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Die seltsame Welt des Mr. Jones

Die seltsame Welt des Mr. Jones

Titel: Die seltsame Welt des Mr. Jones Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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nachfolgend als »Drifter« bezeichnet, durch eine Sonderverfügung des Höchsten Rates der Bundesweitregierung in die Kategorie »Mündel des Staates« eingestuft worden sind und nicht beschädigt, verstümmelt, zerstört, mißhandelt, gequält oder in irgendeiner Weise mit der Absicht, sie zu verletzen oder zu töten, einer grausamen oder aus dem Rahmen fallenden Behandlung unterzogen werden dürfen. Ferner wird darauf hingewiesen, daß nach Gesetz Nr. 30 D 954 A jede Person, die Angehörige der als ›Drifter‹ bezeichneten Klasse interplanetarischer wandernder Protozoen mißhandelt, mit einer Geldstrafe von nicht über hundertneunzigtausend WestblockDollar und/oder Zwangsarbeit bis zu zwanzig Jahren zu rechnen hat. Das Amt für öffentliche Gesundheit der Bundesweitregierung erklärt hiermit, daß die als Drifter bezeichneten Wanderprotozoen gutartige, unvollständige Einzeller-Organismen ohne die Fähigkeit sind, Menschen am Körper oder Eigentum zu schädigen, und wenn man sie in Ruhe läßt, durch die natürliche Temperatur der Erdoberfläche zugrunde gehen. Es wird außerdem darauf hingewiesen, daß jede Person, die eine vorerwähnte Mißhandlung der Wanderprotozoen, als Drifter bezeichnet, meldet, eine Barbelohnung von zehntausend Westblock-Dollar erhält. 7. Oktober 2002
     Die meisten Fahndungsblätter und amtlichen Mitteilungen waren vergilbt, zerknittert und beschmutzt. Nur diese Mitteilung sah immer neu und frisch aus, das heißt, solange sie an ihrem Platz hing, nämlich etwa drei Stunden. Dann wurde das Glas vorsichtig beiseite geschoben und die Mitteilung herausgeholt. Man knüllte sie zusammen und warf sie weg.
     Der Mann, der diesen Pöbelhaufen anführte, hatte rote Haare und war auf einem Auge blind. Sonst sah er aus wie jeder andere breitschultrige Arbeiter an der Spitze eines Pöbelhaufens… Als er aber kurz ins Mondlicht trat, war Augenblicke eine Armbinde sichtbar, und in der rechten Hand hielt er ein tragbares, drahtloses Feldtelefon.
    Der Pöbelhaufen war auch kein Pöbelhaufen, sondern eine Gruppe entschlossener Männer. Hinter diesen Männern befand sich eine undisziplinierte Menge aus Oberschülern, Mädchen in kurzen, weißen Hosen, Kindern, die Fahrräder schoben, älteren Arbeitern, Hausfrauen, Hunden und ein paar alten Leuten, die in der Kälte die Arme verschränkten. Zum größten Teil blieb die Menge zurück und kümmerte sich um ihre eigenen Angelegenheiten; die eigentliche Arbeit leistete die Reihe entschlossener Männer auf Geheiß des rothaarigen Anführers. Dieser führte die über das Feldtelefon eingehenden Anweisungen aus.
     »Das nächste Haus«, flüsterte das Feldtelefon. »Ich kann es gut sehen. Paßt auf. Jemand kommt euch entgegen.«
     Über ihnen schwenkte das Flugzeug seine Triebwerke und postierte sich genau über die Jagdbeute. Die Jagdbeute war auf dem Dach eines längst verlassenen Lagerhauses gelandet. Sie war praktisch unsichtbar; niemand wußte, wie lange sie dort schon lag. Sie war gerade von einer der regelmäßigen Luftpatrouillen entdeckt worden.
     »Mein Gott«, ächzte das Feldtelefon, als die Maschine langsam herabsank. »Ein Riesending! So groß wie eine Scheune. Muß uralt sein.«
     Der rothaarige Anführer antwortete nicht; er betrachtete wachsam die Wand des Lagerhauses und suchte nach einer Leiter zum Dach. Schließlich konnte er sie erkennen; eine Feuerleiter, die drei Meter über dem Boden aufhörte.
     »Die Tonnen«, befahl er seinen Leuten. »Die Mülltonnen da drüben im Durchgang.«
     Zwei Männer traten aus der Reihe, reichten ihre Taschenlampen an andere hinter sich weiter und trabten über die stille Straße. Es war spät, lange nach Mitternacht. Der Industriebezirk von Omaha Falls war verlassen und unheimlich. Irgendwo in der Ferne brummte ein Motor. Ab und zu wurde in der Menge ein Husten, Niesen oder Murmeln laut. Niemand sprach laut. Gebannt und mit beinahe religiöser Ehrfurcht sahen die Menschen zu, wie die Mülltonnen herangeschleppt und unter der Leiter aufeinandergestapelt wurden.
     Einen Augenblick später sprang der rothaarige Mann hinauf, faßte die unterste Sprosse und zog die Leiter herunter.
     »Dann los«, sagte das Feldtelefon in der Hand eines seiner Männer. »Vorsichtig, wenn Sie auf das Dach steigen – es liegt direkt am Rand.«
    »Lebt es?« fragte der rothaarige Mann, indem er das Feldtelefon kurz wieder an sich nahm.
     »Vermutlich. Es hat sich ein bißchen bewegt, ist aber schwach.«
     Befriedigt

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