Die Seilschaft
gerufen.»
Kilian ging wieder in die Hocke. «Wieso? Was war geschehen?»
«Sie hatten eine Riesensauerei veranstaltet. Gläser waren umgeworfen, leere Flaschen lagen auf dem Teppich, und das Laken war blutig.»
«Blutig wovon?»
«Nicht das, was Sie denken. Diese Frau war bestimmt keine Jungfrau mehr oder hatte ihre Tage. Nein, er hatte sie irgendwie verletzt.»
«Womit und wo?»
«Ich weiß es nicht. Sie blutete, glaube ich, aus Mund undNase. Wahrscheinlich hatte er sie geschlagen. Ich sollte den ganzen Schmutz beseitigen und neue Bettwäsche aufziehen.»
«Hat Petra Bauer Anstalten gemacht zu flüchten, als Sie das Zimmer betraten?»
Vroni verneinte. «Sie zog sich ins Badezimmer zurück.»
«Hatte sie Angst vor ihm?»
«Kann ich nicht sagen. Aber sie hätte jede Chance gehabt zu gehen, als ich da war.»
«Das heißt, Petra Bauer blieb freiwillig?»
«Ich nehme es an.»
«Gut, was passierte dann?»
«Ich wechselte die Laken, sammelte die zerbrochenen Gläser und Flaschen zusammen, und danach forderte er mich auf zu gehen.»
«Haben er und Petra Bauer miteinander gesprochen, als Sie noch im Zimmer waren?»
«Ja, ich hörte sie im Badezimmer miteinander streiten.»
«Worum ging es?»
«Ich habe nicht viel verstanden. Es muss um die Partei gegangen sein. Er machte ihr Vorwürfe und sie ihm.»
«Weiter.»
«Nichts weiter. Das war alles. Ich ging dann wieder nach unten.»
«Ist in jener Nacht noch etwas geschehen?»
«Nicht dass ich wüsste.»
«Um wie viel Uhr waren Sie auf dem Zimmer gewesen?»
«So gegen vier.»
«Und danach haben Sie sie nicht noch einmal gesehen?»
«Nein.»
«Jemand anderes vielleicht? Der Mann an der Rezeption?»
«Zwischen drei und sechs Uhr morgens ist die tote Zeit. Würde mich wundern, wenn da noch jemand ganz bei der Sache war. Zumal das Wochenende uns alle sehr angestrengthatte. Wir waren wegen der Parteiveranstaltung ausgebucht, und es gab viel zu tun.»
«Was geschah am nächsten Morgen? Waren Sie nochmals auf seinem Zimmer?»
«Es gab keinen Grund dafür.»
«War jemand anderes im Zimmer?»
«Das Zimmermädchen, nehme ich an.»
«Wann war das?»
«Während des Frühstücks, so gegen acht Uhr.»
«Und sie hat nichts Ungewöhnliches festgestellt?»
«Nicht dass ich wüsste.»
«Das heißt, Petra Bauer hatte um diese Uhrzeit das Zimmer bereits verlassen?»
«Möglich. Ansonsten wäre das Zimmermädchen später noch einmal gekommen.»
«Wie kann ich das überprüfen?»
«Indem Sie mit ihr sprechen. Wer an diesem Morgen Dienst hatte, erfahren Sie in der Personalabteilung.»
Kilian bedankte sich. Genau das würde er tun.
«Wo waren Sie in der betreffenden Nacht? Ich meine, zwischen vier und sechs Uhr.»
Vroni lächelte. «Hier natürlich. Ich hatte Dienst, between the sheets.»
12
«… werden die Stimmen, die einen sofortigen Rücktritt des Generalsekretärs fordern, immer lauter. Selbst in der eigenen Partei bröckelt die Unterstützung.»
Kilian hatte bei der Wahl des Taxis Glück gehabt. Der Fahrer war ein junger Mann mit Rastazöpfen und guter Laune. Die Nachrichten des Radios liefen nur für die Fahrgäste, während er seinem iPod lauschte.
Welches Schicksal dem Freistaat mit der drohenden Demission Werner Schwerdts auch beschieden war, die jamaikanischen Rhythmen waren ihm offensichtlich wichtiger. Entweder war er derartige Affären aus seinem Herkunftsland gewohnt, oder der drohende Wechsel in der Führungsmannschaft der Partei kümmerte ihn schlicht nicht.
Interessierte denn Schwerdts Schicksal sonst irgendjemanden im Freistaat, der nicht in die Geschicke der Partei eingebunden war?
Kilian hegte Zweifel. Der Graben zwischen Volk und Regierung schien tief und unüberwindbar. Die unsäglichen Affären, Lügen und Betrügereien, mit denen sich die Politiker in den letzten Jahren straflos aus der Verantwortung gestohlen hatten, hatten das Band zerschnitten.
Machtlos hatten sie mit angesehen, wie ein Skandal auf den anderen gefolgt war und deren Urheber gar noch mit einer fetten Pension davonkamen. Auf die anfängliche Empörung und das spätere Misstrauen war das Desinteresse gegenüber jedwedem politischen Versprechen gefolgt. Die Meinungsforschungsinstituteprophezeiten vierzig Prozent und mehr Nichtwähler.
«Zwölf Euro achtzig», sagte der Taxifahrer, als er auf dem Parkplatz vor der Kripo am Weißenburger Platz den Wagen stoppte. «Werden Sie von denen erwartet?», fügte er mit Verweis auf die Medienleute hinzu, die sich am
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