem Regal lagen ausreichend Schiffchen, Spulen, Scheren. An der Wand lehnten große Packen Seidengarne, bereit zum Verarbeiten. Nichts fehlte. Peter hatte sogar an Leinengarn zum Fertigen von Litzen gedacht. Fygen konnte ihr Glück kaum fassen. Alles war bereit, sie brauchte nur noch loszulegen.
    »Wenn du noch etwas benötigst, so brauchst du es nur Eckert zu sagen, er wird dir alles besorgen«, erklärte Peter.
    Als hätte der Gehilfe auf sein Stichwort gewartet, erschien der gedrungene Mann im Flur. Doch er kam Fygen heute Morgen nicht so angriffslustig vor wie sonst. Zwischen fest zusammengebissenen Zähnen presste er ein »Guten Morgen« hervor.
    »Guten Morgen, Eckert«, begrüßte Peter ihn freundlich.
    »Kann ich Euch kurz allein sprechen, Herr Lützenkirchen?«, zwängte Eckert heraus, ohne Fygen anzuschauen.
    »Von allem, was wir zu besprechen haben, darf meine Frau Kenntnis haben«, sagte Peter ruhig. Es konnte nicht schaden, sogleich klarzustellen, welche Position er seiner Frau zudachte. Sie würde künftig an seiner Seite stehen, ihn in seinen Geschäften unterstützen und während seiner Abwesenheit hier das Regiment führen. Es sollten sich alle im Haus gleich von Anfang an

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