Die Sextherapie: Roman (German Edition)
als die Krankenschwester sich näherte. Doch Sandra lächelte nur wissend und marschierte weiter.
Ach herrje , sagte sich Shelley. Sie hat es bestimmt mitgekriegt .
Shelley beschloss, das Ding nicht mehr mit sich herumzutragen und für den Fall, dass man ihr Zimmer durchsuchen sollte, ein besseres Versteck dafür zu finden. Ob es an Cian mit seinem theatralischen Akzent oder an Galloway mit seinem Gerede von dem Gesetz über psychische Erkrankungen lag, jedenfalls fühlte sie sich allmählich wie eine Gefangene.
Shelley kehrte in ihr Zimmer zurück, um ihre Nachrichten abzufragen. Aber als sie das BlackBerry einschaltete, piepste es nur. Der Akku war fast leer. Sie setzte sich aufs Bett und überlegte, was sie tun sollte. Die einzige Möglichkeit war, die Klinik zu verlassen und sich ein Ladegerät zu beschaffen. Doch das war leichter gesagt als getan, denn die nächste Stadt war kaum mehr als ein Dorf.
Sie hatte keine andere Wahl. Sie musste durch den Tunnel fliehen. Also beschloss sie, sich auf die Suche nach Cian zu machen und seine Einladung anzunehmen. Mit dem letzten Saft im Akku schickte sie eine Nachricht an Aidan, berichtete ihm von dem vergessenen Ladegerät und warnte ihn, dass er am Abend keine Gutenachtgeschichte bekommen würde. Anschließend grübelte sie die nächste halbe Stunde darüber, ob sie mit der letzten Bemerkung die Grenze zwischen einem harmlosen Scherz und einem unerwünschten Flirt überschritten hatte.
»Ich wusste, dass Sie keine Spielverderberin sind«, sagte Cian. Sie hatte ihn im Speisesaal aufgespürt, wo er versuchte, vor der nächsten Sitzung, die in wenigen Minuten begann, ein paar Kekse zu ergattern.
»Wir müssen aber sofort los«, meinte sie. In einem Provinzstädtchen schlossen die Läden sicher früh, und sie war nicht einmal sicher, ob sie ein passendes Ladegerät auftreiben konnte.
»Jetzt?«, erwiderte Cian in gespieltem Entsetzen. »Dann verpassen wir ja ›Wer auf Sex verzichtet, verzichtet nicht auf Spaß‹ mit unserem reizenden Stargast Dr. Verity Parrish.«
»Oh, schon gut«, antwortete Shelley und wandte sich ab. »Ich kann ja Will fragen.«
»Einen Moment, meine Dame«, fügte Cian rasch hinzu. »Für einen derart drastischen Schritt besteht kein Grund. Ich hätte nichts dagegen, gleich loszuziehen. Aber was ist mit Larry? Der würde bestimmt auch gern mitkommen.«
Shelley überlegte kurz. »Hinterlassen Sie ihm einen Zettel«, schlug sie vor. »Ich kann für Rose auch einen schreiben.«
»Gute Idee«, antwortete Cian. »Dann treffen wir uns in fünfzehn Minuten hinter dem Geräteschuppen.«
»Hinter dem Geräteschuppen?«, wunderte sich Shelley. »Ich dachte, der Tunnel beginnt in dem Wäldchen hinter dem Teich.«
»Tut er ja auch«, entgegnete er, »aber ich dachte, wir könnten zuerst ein bisschen hinter dem Geräteschuppen knutschen, um sicherzugehen, dass wir sexuell zueinander passen, bevor wir so etwas Schwerwiegendes tun, wie uns zu verabreden.«
»Hmmm«, meinte Shelley und legte die Hand ans Kinn. »Ich habe mich damit beschäftigt, und ich glaube, ich lasse lieber die Finger davon. Trotzdem vielen Dank. Dann sehen wir uns in einer Viertelstunde im Wald.«
Er zuckte die Achseln und ging davon.
»Wissen Sie, ich bevorzuge die umgekehrte Reihenfolge«, rief Shelley ihm nach, als er sich entfernte.
Vielleicht tat dieser Kurs ihr ja doch gut. Immerhin flirtete sie jetzt mit Rockstars.
Shelley eilte in ihr Zimmer, schrieb rasch eine Nachricht für Rose und legte sie ihrer Freundin aufs Bett. Dann tupfte sie sich ein wenig Parfüm hinter die Ohren, kämmte sich und versuchte, ihre Augenbrauen, die seit der Vorweihnachtszeit ein wenig Aufmerksamkeit nötig gehabt hätten, nicht zu kritisch zu betrachten. Sie war nervös. Ob das aber daran lag, dass sie zum ersten Mal seit Monaten so etwas wie eine Verabredung hatte, oder weil sie Angst hatte, erwischt zu werden, aus dem Kurs zu fliegen und als Folge davon von Aidan gefeuert zu werden, wusste sie nicht so recht. Sie schlüpfte aus ihrem Zimmer, schlich die Treppe hinunter und hielt dabei Ausschau nach Mitarbeitern, insbesondere nach Sandra. Unten an der Treppe blieb sie stehen, um ihre Alternativen zu überdenken.
Das Haus durch den Vordereingang zu verlassen kam nicht in Frage, weil sie dabei an der offenen Tür des Bergsteigerzimmers vorbeigemusst hätte. Die Hintertür barg das Risiko, dass jemand im Speisesaal sie bemerkte. Als sie den Fluchtplan für den Brandfall
Weitere Kostenlose Bücher