Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Seilschaft

Die Seilschaft

Titel: Die Seilschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Rausch
Vom Netzwerk:
gehören sozusagen zu den Gründungsvätern.»
    «Das ist aber auch schon alles an Gemeinsamkeit», sagte Ute Mayer. «Werner und ich können uns seit der Kindheit auf den Tod nicht ausstehen. Er ist auf einem völlig anderen Planeten zu Hause als ich.»
    «Wieso haben Sie diese Verbindung nicht schon früher erwähnt?», fragte Kilian.
    «Weil sie nichts zur Sache tut. Wir sind zufällig miteinander verwandt. Nichts weiter.»
    Kilian erhob sich. Er ging zum Fenster. Draußen brach der Morgen an. Die Krankenwagen waren bereits vom Hof verschwunden, nur die Feuerwehrleute packten noch ihre Ausrüstung zusammen.
    «Werner Schwerdt ist seit der letzten Nacht verschwunden», sagte er trocken. «Niemand weiß, wo er steckt.»
    «Hat er schon ausgecheckt?», fragte Ute Mayer.
    «Laut Rezeption, ja. Leider hat ihn niemand persönlich dabei gesehen.»
    «Dann hat er seine Niederlage hoffentlich eingesehen und lässt uns in Frieden arbeiten.»
    «Kann sein   …»
    Er gab Schneider ein Zeichen zum Aufbruch. Als er sich am Tisch vorbeidrückte, fiel ihm jedoch etwas auf. Auf dem Teppichboden war der Abdruck eines Stiefels mit grobem Profil zu erkennen.
    «Hat jemand von Ihnen letzte Nacht ein Motorrad auf dem Hof gesehen?»
    Die beiden sahen sich an und verneinten.
    «Vielleicht einen Motorradfahrer?»
    «Nein.»
    «Fährt unter Umständen jemand von Ihnen Motorrad?»
    Sandra Wagner schloss mit einem verkniffenen Lächeln die Tür.
    «Was sollte das mit dem Motorrad bedeuten?», fragte Schneider.
    «Komm mit», sagte Kilian, und die beiden gingen hinunter auf den Hof, wo nachts zuvor das Motorrad gestanden hatte.
    Kilian suchte den Untergrund nach einer verwertbaren Spur ab, doch die zahlreichen Einsatzfahrzeuge hatten längst alles zunichtegemacht.
    Auf der Dachterrasse, wo er von dem Unbekannten angegriffen worden war, musste er nicht nachsehen. Außer Beton und Kieselsteinen gab es dort nichts zu finden.
    Sollte etwa Schwerdt der geheimnisvolle Motorradfahrer gewesen sein?
    Und wie kam dann sein Stiefelabdruck in Sandra Wagners Zimmer?
    «Wie machen wir jetzt weiter?», fragte Schneider.
    Wenn Kilian nur eine passende Antwort darauf gehabt hätte. Reiner Schachtner hatte sich in den Tod gestürzt, ein unbekannter Motorradfahrer wollte sichergehen, dass er auch tatsächlich den Mut dafür aufbrachte, und schließlich war auch noch Werner Schwerdt wie vom Erdboden verschwunden.
    War er der Todesengel und der Überbringer der geheimen Akten?
    Hatte sich Kilian derart in ihm getäuscht?
    Sein Handy unterbrach diesen Gedankengang.
    «Wo steckt ihr denn nur alle?», sagte Sabine Anschütz. «Jetzt ist auch noch Schneider nicht zum Dienst erschienen. Langsam wird es hier ganz schön einsam.»
    «Schneider ist hier bei mir. Beruhige dich.»
    «Sag das mal dem Chef. Er hat Schorsch ausfindig gemacht.»

32
    Kilian hastete die Gänge der Nervenklinik entlang. Er war mit Vollgas aus dem Spessart nach Würzburg zurückgekehrt, um zu retten, was wahrscheinlich schon verloren war.
    Klein war Heinlein und ihm auf die Spur gekommen. Wie sollte er das seinem Chef nur erklären?
    Er fand ihn mit dem Arzt am Fenster stehen vor. Der Weißkittel redete, Klein hörte aufmerksam zu. Sein nachdenkliches Nicken signalisierte Betroffenheit.
    Kilian verlangsamte seinen Schritt, bis er einige Meter entfernt stehen blieb. Er würde dem Arzt die Chance geben, die ganze Geschichte zu erzählen. Es blieb abzuwarten, wie Klein darauf reagierte.
    Draußen im Garten sah er Heinlein im Kreis mit anderen Patienten stehen. Die Leichtigkeit der ersten Tage war nun endgültig aus ihm gewichen. Er wirkte gebrochen, wie er zwischen den anderen Patienten stand und ihr Spiel mit dem Ball an sich vorüberziehen ließ. Wenn der Ball ihm zugeworfen wurde, regte er keinen Finger, sondern blieb unbeteiligt und abwesend. Sein Zustand musste sich weiter verschlechtert haben, seitdem er ihn in das spiegelnde Fenster des Speisesaals hatte starren sehen.
    «Kilian», hörte er Klein rufen.
    Er ging hinüber. Im besten Fall waren seine Tage als Kriminalhauptkommissar gezählt, im schlechtesten würde ihm Klein eine Dienstaufsichtsbeschwerde an den Hals hängen. So oder so, er hatte keine andere Wahl gehabt. Wenn er nocheinmal vor der Entscheidung stünde, würde er genauso handeln.
    «Was haben Sie sich nur dabei gedacht?», fuhr Klein ihn an.
    Kilian setzte zu einer Entschuldigung an. «Ich   …»
    Aber Klein gab ihm keine Chance. «Halten Sie den Mund. Ich bin noch nicht

Weitere Kostenlose Bücher