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Die Shakespeare-Morde

Die Shakespeare-Morde

Titel: Die Shakespeare-Morde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Lee Carrell
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auff die Bühne.
     Durch die seltsamen Irrungen des Schicksals ließ sie vnsere kleine
     Welt einst in Flammen aufgehen vnd kostete das Mädchen beynahe das
     Leben.
     
    »Das Mädchen?«,
     knurrte Sir Henry.
    »Das Mädchen, das
     vom Feuer im Globe eingeschlossen wurde«, sagte ich. »Dem
     ersten Feuer. Sie muss überlebt haben.«
     
    Ein Hinweis hier, eine
     Thatsache da, vnd bald fielen die Howards in Ungnade, vnd es blieb ihnen
     nur, ihrer eigenen Tochter die Schuld zu geben. Ich sah es gern - den
     Austausch der Ungefälligkeiten.
    Nun, da alles, was gesagt
     werden kann, längst der Vergangenheit angehört vnd die anderen
     Stücke der Unsterblichkeit im Druck entgegensehen, hebt die alte
     Geschichte das hornige, schweflige Haupt wie ein Drache, der, totgeglaubt,
     nur schlief. Itzo stellt allein dies Stück eine Bedrohung für
     sie dar, denn auch sie fand, wie Leonora, unverhoffte Seligkeit im Hause
     Cardenios.
    Vielleicht werdet Ihr
     heute darüber lächeln.
    Von wem? fragtet Ihr
     dereinst im Zorn. Wes Kind ist sie?
    Weiland dachte ich, daß
     die Zeit die Wahrheit ans Licht brächte. Doch sie ist, wer sie ist,
     der Schönheit Rose.
    Ich nenne sie Shakespeare’s
     Tochter, vnd damit sey es genug.
     
    Sir Henry riss mir den Brief
     aus der Hand. »Damit sei es genug.«
    Ich streckte die Hand nach
     dem Brief aus, doch Sir Henry hielt mir die Pistole an den Kopf.
    Das Blut rauschte in meinen
     Ohren. Shakespeares Tochter? Ich fuhr mir mit der Zunge über die
     Lippen.
    Wo war die Hilfe, die Ben
     versprochen hatte? Hatte ich den Chip verloren, irgendwo in den Tiefen der
     Höhle?
    »Sir Henry, bitte«,
     flehte ich. »Dieser Brief könnte ein für alle Mal die
     Wahrheit über Shakespeare aufdecken.«
    »Wenn es nicht
     Shakespeare war, der die Stücke geschrieben hat, dann will ich die
     Wahrheit nicht hören. Niemand soll sie hören.«
    Deswegen hatte er gemordet?
     Wegen Shakespeare aus Stratford? War das seine Rechtfertigung für die
     Taten, die er begangen hatte? Führte er einen Glaubenskrieg in
     Verkleidung eines shakespearischen Kreuzritters?
    Sir Henry betrachtete den
     Brief. »Ironie des Schicksals. Für das Stück, das
     Granville gefunden hat, hätte ich alles gegeben, doch stattdessen
     finde ich den Brief, den ich unbedingt im Dunkeln lassen wollte.«
    Ich musste Sir Henry
     irgendwie dazu bringen, mich an den Rand der Höhle zu lassen, sonst würde
     der Peilsender nicht funktionieren. Also erkaufte ich mir Zeit mit der
     einzigen Währung, die Sir Henry gelten ließ - mit Shakespeare.
     »Aber das Stück hast du auch«, sagte ich. »Es
     steckt hinten im ›Quixote‹. Ich glaube, es ist die gleiche
     Handschrift. Wenn du willst, lese ich es dir vor.«
    Misstrauisch kniff er die
     Augen zusammen.
    »›Auftritt
     Knappe Sancho und Don Quixote‹«, sagte ich. »So fängt
     es an. Weiter bin ich nicht gekommen.«
    »Zeig her.«
    Ich nahm das alte Buch aus
     der Satteltasche und zog das Bündel Papiere heraus, das ich
     vorsichtig auseinanderfaltete.
    Du kannst das Gold behalten,
     Freund Sancho. Ich nehme das Buch.
    Sir Henrys Augen glänzten
     gierig. »Shakespeares verschollenes Stück«, murmelte er.
     Dann lächelte er. »Lies.«
    Sir Henry die Geschichte von
     Liebe und Betrug vorzulesen, während ich auf den Moment lauerte, da
     er unvorsichtig wurde - in der verzweifelten Hoffnung, dass ich nah genug
     an der Oberfläche war …, dass die Polizei nach uns suchte
     … und dass Bens Leben nicht zu schnell in der Dunkelheit zu Ende
     ging -, das war die schwerste Aufgabe meines Lebens.
    Ich war mit dem ersten Akt
     durch und begann den zweiten.
    Nun werde ich zur Gruft
     meiner Ehre. Ein dunkles Haus, in dem allein der Todt gedeiht.
    Ich stockte. Es kommt keiner,
     wurde mir plötzlich bewusst. Falls überhaupt jemand auf das
     Signal wartete. Ich war zu tief im Innern der Höhle.
    Draußen vor der Höhle
     führte ein schmales Sims an der Felswand entlang, das sich nach
     einigen Metern in nichts auflöste. Bevor Sir Henry reagieren konnte,
     war ich über ihn gesprungen und kletterte hinaus auf den Vorsprung.
     Ich hielt mich mit einer Hand an der Felswand fest, das Manuskript fest an
     mich gedrückt, und zerrte an meiner Kette.
    »Kate«, rief Sir
     Henry, und diesmal war die Angst in seiner Stimme echt. »Komm zurück.«
    Ich riss an der Kette.
    »Es gibt keinen Grund,
     das Stück oder dein Leben zu riskieren.«
    »Ich dachte, mein Leben
     hätte ich schon verspielt.

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