Die Seilschaft
ist. Er müsste wissen, ob die Bilder in jener Nacht gemacht wurden.»
Kilian packte die Aufnahmen ein und machte sich auf den Weg. Es war später Nachmittag. Die Mitarbeiter der Hotelbar könnten schon vor Ort sein.
Als er die Hotellobby betrat, musste er feststellen, dass nicht nur das Personal bereits bei der Arbeit war, sondern auch die Kamerateams. Rund um die Bar waren Scheinwerfer und Mikrophone aufgebaut. Im Zentrum stand der Barmann, an seiner Seite eine Frau. Sie bestimmte, wer Fragen stellen durfte. Vermutlich gehörte sie der Geschäftsleitung an und war der unerwarteten Medienpräsenz in ihrem Haus nicht abgeneigt.
Kilian hielt sich wohlweislich im hinteren Teil des Raums auf. Von hier aus konnte er alles verfolgen, ohne aufzufallen.
Während der Barmann Altbekanntes wiederholte, betrachtete er die Bilder in seiner Hand.
Von wo aus waren sie geschossen worden?
Wer war der geheimnisvolle Fotograf gewesen? Er würde wissen, was in jener Nacht geschehen ist.
An der Beantwortung dieser Frage schien keiner der Reporter interessiert zu sein. Stattdessen konzentrierten sie sich auf Geschmacklosigkeiten, Vermutungen und auf manche Unterstellung. Schwerdts Liebesabenteuer war willkommenes Futter für den Boulevard.
Kilian machte eine Sitzecke aus, von der aus die Aufnahmengeschossen worden sein konnten. Der Winkel stimmte, und wenn der Barmann nicht völlig blind war, hätte er den Fotografen sehen müssen. Gleich wenn der Medienauflauf vorüber war, würde er ihn damit konfrontieren. Und er musste nicht lange darauf warten.
Auf das erste Klingeln eines Handys folgte ein zweites und darauf das nächste. Ein Scheinwerfer nach dem anderen erlosch, als die Nachricht von der Ankunft Werner Schwerdts in Würzburg die Runde machte.
Wieso erfuhr Kilian das als Letzter?
«Ich habe keine Ahnung, wer das hinausposaunt hat», sagte Sabine am Telefon. «Irgendjemand in der Inspektion muss es der Presse gesteckt haben.»
«Ist auch egal», antwortete Kilian. «Ich bin in einer halben Stunde da. Lass bis dahin niemanden mit Schwerdt reden.»
Sabine versprach es.
Als der letzte Pressemann die Bar verlassen hatte und wieder Ruhe eingekehrt war, trat Kilian an den Tresen. Er legte ein Foto nach dem anderen darauf.
«Können Sie mir bestätigen, dass diese Aufnahmen in jener Nacht gemacht wurden, als Werner Schwerdt und Petra Bauer Gast in Ihrer Bar waren?»
Der Barmann schaute kurz darüber. «Ja, eindeutig. Außerdem habe ich das der Polizei schon gesagt.»
«Lassen Sie den Zeitstempel mal außen vor. Er könnte gefälscht sein. Ich benötige eine Bestätigung, dass diese Aufnahmen tatsächlich aus der betreffenden Nacht stammen und nicht aus einer anderen.»
«Der Zeitstempel ist mir egal», antwortete er, «aber nicht der Crown Royal.»
«Was meinen Sie?»
Sein Finger wies Kilian auf die Bestückung seiner Bar hin, die in jener Nacht eine bestimmte Anordnung hatte.
«Jeder Barmann richtet seinen Arbeitsplatz so her, wie er es haben will. Ich habe meine Whiskys links oben stehen, beginnend mit Scotch, dann Malt und schließlich die Bourbons. Mein Kollege macht es genau anders herum. Und wie Sie auf der Aufnahme sehen, fehlt ganz links der Crown Royal.»
«Ich verstehe nicht.»
«Der Crown Royal ist ein Whisky aus Kanada, der von Amerikanern gern getrunken wird. Seit die amerikanischen Streitkräfte aus Würzburg abgezogen worden sind, wird er nicht mehr oft nachgefragt, gehört aber dennoch zur Standardbestückung. Jeder Barmann achtet darauf, dass er nicht ausgeht. In den vergangenen Wochen ist das aber leider trotzdem einmal vorgekommen, und das war just in jener Nacht.»
Kilian war dieses Detail entgangen, obwohl er sich sein halbes Leben in Bars herumgetrieben hatte.
«Der Nachschub lagert im Keller», fuhr der Barmann fort. «Es war schon spät in dieser Nacht, und ich war allein. Also dachte ich, ich fülle das Regal erst am nächsten Tag wieder auf.»
Jetzt verstand Kilian. Barleute sahen die Welt mit anderen Augen.
«Demnach halten Sie die Aufnahme für authentisch.»
«Hundert pro.»
«Wissen Sie, wer die Bilder gemacht hat?»
Der Barmann lächelte müde. «Das kann ich beim besten Willen nicht sagen.»
Kilian stieg vom Hocker und begab sich in die betreffende Sitzecke. «Dem Winkel nach zu urteilen, muss der Fotograf hier gesessen sein. Sie müssten ihn eigentlich gesehen haben.»
«Möglich.»
«Es war ziemlich dunkel. Er muss ein Blitzlicht verwendet haben.»
«Kann
Weitere Kostenlose Bücher