Die Seilschaft
Bescheid zu wissen.»
«Üble Nachrede. Das ist bei einem Mann in seiner Position nicht überraschend.»
«Ich habe mit ihr gesprochen.»
«Mit wem?»
«Er unterhält ein Liebesnest in der Nähe der Wies’n. Dort habe ich seine Geliebte getroffen und mit ihr gesprochen.»
«Sie müssen sich irren. Werner Schwerdt ist über jeden Zweifel erhaben. Wenn er sagt …»
Ein energisches Klopfen an der Tür unterbrach Klein.
«Was ist?!», blaffte Klein Sabine, Kilians Sekretärin, an.
«Entschuldigen Sie, aber das sollten Sie sich ansehen.»
Sie eilte zum Schrank und schaltete den Fernsehapparat an. Gleich der erste Kanal brachte die Meldung des Tages.
Enthüllungsfotos aufgetaucht.
Sie zeigten Werner Schwerdt in intimer Umarmung mit Petra Bauer an der Hotelbar, in der Lobby und vor seinem Zimmer.
Klein glaubte seinen Augen nicht zu trauen.
«Das darf doch nicht wahr sein.»
Vor der Münchner Parteizentrale drängten sich die Reporter. Einer sprach in die Kamera.
«Bei der Frau handelt es sich um die vor zwei Wochen verschwundene Petra Bauer, die inzwischen tot in einem Waldstück bei Würzburg aufgefunden worden ist. Nach bisherigem Wissensstand scheint es keinen Zweifel an der Echtheit der Aufnahmen zu geben, und das bringt den Generalsekretär und mit ihm die gesamte Partei in Erklärungsnot. Denn auf den Bildern ist der Zeitstempel der Kamera zu sehen. Demnach wurden die Aufnahmen in der Nacht des Verschwindens von Petra Bauer gemacht …»
«Das ist ein Fiasko», klagte Klein und rieb sich die Stirn.
Kilian hingegen fühlte sich bestätigt.
«Schwerdt verschweigt mehr, als er preisgibt. Wir sollten uns schnell etwas einfallen lassen, bevor uns der Vorwurf der Begünstigung gemacht wird.»
Klein nickte zustimmend.
«Die Zeit der Samthandschuhe ist mit diesen Fotos vorbei. Wir müssen handeln. Bereiten Sie eine Presseerklärung vor.»
Kilian reichte die Anweisung an Sabine weiter.
«Und, was soll dadrin stehen?», fragte sie ratlos.
«Das Übliche», beschied Kilian, «dass wir die Fotos sehr ernst nehmen und sie erst mal auf Echtheit überprüfen, bevor wir sie kommentieren.»
«Aber der Reporter …»
«Wir stellen unsere eigenen Nachforschungen an», bestimmte Klein. «Das verschafft uns Zeit.»
«Lange wird sich die Presse nicht damit zufriedengeben», fügte Kilian hinzu.
«Deshalb müssen wir schnell sein. Ich bestelle Schwerdt zur Vernehmung nach Würzburg.»
Wieso nicht früher? Jetzt bekam der Fall endlich Hand und Fuß.
Doch mehr als die kompromittierenden Fotos interessierte Kilian die Frage, wer die Aufnahmen gemacht hatte. Dieser Jemand musste wissen, was in jener Nacht mit Petra Bauer passiert war. Er war vor Ort gewesen.
Warum war jemand Werner Schwerdt und Petra Bauer gefolgt, und warum hatte er kompromittierende Aufnahmen von den beiden gemacht?
Ging es hier um Erpressung?
Wieso dann der Mord an Petra Bauer?
Das ergab keinen Sinn. Wenn die Erpressung Werner Schwerdt galt, dann hätte Petra Bauer nicht sterben müssen. Und wieso waren die Aufnahmen der Presse zugespielt worden? Dadurch war jeglicher Erpressungsversuch zunichtegemacht.
Hier stimmte etwas nicht.
Schwerdts Geliebte fiel ihm ein. Hatte sie wahr gemacht, womit sie gedroht hatte? Den Verdacht des Ehebruchs auf die tote Petra Bauer zu lenken, damit sie im Dunkeln blieb?
Zuzutrauen war es ihr.
Teile und herrsche.
Das waren ihre Worte gewesen. Aber das hieße, dass sie die Fotos gemacht hatte oder zumindest Zugriff darauf besaß.
Kilian musste dem heimlichen Fotografen auf die Schliche kommen. Er war der Dreh- und Angelpunkt in diesem Mordfall.
10
Die Fotos waren ein Desaster für die Partei.
Der Generalsekretär Werner Schwerdt war damit politisch nicht mehr zu halten, egal, ob er in die Mordsache verstrickt sein sollte oder nicht. Er war in der Nacht ihres Todes mit einem Mordopfer zusammen gewesen. Das reichte vollkommen aus, um ihn in ein zweifelhaftes Licht zu rücken. Vom Ehebruch mit einer sündhaft jungen Frau ganz zu schweigen.
In den nächsten Umfrageergebnissen, die die Meinungsforschungsinstitute vor der Wahl in wöchentlichen Abständen veröffentlichten, würde die Partei zwei bis drei Prozent verlieren. Vergleichbare Fälle aus der Vergangenheit hatten das gezeigt.
Noch einmal zwei bis drei Prozentpunkte weniger als das ohnehin katastrophale Abschneiden der Partei bei den letzten Wahlen?
Es musste ganz schnell etwas passieren.
Hilde Michalik schaltete den Fernseher aus, als das
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