Die Seilschaft
beobachtet.»
Sie achtete kaum darauf. «Was wollen Sie?»
Kilian stützte sich an den Türstock. Die drei Stockwerke hatten Kraft gekostet.
«Haben Sie vielleicht ein Glas Wasser für mich?»
Kilians Schwächeanfall war augenscheinlich. Notgedrungen bat sie ihn in die Wohnung und platzierte ihn auf die Couch. Dann verschwand sie in die Küche.
«Wieso haben Sie mich beobachtet?», rief sie herüber.
«Meine Aufmerksamkeit galt eigentlich Werner Schwerdt», antwortete Kilian.
Er blickte sich in der Wohnung um. Ein paar lieblos hingestellte Bücher in einem Regal, ein van Gogh aus einem Einrichtungshaus, eine mit dunklem Leder bezogene Couchgarnitur, am Boden gestapelte Tageszeitungen und politische Magazine. Nichts Persönliches wie ein achtlos hingeworfenes T-Shirt oder ein benutztes Glas.
Sie reichte ihm das Wasser.
«Was wollen Sie von Werner?»
Ein Papiertaschentuch hatte die verschmierte Schminke notdürftig aufgenommen.
«Ich wollte sehen, womit er sich in seiner Freizeit beschäftigt.»
«Blödsinn», entgegnete sie scharf. «Sie sind ihm gefolgt. Warum? Hat er was ausgefressen?»
«Er hat mich belogen.»
Die Frau lachte bitter. «Willkommen im Club.»
«Er sprach davon, dass er ein verheirateter Mann sei und keine außerehelichen Beziehungen führe. Als ich Sie beide nun gesehen habe, war alles klar. Seit wann geht das schon?»
Die Frau seufzte. «Seit ein paar Monaten.»
«Was ist jetzt passiert?»
«Er hat Schluss gemacht.»
«Warum?»
«Er ist ein Feigling, wie ich es mir nie hätte vorstellen können. Und was er mir alles versprochen hat … Ich könnte schon wieder heulen.»
«Was hat er Ihnen denn versprochen?»
«Die Frage sollte lauten: Was hat er mir nicht alles versprochen? Dieser windige, hinterlistige und verlogene Schuft.» Sie schluchzte. «Gleich nach den Wahlen war die Scheidung geplant, anschließend zwei Wochen Seychellen und die gemeinsame Wohnung … Ein neuer Anfang für uns beide. Aber was macht er? Kann nicht die Finger von den jungen Dingern lassen.» Sie heulte ins Taschentuch. «Ich hätte es wissen müssen … ich war gewarnt. Er kann’s einfach nicht lassen, egal, was er dir verspricht. Er ist ein unverbesserlicher Schürzenjäger.»
«Sie wissen also, was in Würzburg passiert ist?»
Sie nickte.
«Mein Mann triumphiert … Er denkt, er habe Werner nun im Kasten. Dabei hat der Trottel überhaupt keine Ahnung,was hinter seinem Rücken gespielt wird. Er glaubt, die Wahl für sich entschieden zu haben … Mein Gott, wenn das rauskommt.»
«Was dann?»
«Dann ist der eine der Hurenbock und der andere der Gehörnte. Schuld hat natürlich keiner von beiden, sondern ich, die treulose Ehefrau, die ihre Schenkel nicht beisammenhalten konnte. Auf mich werden sie sich stürzen und mich fragen, wieso ich meinem Mann in dieser schwierigen Zeit nicht beigestanden habe. Aber keiner will wissen, dass mein Mann ein widerlicher Versager und mein Liebhaber ein treuloser Casanova ist. Keiner wird die Frage nach der Schuld der Männer stellen. Kein Einziger.»
«Ging es darum in Ihrem Streit?»
Sie winkte ab.
«Es interessiert Werner überhaupt nicht, was aus mir wird. Hauptsache, er kommt aus dieser Schweinerei heil heraus. Vor den Wahlen darf kein Sterbenswörtchen an die Öffentlichkeit dringen.»
«Und wenn doch?»
Sie lächelte.
«Dann ist es vorbei mit ihm und seiner verdammten Karriere. Plopp macht dann die Seifenblase, und weg ist er.»
«Wie es scheint, weiß jeder schon darüber Bescheid.»
«Bisher sind es nur Gerüchte. Es gibt keine Beweise, ob Werner tatsächlich mit dieser kleinen Schlampe zusammen war. Ein voreiliger Schuss kann auch nach hinten losgehen.»
«Hat er Ihnen die Wahrheit gestanden?»
Sie blickte ihn argwöhnisch an.
«Das geht Sie nichts an.»
«Ich ermittle in einem Mordfall.»
«Werner mag ein Lügner, Betrüger und Schürzenjäger sein, aber er ist kein Mörder.»
«Dennoch ist Petra Bauer zuletzt in seiner Begleitung gesehen worden.»
«Ist das ihr Name?»
Kilian nickte.
«Egal», fuhr sie fort, «Werner mag seinen Spaß mit ihr gehabt haben, aber getötet hat er sie nicht. Dazu ist er nicht fähig.»
«Sie würden sich wundern, wozu Menschen in der Lage sind, wenn sie in die Enge getrieben werden.»
«Nicht Werner.»
Seltsam, diese Frau, dachte Kilian. Selbst jetzt nahm sie ihn noch in Schutz. Er wechselte das Thema.
«In dieser Wohnung haben Sie sich getroffen?»
Sie schaute sich angewidert um.
«Ich
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