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Die Shakespeare-Morde

Die Shakespeare-Morde

Titel: Die Shakespeare-Morde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Lee Carrell
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de Vere
     in Shakespeares Schriften. Oder auf ›Ver‹, wie der Graf
     seinen Namen häufig schrieb.«
    »Vero nihil verius?«
    »Ja, aber es geht auch
     auf Englisch. Wortspiele mit ›Vere‹ und ›ever‹
     und ›never‹. Meine Lieblingsstelle ist der Titel des
     Vorworts zu ›Troilus und Cressidac ›A Never Writer to a
     Never Reader.‹ Verschiebt man die Leerzeichen, erhält man:
     ›An Ever Writer to an Ever Reader.‹ Oder ›An E. Ver
     Writer to an E. Ver Readen.«
    »Cool.«
    »Kontext«, sagte
     ich gereizt. »Sie müssen sich den Kontext ansehen. Haben Sie
     eine Ahnung, wie oft Shakespeare das Wort ›ever‹ benutzte?
     So um die sechshundert Mal. Ich habe es gezählt. Und ›every‹
     taucht fünfhundert Mal auf. Dazu ›never‹ noch einmal
     tausend. Außerdem alle möglichen Variationen von lateinisch
     ›verus‹ - ›wahr‹ -, und schon haben Sie über
     dreitausend Wörter zum Spielen. Bei dieser Häufigkeit ist es
     kein Wunder, wenn er den Wörtchen in ein paar Fällen eine andere
     Bedeutung aufzwängte. Wenn er die andere Bedeutung aber tatsächlich
     gemeint hätte und auf Spielchen und Geheimnistuerei stand, glauben
     Sie nicht, dass er bei dreitausend Verwendungen das Wortspiel öfter
     als nur ein-, zweimal gemacht hätte?«
    »Trotzdem cool.«
    »Wenn Ihnen das gefällt,
     dann wird Ihnen das hier noch mehr gefallen: ›Every word doth
     almost tell my name‹, aus den Sonetten. Nehmen Sie das ›ver‹
     aus ›Every‹ und verrücken Sie es ein Stück nach
     rechts: aus ›Every Word‹ wird ›Eyword Ver‹.
     Ersetzen Sie das y durch ein d, und schon haben Sie ›Edword Ver‹.«
    »Ist das nicht
     geschummelt?«
    »Könnte man
     meinen. Aber da steht ›almost‹. Es heißt, dass
     ›Every word‹ den Namen nur beinahe verrät. Und ›Eyword
     Ver‹ ist beinahe ›Edward Vere‹.«
    »Ziemlich clever.«
    »Schon. Aber nur, wenn
     man den großen Schlusssatz desselben Sonetts ignoriert - die letzten
     vier Worte.«
    »Die lauten?«
    »My name is Will.«
    »Sie machen Witze.«
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Und wie erklären
     das die Oxfordianer?«
    »Indem sie behaupten,
     Will sei einer von Graf Oxfords Spitznamen gewesen.«
    »Woher wissen sie das?«
    »Hauptsächlich aus
     diesem Sonett.«
    »Aber das ist ein
     Zirkelschluss.«
    »Logik, im schwarzen
     Loch der Selbsttäuschung. Nicht, dass Oxfords Gegner über alle
     Sentimentalitäten erhaben wären. Ich muss zugeben, ein Punkt,
     der für mich persönlich gegen Oxford spricht, ist, dass er kein
     netter Mensch war: Er war weder ehrenhaft noch zuverlässig, noch
     liebenswürdig. Natürlich kann man ein Genie sein und dabei
     aufbrausend und sogar grausam. Picasso und Beethoven waren bestimmt keine
     Schmusekätzchen. Trotzdem, irgendwie hänge ich an der
     Vorstellung, dass der Mann, der sich Julia, Hamlet und König Lear
     ausdenken konnte, Herzensbildung hatte.
    Der größte Haken
     bei Oxford ist jedoch sein Tod. Athenaide kann noch so oft behaupten,
     Daten wären wackelig, aber sie liegt falsch. Bei einem einzelnen Stück
     kann es vielleicht Vorkommen, dass es um ein, zwei oder fünf Jahre
     fehldatiert wird. Aber dass man sich bei Shakespeares Gesamtwerk um zehn
     Jahre vertut? Auf keinen Fall.«
    »Warum nicht?«
    Das Kabinenlicht wurde
     heruntergedimmt, und ich kuschelte mich in meine Decke. Dann zog ich die
     Brosche aus meinem Kragen und ließ sie an der Kette baumeln. »Wenn
     sich in vierhundert Jahren jemand jeden überlieferten Rocksong anhört,
     glauben Sie, er könnte sich bei den Beatles um zehn Jahre vertun? Er
     könnte den Bogen von ›Love Me Do‹ zu den
     psychedelischen Klängen von ›Come Together‹ schlagen
     und dann das Ganze in die Fünfziger verlegen - mit nichts als der
     achselzuckenden Bemerkung: ›Daten sind wackelig‹? Im Kontext
     von Elvis Presley, Buddy Holly, Fats Domino, den Stones, Cream, The Doors
     und The Who? Wer sich mit der Materie befasst, kennt den Bruch zwischen
     den Fünfzigern und den Sechzigern. Meinen Sie wirklich, man könnte
     die Beatles für eine Fünfzigerjahre-Band halten?«
    »Sie sagen also, selig
     sind die, die nichts wissen?«
    Ich lachte laut. »Ich
     sage, dass die meisten Anti-Stratfordianer auf der Suche nach einer
     vorgefertigten Antwort die Renaissance durchkämmen und wegen eines
     eingebildeten Baumes den Wald nicht sehen.«
    »Und was glauben Sie?«,
     fragte Ben.
    Ich lächelte. »Charles
     Dickens schrieb einmal etwas in der Art an

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