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Die Seilschaft

Die Seilschaft

Titel: Die Seilschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Rausch
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zwei Wochen in der Residenz waren Sie es?»
    «Er saß mir gegenüber. Mehr nicht.»
    «Konnten sie etwas beobachten?»
    «Sie meinen, ob sich zwischen Schwerdt und Petra etwas abgespielt hat?»
    Kilian nickte.
    «Ich sah, wie sich die beiden unterhielten.»
    «Von wem ging die Unterhaltung aus? Ich meine, wer war die treibende Kraft?»
    «Schwer zu sagen. Im Zweifel würde ich auf Schwerdt tippen.»
    «Woraus schließen Sie das?»
    «Das dürfte wohl kaum ein Geheimnis sein. Mittlerweile schreiben die Zeitungen schon darüber.»
    Kilian seufzte. «Klären Sie mich auf. Ich lese die Klatschblätter nicht.»
    Ute Mayer überlegte. Dann: «Haben Sie noch etwas Zeit?»
    «Wenn es der Aufklärung dient? Sicher.»
    Sie gab dem Taxifahrer Anweisung, das Fahrtziel zu ändern. Er brachte sie zu einem Haus, das nicht weit von der Wies’n – dem Festplatz des alljährlichen Oktoberfests – entfernt war. Hier waren neue, zum Teil anonym wirkende Wohnblocks mit viel Stahl und Glas entstanden.
    Sie deutete auf den dritten Stock eines Hauses.
    «Die Wohnung ist auf den Namen einer Silvia Heinrich eingetragen», sagte Ute Mayer. «Sie ist die Cousine von Schwerdts Büroleiter. Allerdings wohnt sie nicht darin. In regelmäßigen Abständen finden sich hier jedoch illustre Gäste ein. Wenn Sie daran interessiert sind, wer sich hier trifft, dann behalten Sie diese Wohnung im Auge. Sie sollten nicht lange warten müssen.»
    Kilian verstand nicht, was Ute Mayer ihm damit sagen wollte.
    «Haben Sie ein wenig Geduld, Sie werden gleich herausfinden, wer Werner Schwerdt in Wirklichkeit ist.»
    Als das Taxi verschwunden war, zündete sich Kilian ein Zigarillo an und ging ein paar Schritte, allerdings nur so weit, wie er die Wohnung im Blick behalten konnte.
    Auf der verkehrsberuhigten Straße waren kaum Passanten unterwegs – hauptsächlich Mütter, die ihren Nachwuchs vom Kindergarten nach Hause brachten. Hier und da ein paar Jungen, die mit ihren Skateboards und BM X-Rädern übten.
    Es wurde langsam dunkel, als Kilian das Warten aufgeben wollte. Da erregte eine Frau seine Aufmerksamkeit. Eiligen Schrittes verschwand sie im Hauseingang, und drei Stockwerke höher ging wenig später das Licht an. Die Fenster wurden gekippt und die Gardinen zugezogen. Die Wohnung schien nicht dauerhaft bewohnt zu sein, dachte Kilian. Ute Mayer könnte recht gehabt haben.
    Auch wenn er von der Straße aus nur ihren Schatten sehen konnte, war sich Kilian sicher, dass diese Frau etwas umtrieb. Ein und ums andere Mal spähte sie zum Fenster hinaus. Kilian zog sich hinter eine Hausecke zurück.
    Zehn Minuten später sollte sich das Rätsel lösen. Mit hochgeschlagener Mantelkrempe kam ein Mann und betrat das Haus. Er öffnete die Tür mit einem Schlüssel und eilte das erleuchtete Treppenhaus hoch.
    Kilian kam aus seinem Versteck hervor. Er hörte die aufgebrachten Stimmen einer Frau und eines Mannes aus der Wohnung nach unten dringen. Die Gardine wurde entschieden zur Seite geschoben, und ein sichtlich aufgebrachter Werner Schwerdt schloss das Fenster.
    Die folgenden dreißig Minuten geschah nicht viel. Die Silhouetten der beiden bildeten sich hin und wieder auf den Gardinen ab.
    Das Licht im Treppenhaus ging an. Schwerdt kam aus der Wohnung und nahm gleich zwei Stufen auf einmal. Ebenso schnell verlor er sich im Dunkel der Wohnanlage. Kilian blickte besorgt nach oben.
    Was war mit der Frau geschehen? Er hörte und sah nichts mehr von ihr. Die beiden hatten zweifellos miteinander gestritten, aber zu Handgreiflichkeiten schien es nicht gekommen zu sein. Andererseits würde diese Frau nicht die Erste sein, die sich aus Liebeskummer etwas antat.
    Er musste auf Nummer sicher gehen und drückte alle Klingelknöpfegleichzeitig. Ein Surren öffnete die Tür. Mit dem schnellen Treppensteigen klappte es nicht so gut. Der Schmerz kehrte bohrend in seine Seite zurück. Die letzten Stufen nahm er als alter Mann. Seine zitternde Hand drückte den Klingelknopf.
    «Was willst du noch?!», schrie ihm eine verzweifelte Frau entgegen. Ihre sorgsam aufgetragene Schminke war durch Tränen weggespült worden, die vormals frisierten Haare hatten sich in Strähnen aufgelöst und fielen ihr ins Gesicht. Dahinter erkannte er verheulte rote Augen.
    «Entschuldigen Sie», schnaufte Kilian, «ich wollte nur sehen, ob alles in Ordnung ist.»
    Überrascht und zornig kam die Antwort.
    «Wer zum Teufel sind Sie?»
    Er zeigte seinen Ausweis.
    «Ich habe sie von der Straße aus

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