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Die Seilschaft

Die Seilschaft

Titel: Die Seilschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Rausch
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unerwidert.
    «Kann ich irgendwie helfen?»
    «Wie ich schon sagte, geben Sie ihm und sich etwas Zeit. In vier bis fünf Wochen hat sich die Situation entschärft.»
    Kilian stimmte zu. Was blieb ihm auch anderes übrig. Andererseits: «Kann ich ihn sehen?»
    Der Arzt schwankte zwischen Verärgerung und Zurückweisung. Er überlegte es sich besser. «Sie geben wohl nie auf?»
    «Nicht, solange noch eine Chance besteht.»
    «Die Patienten befinden sich in der Pause. Ich glaube, Herr Heinlein ist in den Garten gegangen. Sie können ihn nicht sprechen, aber vom Fenster aus sehen, wenn Sie wollen.»
    Kilian willigte ein und folgte ihm durch die Schranke an eine Fensterreihe, von wo er auf den Klinikgarten blicken konnte. «Machen Sie bitte nicht durch Winken oder Klopfen an die Scheibe auf sich aufmerksam», mahnte der Arzt.
    Kilian versprach es.
    Die im Hang des Schalksbergs gelegene Anlage war rundumdicht bewaldet, sodass er fürchten musste, Heinlein nicht ausmachen zu können. Doch die Sorge war unbegründet. Er fand ihn auf Anhieb.
    Heinlein schlenderte über das Grün, pflückte ein Blatt vom Baum, legte es zwischen seine gefalteten Hände und pfiff darauf, wie sie es als Kinder getan hatten. Er wirkte entspannt und ruhig.
    Kilian überkam ein zufriedenes Gefühl. Ja, der Arzt hatte recht. Es war besser, wenn er Heinlein in dieser neuen Welt nicht störte. Sie war frei von Familienstress, Krediten und dem Erfolgsdruck eines Ersten Kommissars.
    «Ihr Bruder?», fragte unvermittelt ein Mann neben ihm.
    Kilian wandte sich ihm zu. «Nein, ein Freund.»
    «Ich glaube, ich kenne ihn.»
    «Woher?»
    «Ist er nicht bei der Kripo Würzburg?»
    «Ja.»
    Der Mann nickte und schwieg.
    Kilian wiederholte seine Frage. «Woher kennen Sie ihn?»
    «Wir waren zusammen auf der Polizeischule.»
    Ein Kollege also. Dieses Aufeinandertreffen hätte er gern vermieden.
    «Keine Sorge», sagte der Mann, «ich bin nicht mehr bei dem Verein.»
    «Was ist geschehen?»
    «Eine dumme Sache. Wir wurden zu einer Schlägerei gerufen. Ich wurde mit einem Messer schwer verletzt.»
    «Und dann?»
    «Habe ich beschlossen, dass es Zeit ist aufzuhören.»
    Kilian stimmte ihm wortlos zu. Der Unbekannte hatte rechtzeitig die Reißleine gezogen.
    «Was führt Sie heute hierher? Spätfolgen?»
    «Nein, die habe ich hoffentlich hinter mir.»
    Er zeigte nach vorn auf den Wald. Ein junger Mann saß auf einem Stein und ließ sich die späte Sommersonne ins Gesicht scheinen.
    «Mein Sohn. Er glaubte, sich oder mir etwas beweisen zu müssen.»
    «Was ist mit ihm passiert?»
    Der Mann seufzte.
    «Er war in Kundus. Seitdem erkenne ich ihn nicht wieder.»

15
    Die Liste umfasste sechsunddreißig Namen.
    Schneider hatte sie überprüft. In der Mehrzahl waren es Senioren, die die Waldhütte für eine Geburtstagsfeier oder einen Hochzeitstag gemietet hatten. Seiner Ansicht nach waren die Rentner unauffällig und in der Befragung widerspruchsfrei.
    Die anderen Mieter waren laut Angaben des Besitzers der Hütte junge Leute, die in der Abgeschiedenheit des Gramschatzer Waldes mal so richtig auf den Putz hauen wollten.
    «Ist einer von denen schon mal straffällig geworden?», fragte Kilian.
    Schneider pickte einen heraus. «Diebstahl und Handel mit geklauten Handys.»
    Ein anderer war ein Randalierer, ein Dritter hatte sich der Urkundenfälschung schuldig gemacht.
    «Nicht gerade das, wonach wir suchen», sagte Kilian.
    Er überflog die Liste nach bekannten Namen. Ergebnislos.
    «Niemand dabei, der eine Verbindung zu Petra Bauer hatte?»
    «Indirekt», antwortete Schneider.
    Er zeigte auf einen Namen.
    «Dieser Lutz Bender ist Mitglied in der gleichen Jugendorganisation der Partei wie Petra Bauer. Er hatte die Hütte vor zwei Monaten für ein Wochenende gemietet.»
    «Hast du schon mit ihm gesprochen?»
    Schneider verneinte.
    «Den übernehme ich. Sonst irgendwas?»
    «Der Bericht der Techniker ist eingetroffen.»
    «Was besagt er?»
    «Viele nicht zuordenbare Fingerabdrücke, Haare und was man sonst so verliert. Die Hütte scheint lange nicht mehr richtig sauber gemacht worden zu sein.»
    «Und das Türschloss?»
    «Außer der normalen Abnutzung keine auffälligen Kratzspuren. Der Mörder muss einen Schlüssel benutzt haben. Allerdings ist es keine große Kunst, davon ein Duplikat herzustellen.»
    Er zeigte Kilian den Schlüssel. Es war einer von der Sorte, wie er vor fünfzig Jahren bei Omas Haushaltstruhe zum Einsatz gekommen war.
    «Jeder Schlüsselladen macht dir so

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