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Die seltsame Welt des Mr. Jones

Die seltsame Welt des Mr. Jones

Titel: Die seltsame Welt des Mr. Jones Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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Geräusch war das keuchende Pfeifen des Kühlers. Unter der Motorhaube drang Dampf hervor.
     »Tja«, murmelte Hyndshaw nervös und tastete nach dem Türgriff. »Wir fangen am besten zu suchen an. Wo soll der Brunnen sein?«
     Weil er nicht zu raten brauchte, fand Jones den Brunnen sofort. Er war halb verschüttet unter einem Haufen von Schutt, Ziegeln und Platten, was einmal eine Scheune gewesen war. Gemeinsam ließen sie einen verrosteten Eimer hinunter. Zehn Minuten danach öffnete Hyndshaw Flaschen warmen Biers und führte einen seiner Magnetgürtel vor.
    Während er ihn anpries, überschlugen sich seine Gedanken. Hier war etwas Bedeutsames. Er hatte von Mutanten gehört, sogar welche gesehen. Die meisten waren entsetzliche Ungeheuer; mißgebildete Gestalten, die von den Behörden systematisch beseitigt wurden. Aber das hier war etwas anderes; das war keine Kuriosität. Jemand, der Überraschungen ausschalten, auf jegliches Raten verzichten konnte…
     Das war der Grund, warum Hyndshaw ein guter Vertreter war. Er konnte gut raten. Er konnte aber auch danebentippen, eine Situation falsch einschätzen. Das war aber nicht möglich bei dem Jungen neben ihm. Sie wußten es beide. Hyndshaw war fasziniert und beeindruckt. Jones zeigte seine Verachtung.
     »Wieviel Geld hast du?« fragte Hyndshaw plötzlich. Verschlagen riet er: »Du hast keine fünfzig Piepen. Einen von diesen Gürteln könntest du dir gar nicht leisten.«
     »Ich habe fünfzig Dollar«, sagte Jones, »aber nicht für einen billigen Schwindel.«
     Hyndshaw rang nach Atem; in den Jahren des Umgangs mit der leichtgläubigen Landbevölkerung, die durch den Krieg noch ängstlicher und abergläubischer geworden war, hatte er angefangen, an seine eigenen Lügen zu glauben.
     »Was soll das heißen?« begann er, verstummte aber, als Jones ihm Bescheid sagte.
     »Aha«, sagte Hyndshaw, als er sich die bitteren Vorwürfe angehört hatte. »Du bist mir einer – du hast keine Angst zu sagen, was du dir denkst.«
    »Warum auch?«
     »Vielleicht schlägt dir einer mal die Zähne aus«, meinte Hyndshaw gepreßt, »Dein schlaues Gerede paßt vielleicht nicht jedem – kann leicht sein, daß du einem auf die Nerven fällst.«
     »Aber nicht Ihnen«, erklärte Jones. »Sie rühren mich nicht an.«
    »Was dann?«
     »Sie schlagen vor, daß wir gemeinsam ins Geschäft einsteigen. Ihr Vorrat an Gürteln und Erfahrung – meine Begabung. Fiftyfifty.«
    »Gürtel? Du steigst mit mir ins Gürtelgeschäft ein?«
    »Nein«, erwiderte Jones. »Das ist Ihre Idee. Interessiert mich aber nicht. Wir machen in Elfenbein.« Hyndshaw war verblüfft.
    »Was ist denn das?«
    »Glücksspiel. Würfeln. Knobeln.«
     »Vom Glücksspiel verstehe ich nichts.« Hyndshaw war argwöhnisch. »Bist du sicher, daß das ernst gemeint ist? Du willst mich nicht hereinlegen?«
    Jones ging nicht darauf ein, sondern sprach weiter.
     »In dem Freudenhaus betreiben wir ungefähr vier Wochen lang eine Spielhölle. Sie bekommen den Hauptanteil, mich interessiert das nicht. Dann trennen wir uns. Sie werden versuchen, mich aufzuhalten, und ich verpfeife den ganzen Laden an die Militärpolizei. ‘Die Mädchen kommen ins Arbeitslager und Sie ins Gefängnis.«
     Entsetzt stieß Hyndshaw hervor: »Mein Gott, ich will mit dir nichts zu tun haben.« Er packte eine Bierflasche und zerschlug sie an einem Stein; über die spitzen Glasscherben rann Schaum, Krampfhaft umklammerte er die Waffe. Er war der Hysterie nahe. »Du bist verrückt.« Er hob die Flasche, wie um sich zu verteidigen.
    »Verrückt?« Jones war erstaunt. »Warum?«
     Hyndshaw gestikulierte fahrig. Kalter Schweiß tropfte von seinem Gesicht in den offenen Kragen.
     »Du erzählst mir das? Du sitzt da und erzählst mir, was du mit mir machen wirst?«
    »Es ist die Wahrheit.«
    Hyndshaw warf die Flasche weg und riß den Jungen hoch.
     »Weißt du nichts anderes als die Wahrheit?« schrie er verzweifelt.
    - Nein, er wußte nichts anderes. Wieso auch? Für Jones gab es kein Raten, keinen Irrtum, kein falsches Wissen. Er kannte sich aus; er besaß absolute Gewißheit.
     »Machen Sie, was Sie wollen«, sagte er achselzuckend. Das Schicksal des dicken Handelsvertreters interessierte ihn schon nicht mehr; schließlich lag das schon lange Zeit zurück. »Das ist Ihre Sache.«
     Hyndshaw packte den Jungen und brüllte hilflos: »Du weißt, daß ich festsitze. Du weißt, daß ich keine Wahl habe. Du kannst es sehen!«
     »Niemand hat die

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