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Die Shakespeare-Morde

Die Shakespeare-Morde

Titel: Die Shakespeare-Morde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Lee Carrell
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leise.
    »Er hatte das hier in
     der Hand.« Ich reichte ihm Ophelias Brief an Mrs Folger und
     beobachtete die wachsende Entrüstung in seinem Gesicht, als er las.
    »›Miß
     Bacon hatte Rechte« Er sah mich empört an. »›Recht
     und nochmals Rechte«.
    »Ophelia glaubte daran.«
    »Mist und nochmals Mist«,
     knurrte er. »Du willst doch nicht sagen, dass du sie ernst nimmst?«
    »Es gibt drei Tote, und
     ich wurde selbst zwei Mal angegriffen. Das nehme ich ernst.«
    Sir Henry sah mich
     zerknirscht an. »Natürlich. Du hast recht. Vergib mir.«
    »Das hier hat sie ihrem
     Brief an Mrs Folger beigelegt.« Ich reichte ihm die Brosche, die Dr.
     Sanderson in der Hand hielt, als er starb.
    Sir Henry runzelte die Stirn.
     »Ist das nicht die gleiche, die Ros dir geschenkt hat?«
    Ich nickte. »Aber das
     hier ist das Original. Ros muss die Reproduktion im Museumsshop der
     Folger-Bibliothek erstanden haben, wahrscheinlich als Hinweis auf den
     Brief. Wir wissen, dass sie ihn gelesen hat - daher hat sie den Ausdruck
     ›jakobäisches Magnum opus‹.«
    Sir Henry sah sich die
     Brosche aufmerksam an, dann drehte er sie um, schob sich die Brille auf
     die Stirn und hielt sich die Brosche dicht vor die Augen. »Ist das
     die, die du in Dr. Sandersons Hand gefunden hast?«
    Ich nickte.
    »Kann ich die von Ros
     noch mal sehen?«
    Die Brosche war warm, weil
     ich sie am Körper trug. Widerwillig öffnete ich die Jacke und löste
     die Nadel. Sir Henry gab mir das Original zurück und untersuchte
     meine Kopie ebenso sorgfältig.
    »Ja, das dachte ich mir«,
     sagte er nach einer Weile. Er ließ die Brosche sinken und sah mich
     an. »Entweder du hast die beiden vertauscht, oder Ros hat sich
     genommen, was ihr nicht gehörte. Schau her.« Er zeigte auf eine
     Reihe winziger Stempel, die in das Gold der Rückseite graviert waren.
     »Der Feingehaltsstempel. In England müssen ihn alle Goldstücke
     dieser Schwere vorweisen. Einer davon - die drei Kornähren - ist der
     hübsche kleine Stempel von Chester’s Assay Office. Die Prüfanstalt
     existiert allerdings längst nicht mehr - ich glaube, seit vor deiner
     Geburt. Wie ich schon sagte, als du es ausgepackt hast: Das Stück könnte
     sehr gut viktorianisch sein.« Er gab mir die Brosche zurück.
     »Nicht pseudo- oder neoviktorianisch. Viktorianisch.« Er rümpfte
     die Nase. »Das andere ist moderner Plunder. Kein Stempel - also ist
     es entweder nicht aus England, oder es ist nicht aus Gold. Wahrscheinlich
     weder noch.«
    Ich starrte die beiden
     Broschen an - Ros’ in meiner linken, Dr. Sandersons in der rechten
     Hand.
    »Aber warum hat sie es
     gestohlen?«
    »Du meinst, trotz ihres
     freiheitlichen Lebensstils will Diebstahl einfach nicht zur guten Frau
     Professor passen? Schauen wir uns den Brief noch einmal an.«
    Zu dritt beugten wir uns
     über das Blatt. Im Wesentlichen klang Ophelia wie in ihrem früheren
     Brief an Jem, wenn auch weniger atemlos, als wäre ihr in den
     vergangenen Jahrzehnten die Leichtigkeit verloren gegangen…. sündigten
     wir gegen Gott und die Menschen. Was war passiert?
     
    Und habe, soweit es mir möglich
     war, alles an seinen rechtmäßigen Platz zurückgebracht,
     wenn mir auch manche Türen versperrt blieben; einen kleinen Teil habe
     ich in meinem Garten vergraben. Doch viele Wege führen zur Wahrheit.
     Unser jakobäisches Magnum opus, 1623, ist einer davon. Shakespeare
     weist einen anderen.
     
    »Aha«, sagte Sir
     Henry. »Deswegen in die Westminster Abbey?«
    Ich nickte.
    »Bewundernswert
     scharfsinnig.«
    »Wenn ich so
     bewundernswert wäre, würden wir uns Schaufeln besorgen und raus
     zu Ophelias Garten fahren. Habe ich schon gesagt, dass sie in
     Henley-in-Arden aufwuchs, in der Nähe von Stratford? Und ihr Vater
     hat die Anstalt geleitet, in die Delia Bacon eingeliefert wurde.«
    »Ophelia«,
     wiederholte er verblüfft.
    »Ich weiß. Es
     wirkt vermessen, wenn ein Irrenarzt seine Tochter Ophelia nennt. Wir haben
     uns gefragt, ob es der Garten in Henley ist, von dem sie spricht - wenn
     der noch existiert.«
    »Aber du hältst
     ihn in der Hand«, sagte Sir Henry.
    »Wie bitte?«
    »Ihren Garten.«
     Er zeigte auf meine Hand.
    Ich sah Ros Brosche an
     — die feinen weißen, gelben und violetten Blüten vor dem
     mitternachtsschwarzen Oval. Da ist Vergissmeinnicht, das ist zum Andenken.
     Und da ist Rosmarin, das ist für die Treue. Fenchel und Akelei;
     Rauke, Maßlieb und verblichene Veilchen. Ophelias

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