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Die seltsame Welt des Mr. Jones

Die seltsame Welt des Mr. Jones

Titel: Die seltsame Welt des Mr. Jones Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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›Drifter‹ landen«, verkündete Jones. »Jeden Tag in der Woche. Hier zehn, dort zwanzig. Ganze Horden. Alle gleich. Gehirnlose Horden scheußlicher fremder Wesen.«
     Mühsam sagte Pearson: »Und sitzen neben uns in den Omnibussen, nehme ich an. Wollen unsere Töchter heiraten – richtig?« Jones mußte diese Bemerkung vorausgewußt haben; eine Sekunde, bevor Pearson zu sprechen begann, wurde sein Gesicht kalkweiß, und er umklammerte krampfhaft die Armlehnen seines Sessels. Mit zusammengebissenen Zähnen, um Beherrschung bemüht, antwortete er: »Die Menschen werden sich das nicht gefallen lassen, mein Freund. Das sehe ich. Es wird Verbrennungen geben. Diese ›Drifter‹ sind trocken, Freund. Sie brennen gut. Es wird eine Menge aufzuräumen geben.«
    Kaminski fluchte leise und zornig vor sich hin.
     »Laßt mich hier raus«, sagte er zu niemand Bestimmtem. »Ich kann es nicht mehr aushalten.«
    »Beruhigen Sie sich«, sagte Pearson scharf.
     »Nein, ich kann es nicht aushalten.« Kaminski lief ziellos im Kreis herum. »Wir können nichts tun! Wir können nicht an ihn heran – er sieht diese Dinge wirklich. Er ist sicher vor uns – und er weiß es.«
    Es war frühe Nacht. Cussick und Pearson standen im dunklen Korridor der obersten Etage im Polizeigebäude. Wenige Schritte entfernt wartete ein Kurier mit ausdruckslosem Gesicht unter dem Stahlhelm.
     »Hm«, sagte Pearson. Er fröstelte. »Hier ist es kalt. Warum kommen Sie und Ihre Frau nicht zu mir zum Essen? Wir können uns unterhalten, miteinander diskutieren.«
    »Danke, gern«, sagte Cussick. »Sie kennen Nina noch nicht.«
    »Soviel ich weiß, hatten Sie Urlaub. Flitterwochen?«
     »Sozusagen. Wir haben eine hübsche, kleine Wohnung in Kopenhagen – wir waren gerade dabei, sie zu renovieren.«
    »Wie haben Sie eine Wohnung gefunden?« »Ninas Familie hat sich eingesetzt.«
    »Ihre Frau ist aber nicht im Sicherheitsdienst, wie?«
    »Nein. Kunst und Idealismus.«
    »Was hält sie davon, daß Sie Polizeibeamter sind?«
     »Es paßt ihr nicht. Sie fragt sich, ob das nötig ist. Die neue Tyrannei.« Ironisch fügte Cussick hinzu: »Schließlich sterben die Absolutisten aus. In einigen Jahren…«
     »Glauben Sie, daß die großen Diktatoren hellseherische Fähigkeiten hatten?« fragte Pearson plötzlich.
     »Ja. Nicht so hochentwickelte wie Jones, versteht sich. Träume, Ahnungen, Eingebungen. Auch für sie war die Zukunft fixiert. Sie gingen große Risiken ein. Ich glaube, daß Jones das auch tun wird, seit er zu begreifen beginnt, wozu er hier auf der Erde ist.«
    Pearson hatte eine Dokument in der Hand.
     »Wissen Sie, was für ein verrückter Einfall mir gekommen ist? Ich ging hinunter zu dem Raum, in dem sie ihn festhalten. Ich wollte ihm die Kiefer öffnen und eine Atompille in den Rachen stopfen und seinen Körper in tausend Fetzen zersprengen. Aber dann begann ich nachzudenken.«
    »Er kann nicht getötet werden«, sagte Cussick.
    »Doch, das kann er. Aber man kann ihn nicht überraschen. Jones zu töten würde bedeuten, ihn von allen Seiten einzumauern. Er ist uns ein Jahr voraus. Er wird sterben; es ist sterblich. Hitler starb schließlich auch. Aber er entkam zu seiner Zeit vielen Kugeln, Giften und Bomben. Man braucht einen Ring, der sich immer enger schließt – einen Raum ohne Türen. An seiner Miene kann man ablesen, daß es immer noch eine Tür gibt.« Er rief den Kurier heran. »Übergeben Sie das persönlich. Sie wissen, wo - Abrampe bei 45 A. Wo dieser vertrocknete, dürre Kerl hockt.«
     Der Kurier salutierte, nahm das Dokument in Empfang und eilte davon.
     »Meinen Sie, daß er das alles glaubt?« erkundigte sich Pearson. »Das mit den ›Driftern‹?«
     »Das werden wir nie wissen. Da hat er etwas ganz Großes. Natürlich werden sie landen; sie bewegen sich zufällig, nicht?«
    »Einer ist schon gelandet«, sagte Pearson.
    »Lebend?«
     »Tot. Die Forschungsabteilung beschäftigt sich damit. Anscheinend wird das Geheimnis gewahrt bleiben – bis zum nächsten.«
    »Kann man etwas darüber sagen?«
     »Ziemlich viel sogar. Es handelt sich um einen riesigen, einzelligen Organismus, der den leeren Weltraum als Nährboden benützt. Er ›driftet‹ dahin und verwendet irgendeinen uns noch unbekannten Antriebsmechanismus. Er ist völlig harmlos. Eine Amöbe. Sechs Meter Durchmesser. Er besitzt eine Art harter Rinde, um die Kälte fernzuhalten. Das ist keine unheimliche Invasion; die armen, verdammten Dinger wandern einfach

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