Die Seilschaft
sein.»
«Aber ein Blitzlicht müssen Sie doch bemerkt haben.»
«Haben Sie eine Ahnung, wie viele Fotos hier gemacht werden? Japaner, Amerikaner, Italiener … Wenn die Touristen und Geschäftsleute beisammensitzen und etwas trinken, dauert es keine zehn Minuten, bis die ersten Fotos gemacht werden. Ich kann nicht auf jedes Blitzlicht achten.»
Kilian stimmte zu. «Richtig, aber in jener Nacht war es doch schon spät. Sie sagten, dass Schwerdt und Petra Bauer die letzten Gäste waren.»
«Zumindest unter den letzten Gästen.»
«Es können also noch andere hier gewesen sein?»
Der Barmann seufzte. Er tat sich schwer, den Abend vor zwei Wochen zu erinnern.
«Möglich, ich weiß es einfach nicht mehr.»
Kilian ging auf ihn zu.
«Versuchen Sie es», sagte er beschwörend. «Es ist wichtig.»
Sosehr sich der Barmann auch bemühte, es wollte ihm nichts einfallen. Da kam Kilian eine Idee.
«Welche Drinks gingen in die Sitzecke? War etwas Auffälliges dabei?»
Barleute sahen nicht nur die Welt anders, sie erinnerten auch anders.
«Stimmt», sagte er, «es gab eine sonderbare Bestellung. Ein
Haute Couture –
Brandy, Bénédictine, Crème de Cacao und Eiswürfel. Ein typischer Frauendrink. Wird eigentlich nur in den Großstädten getrunken. Bevorzugt von Frauen mit den Sternzeichen Fische und Widder, in Ausnahmefällen trinken ihn auch Männer, die im Sternzeichen Zwillinge, Waage oder Krebs geboren sind.»
Kilian verstand nicht.
«Was hat das mit den Sternzeichen auf sich?»
«Wenn man aus Horoskopen herauslesen kann, welche Eigenschaften ein Mensch hat, der unter einem bestimmtenSternzeichen geboren ist, dann kann man auch eine Aussage zu seinen favorisierten Getränken treffen.»
Die Logik war nicht von der Hand zu weisen, sofern man dem ganzen Hokuspokus Glauben schenkte.
«War es demnach ein weiblicher oder männlicher Gast?»
«Ich tippe auf eine Frau.»
«Haben Sie ihr den Drink an den Tisch gebracht?»
«Schon möglich.»
«Konnten Sie die Frau erkennen?»
«Hören Sie, ich vermute, dass es eine Frau gewesen ist, aber ich kann es nicht mit Sicherheit sagen. Am besten fragen Sie die Vroni.»
«Wer ist Vroni?»
«Unsere Auszubildende. Sie räumt die Gläser ab, macht die Aschenbecher sauber und füllt die Snacks auf. Sie könnte sie gesehen haben.»
«Wo kann ich diese Vroni finden?»
«Schauen Sie mal in der Wäschekammer vorbei.»
Kilian ließ sich den Weg beschreiben und ging los. Nachdem er die Lobby hinter sich gelassen hatte, betrat er eine gänzlich andere Welt. Hier herrschte Geschäftigkeit und Anspannung – einem verborgenen Maschinenraum gleich, der die heile Welt eines Hotels in Gang hielt. Nur kurz trafen ihn die fragenden Blicke der Angestellten. Gast, Lieferant oder Mitarbeiter? Niemand hatte Zeit, auf die Antwort zu warten.
Über eine Treppe gelangte er ins Untergeschoss. Nun fand er sich in einem Labyrinth von Gängen und Kammern wieder. Von irgendwoher strahlte es warm. Am Heizungsraum vorbei sollte er sich links halten, dann stieße er unweigerlich auf die Wäschekammer, hatte der Barmann gesagt.
Kilian folgte den Anweisungen, was nicht leicht war. Die Beleuchtung war knapp und die Gefahr, sich zu verlaufen, trotz der Wegbeschreibung überraschend groß.
Wie sollte man sich hier unten zurechtfinden? Ein Wäschewagen, der im Halbdunkel eines Gangs verlassen stand, brachte ihn auf die richtige Fährte. Er klopfte an die Tür.
«Ist hier jemand?»
Statt einer Antwort öffnete sich die Tür, und eine junge Frau in der Uniform des Hotels stand vor ihm. Sie reichte ihm bis zur Brust, hatte dunkle halblange Haare und mochte noch keine zwanzig Jahre alt sein. Ihr Namensschild wies sie als Veronika aus.
«Kann ich Ihnen helfen?», fragte sie, unschlüssig, ob es sich bei Kilian um einen Mitarbeiter oder Lieferanten handelte. Einen Gast erwartete sie hier unten nicht.
«Mein Name ist Johannes Kilian, Kripo Würzburg. Ich würde Ihnen gern ein paar Fragen stellen.»
Teils erleichtert, dass es niemand aus dem Management war, aber auch unsicher, was dieser Kommissar von ihr wollte, bat sie ihn in den Raum. Hier sammelte sich die schmutzige Bettwäsche der Hotelgäste, gleich neben den fein säuberlich aufgereihten Stapeln frischer Laken und Bezüge. In der Mitte des Raums standen ein Bügelbrett und ein Stuhl.
Kilian wies sie an, sich zu setzen. Er schilderte ihr den Grund für seine Nachforschungen, dann fragte er sie direkt.
«Können Sie sich an den Gast
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