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Die Shakespeare-Morde

Die Shakespeare-Morde

Titel: Die Shakespeare-Morde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Lee Carrell
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ein
     Tourist sich ein, das Schild »Theaterprobe - bitte nicht stören«
     gelte für alle außer für ihn, und schaffte es, ein
     Schlupfloch ins Globe zu finden. Ich rief: »Sie haben Ihr Stichwort
     verpasst. Die Schauspieler sind fort.«
    »Die Schauspieler waren
     großartig«, antwortete eine vertraute Stimme, die wie Bronze
     und Schokolade in meinen Ohren klang. »Aber der Applaus ist für
     dich.« Ben stützte sich an der Säule ab und richtete sich
     auf.
    Ich starrte ihn an wie einen
     Geist.
    »Verzeih mir, dass ich
     mich so hereingeschlichen habe«, sagte er dann, »aber ich
     hatte noch nie einen Regisseur bei der Arbeit gesehen, und ich war
     neugierig.« Er hinkte leicht, als er auf mich zukam. »Ist es möglich,
     dich zu einem Drink zu überreden, Frau Professor?«
    Ich lächelte. »Hast
     du schon mal daran gedacht, vorher anzurufen, wenn du mich sehen willst?«
    »Sehen wäre mir
     ein bisschen zu wenig - ich habe eine Flasche Champagner dabei, die nur
     zum Ansehen viel zu schade ist. Ich hatte mehr an ein Rendezvous gedacht.«
     Er humpelte an mir vorbei, auf die Bühne zu. Dann ließ er sich
     vorsichtig auf der obersten Stufe der Bühnentreppe nieder, zauberte
     zwei Sektkelche und eine Flasche hervor und begann die Flasche zu öffnen.
    Ich folgte ihm die Stufen
     hinauf. »Wenn du Champagner mitbringst, kannst du es nennen, wie du
     willst.«
    Mit einem leisen Ploppen zog
     Ben den Korken und schenkte ein. »Prost«, sagte er und reichte
     mir ein Glas.
    »Was feiern wir?«
    Er lächelte. »Dass
     wir uns sehen?«
    Ich nickte und trank einen
     Schluck. Der blasse Champagner schmeckte metallisch und köstlich.
    »Wie geht es dir, Kate?«
    Ich blinzelte. Ben hatte fünf
     Monate in der Reha hinter sich, und er fragte mich, wie es mir ging? Doch
     in Wirklichkeit wusste ich gar nicht, wo ich anfangen sollte. Die Stunden
     nach Sir Henrys Tod hatten mit dem Knattern der Rotoren begonnen, Schreien
     von beiden Seiten und der nervenzerreißenden Suche in der
     Finsternis, bis man Ben endlich lebendig aus der Höhle zog. Einen Tag
     später holten sie auch Matthews Leichnam herauf.
    Sehr viel später war
     ich, mit Nola und Memo Jiménez’ Segen, in die Höhle zurückgekehrt.
     Ich wurde von einem Mitarbeiter der Fisch-und Wildschutzbehörde (auf
     der Suche nach der mexikanischen Freischwanzfledermaus), fünf Archäologen
     - zwei von der Universität von Arizona und je einem aus Mexico City,
     London und Salamanca (auf der Suche nach Spuren der Konquistadoren und
     Relikten aus der jakobäischen Ära) - und einem Höhlenforscher
     der Arizona State Parks begleitet. Wie ich mir gedacht hatte, waren die
     Steinhaufen in der trockenen Höhle die Gräber von fünf
     spanischen Soldaten.
    Das sechste, unbedeckte
     Skelett war das eines Franziskanermönchs. In seinem Kruzifix fand man
     eine Miniatur von Hilliard: das exquisite Porträt eines kleinen Mädchens
     mit rostbraunem Haar, gesäumt von der gleichen verschnörkelten
     goldenen Inschrift wie die auf dem Hilliard aus der Folger-Bibliothek.
     Dein ewiger Sommer doch soll nie verrinnen. Andere Hinweise auf die
     Identität des Mannes gab es nicht, aber der einzige englische Pater,
     von dem man wusste, dass er in diesem Teil der Welt verschwunden war, war
     William Shelton.
    Als wir die Höhle durch
     den Eingang im Talkessel betraten, passierten wir die Fledermäuse und
     die Tropfsteinhöhle, die Jem Granville zur Gruft geworden war. In
     einiger Entfernung von der Leiche fanden wir etwas, das wohl seine Papiere
     gewesen waren, doch sie waren zu einem unleserlichen Klumpen vermodert. In
     der erhabenen Schönheit der Tropfsteinhöhle schien es mir
     blasphemisch, einem Bündel Papiere nachzutrauern.
    Nola und Memo Jiménez
     gaben die Entdeckung des Manuskripts bei einer Pressekonferenz bekannt,
     und über Nacht fand ich mich im Rampenlicht wieder. Die Nachricht
     schlug in der internationalen Presse wie eine Bombe ein, doch schon bald
     begann die Welt, oder zumindest Teile davon, zu akzeptieren, dass der
     Pater aus der Höhle ein nach Spanien übergelaufener englischer
     Priester namens William Shelton war, der ›Don Quixote‹ und
     ein Manuskript von Shakespeares lange verschollenem Stück bei sich
     trug. Was mit Ophelias Tagebüchern geschah, blieb in der Schwebe,
     solange das Gezerre zwischen Athenaide und der Kirche von England zu
     keinem Ergebnis fand. Die Briefe aus Wilton House waren nicht ans Licht
     gekommen.
    Athenaides

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