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Die Shakespeare-Morde

Die Shakespeare-Morde

Titel: Die Shakespeare-Morde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Lee Carrell
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Und von dem Brief aus Wilton House, dass er
     irgendeine Art von Beziehung zu Shakespeare hatte. Aber das alles macht
     ihn noch lange nicht zum Dichter. Vielleicht war er einfach ein Förderer.«
    »Was brauchst du denn
     noch?«
    »Etwas Eindeutiges.«
    Er stöhnte. »Und
     wo könnte man so etwas finden?«
    »An irgendeinem Ort, wo
     vierhundert Jahre lang keiner nachgesehen hat.«
    »Irgendwelche Ideen?«
    Ich dachte nach. »Man müsste
     an den Nebenschauplätzen suchen. Sekundärquellen. Klatsch
     vielleicht. Aber nicht über Shakespeares Stücke. Das wurde alles
     längst zerpflückt und analysiert.«
    »Was dann?«
    »Über die
     Entstehungsgeschichte der King-James-Bibel zum Beispiel.«
    Er seufzte. »Die
     Signatur in den Psalmen.«
    »Vielleicht gibt es
     Hinweise, wer an der Übersetzung mitgearbeitet hat, vor allem an
     Psalm 46.«
    »Das ist nicht bekannt?
     Nicht einmal du weißt das?«
    »Nein. Die Übersetzer
     haben ihre Beiträge anonym beigesteuert. Anscheinend mit Absicht.
     Selbst ihre Aufzeichnungen haben sie verbrannt. Die Bibel ist Gottes Werk,
     nicht das des Menschen, argumentierten sie. Und erst recht nicht das eines
     bestimmten Menschen. Aber vielleicht ist hier oder da ein Hinweis
     durchgerutscht und hat die Jahrhunderte überdauert.«   
    »Ich kümmere mich
     darum«, hatte Ben gesagt. Er war nicht sehr mobil, und außerdem
     konnte er keine jakobäischen Handschriften lesen, sodass ich keine
     großen Hoffnungen auf ihn setzte. Aber wenn er ein Projekt brauchte,
     um keinen Krankenhauskoller zu bekommen, war es mir recht.       
    Jetzt saß er hier auf
     dem Bühnenrand und behauptete, er hätte etwas entdeckt.
    Ich stellte mein Glas ab.
     »Was?«
    Ben überreichte mir die
     Fotokopie eines Briefs. Ich sah sie mir an. Ein Brief, der in Secretary
     Hand geschrieben war.
    Ben lächelte. »In
     der Folger-Bibliothek waren sie sehr hilfsbereit, nachdem sie ihre Sachen
     zurückbekommen hatten. Sie haben mir sogar beigebracht, jakobäische
     Handschriften zu lesen.«
    »Und dort hast du das
     hier gefunden?«
    Er schüttelte den Kopf.
     »In einer Privatsammlung«, sagte er vage. »Es ist ein
     Brief von Lancelot Andrewes, dem Dekan von Westminster und Bischof von
     Chichester, an einen Freund im November 1607. Ein lustiger Name für
     einen Bischof - Lancelot.«
    Mehr verriet er nicht, und so
     begann ich selbst zu lesen. Hauptsächlich ging es um das
     Katholikenproblem in Warwickshire. Doch ein Absatz machte mich stutzig.
     Der Bischof erwähnte den Rektor des Emmanuel College in Cambridge,
     Laurence Chaderton, und die eben fertiggestellte Übersetzung des
     Psalters für die Bibel des Königs. Chaderton war einer der
     wenigen Puritaner, die an dem Projekt mitwirkten; der Psalter war seinem
     Komitee zugeteilt. 
    Wie der Bischof seinem Freund
     schrieb, hatte Chaderton einen erbitterten Beschwerdebrief verfasst, in
     dem er beklagte, der König habe die sorgfältige Übersetzung
     des Psalters durch sein Komitee genommen und einem Haufen Dichter
     vorgeworfen. Zum Aufpolieren, wie der Bischof Chadertons entrüstete
     Worte zitierte - als stünde dichterische Politur im levitischen Sündenregister
     mehrere Stufen unter Masturbation, Sodomie und Hexerei. Bischof Lancelot
     hatte Chaderton zu beruhigen versucht. Den Dichtern sei es verboten, die
     Übersetzung zu verpfuschen - doch was Rhythmus und Klang anging, müsse
     er dem König recht geben. Die Psalmen sollten Lieder sein, in der
     Übersetzung jedoch hatten sie wie Predigten geklungen. Staubtrockene
     Predigten. Auch der König und der Bischof seien für eine
     korrekte Übersetzung, aber es spreche nichts dagegen, dass diese
     angenehm im Ohr klingen dürfe.
    Anscheinend ließ sich
     Chaderton nicht so leicht besänftigen und erhob eine weitere Anklage:
     Sie haben ihr Werk signiert.
    Das, schrieb der Bischof, wäre
     tatsächlich Blasphemie gewesen, wenn es wahr wäre, doch er habe
     den ganzen Psalter durchgeblättert und keinen Hinweis auf eine
     Signatur gefunden. Chaderton, klagte er, wäre besser dran, sich um
     die Bücher zu kümmern, deren Übersetzung noch ausstünde,
     statt Unsinn über jene zu verbreiten, die bereits fertig waren. Falls
     der lästige Rektor nicht diskret sein sollte, säße ihm,
     dem Bischof, der König im Nacken und würde die Politur am Ende
     selbst übernehmen. Bei den Dichtern stünde es ihm wenigstens
     frei, etwas allzu Grauenhaftes abzulehnen.
    Im Gegensatz zu Chaderton

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