Die Seilschaft
würde.»
«Wenn er zuvor abgereist ist, weiß er noch nichts davon.»
«Danach sah es aber bei seinem Treffen mit Schachtner nicht aus. Ich wette, dass die beiden sich hier verabredet hatten.»
«Wozu?»
«Weiß der Himmel. Keine Ahnung. Finde seine Handynummer heraus und ruf ihn an. Ich habe ein komisches Gefühl bei der Sache.»
Ein Hotelangestellter, der einen Essenswagen vor sich herschob, kam ihnen entgegen. Er machte auf halbem Weg halt und klopfte an eine Tür. Sie wurde von einer übernächtigten Sandra Wagner geöffnet. Im Hintergrund saß Ute Mayer am Tisch, den Kopf auf die Hände gestützt, als hätte sie eine schlechte Nachricht erhalten.
«Das trifft sich gut», sagte Kilian. «Ich habe Sie beide gesucht.»
Sandra Wagner war in einen Bademantel gehüllt. An ihren Füßen trug sie Badeschlappen. Anders als noch vor ein paar Tagen, als Kilian sie hinter dem Dom getroffen hatte, kam sie ihm jetzt noch kleiner vor, im eigentlichen Sinne zierlich.
«Das kommt ungelegen», antwortete sie und deutete auf ihre Nachtgarderobe hin, «wie Sie sehen, sind wir noch nicht gesellschaftsfähig.»
«Sie sind nicht die ersten Frauen, die ich im Bademantel sehe.»
Kilian und Schneider traten ein. Ute Mayer schaute aus verheulten Augen die beiden Kommissare an. Im nächsten Augenblick hatte sie nichts Eiligeres zu tun, als die vor ihr ausgebreiteten Unterlagen hastig einzusammeln und in einer Akte verschwinden zu lassen.
Kilian erspähte Fotokopien und Bilder, die sie Hand in Hand mit einer Frau zeigten. Auf einem Bild lag sie mit ihr im Bett.
«Was ist das?», fragte Kilian.
«Nichts, was Sie in irgendeiner Weise etwas angeht», antwortete sie bissig.
«Wenn es das ist, was ich vermute, dann scheint nun jemand den Spieß umzudrehen.»
«Sie irren sich.»
«Vor ein paar Stunden hielt ich noch die gesammelten Beweise für Schachtners unrühmliche Vergangenheit in den Händen, und nun sehe ich Ähnliches von Ihnen.»
«Daran ist nichts unrühmlich, sondern nur gemein und hinterhältig.»
«Darf ich es sehen?»
«Nein.»
«Die Unterlagen könnten Teil einer Mordermittlung sein.»
«Lassen Sie sich was Besseres einfallen.»
«Nun gut», sagte er und setzte sich neben ihr an den Tisch. «Wie wär’s, wenn Sie mir endlich erzählen würden, was hier gespielt wird.»
«Wie ich schon sagte, es geht Sie nichts an.»
«Genug», erwiderte Sandra Wagner unvermittelt. «Komm, sag’s ihm. Er gibt ohnehin keine Ruhe.»
Ute Mayer schaute sie vorwurfsvoll an, aber Sandra Wagner nickte ihr auffordernd zu.
«Bringen wir es endlich hinter uns. Früher oder später kommt es eh heraus.»
Schweren Herzens öffnete sie die Akte und zeigte Kilian den Inhalt. Wie auch bei Schachtner waren viele fotokopierte Seiten darunter, aber auch intime Aufnahmen.
«Das hat mir jemand letzte Nacht zukommen lassen.»
«Wer ist
jemand
?»
«Ich weiß es nicht. Es lag vor meiner Tür. Jemand klopfte, und als ich öffnete, war er verschwunden.»
Erneut wurde Kilian mit Unterlagen konfrontiert, aus denen er nichts herauslesen konnte.
«Sagen Sie mir, worum es sich hierbei handelt.»
Sie nahm die obenliegenden Seiten zur Hand.
«Das ist eine von mir erstellte Expertise über ein Joint Venture von Biogas und einem asiatischen Investor.»
«Ja und?»
«Ich habe den Vorgang nach bestem Wissen und Gewissen bearbeitet. Meine Informationen erhielt ich von einem der Partei nahestehenden Förderer – einem wichtigen Mann, der viel Geld in unseren Wahlkampf investiert. Leider waren die Informationen alle zu seinem Vorteil gefälscht und der asiatische Investor längst pleite.
In den Ausschüssen wurde bereits über eine Beteiligung des Freistaats in Höhe von fünfhundert Millionen Euro an dem Vorhaben diskutiert, als ich einen Wink bekam. Natürlich habe ich meine Expertise sofort zurückgezogen, und wir kamen mit einem blauen Auge davon. Aber da interessierte sich natürlich niemand mehr für unseren feinen Förderer. Ich hätte die Verantwortung allein tragen müssen.»
«Es wäre dann das Gleiche passiert wie zu Beginn der Finanzkrise?»
«Richtig. Der Freistaat hätte eine halbe Milliarde Euro einem Bankrotteur hinterhergeworfen.»
«Nicht gerade eine Empfehlung.»
«Eine Blamage sondergleichen und das Ende meiner politischen Karriere.»
Kilian blätterte weiter.
«Was ist das hier?»
«Die Mitschrift eines Telefonats.»
«Was hat es damit auf sich?»
Ute Mayer winkte ab.
«Eine private Angelegenheit, über die ich nicht
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