Die Shakespeare-Morde
warum
sollte ich nicht auch das andere, größere Shakespeare-Rätsel
in die Geschichte einbauen: Wer war Shakespeare?
Ich habe etwa ein Jahrzehnt
gebraucht, um damit anzufangen. ›Die Shakespeare-Morde‹ ist
das Ergebnis.
Der Eintrag bei Chambers, mit
dem alles anfing, ist (mit kleinen Änderungen) der, auf den Kate in
diesem Buch stößt. Die größeren Shakespeare-Stätten
im Roman gibt es wirklich, auch wenn ich mir die Freiheit genommen habe,
Anpassungen vorzunehmen, wenn es die Geschichte verlangte. Die Theorien um
Shakespeares Identität sind alle echt - zumindest als Theorien. Bei
den historischen Figuren habe ich Fakt und Fantasie vermischt. Die
modernen Figuren sind frei erfunden.
Ein Eintrag ins Stationers’
Register (ein Verzeichnis, das früher in England das Urheberrecht
sicherte) weist Shakespeare als Koautor von ›Cardenio‹ aus.
Er schrieb ihn zusammen mit John Fletcher, seinem Nachfolger als
Hauptdramatiker der Kings Men (und Koautor bei mehreren anderen Stücken).
Ich habe mir ›Cardenio‹ ausgesucht, weil es von beiden
verschollenen Stücken, deren Namen wir kennen, dasjenige ist, über
dessen Inhalt mehr bekannt ist, und weil die Quelle, Miguel de Cervantes’ ›Don
Quixotes eine vage Verbindung zur spanischen Kolonialwelt und damit zum Südwesten
der Vereinigten Staaten liefert - eine Landschaft, die ich liebe und wo
ich meine Figuren zu gern Verstecken à la Shakespeare spielen
lassen wollte.
Von dem anderen Stück -
›Love’s Labour’s Won‹ (Gewonnene Liebesmüh)
- ist keine Spur übrig, doch ›Cardenio‹ tauchte im 18.
Jahrhundert in Manuskriptform auf, als Lewis Theobald es für die
Londoner Bühne »modernisierte«. Die Originalmanuskripte,
die die meisten Gelehrten wahrscheinlich als echt anerkennen würden,
sind seitdem verschwunden, nur die zensierte Version mit dem Titel
›Double Falsehood‹ hat überlebt. Zum großen Teil
ist Theobalds Adaption tatsächlich so schlimm, wie Kate sagt: voller
Löcher und Flicken und Narben, die an Frankensteins Monster erinnern.
Doch hier und da schimmern Verse durch, die klingen, als könnten sie
von Shakespeare oder Fletcher stammen (auf der Ebene einzelner Phrasen
sind Meister und Schüler kaum zu unterscheiden, genauso wie man den
einzelnen Pinselstrich von Rembrandt oder »Rembrandts Werkstatt«
schwer auseinanderhalten kann). ›Double Falsehood‹ ist die
Quelle der Worte, die Kate und andere Figuren in diesem Roman als
Shakespeares Worte identifizieren.
Eine Ausnahme ist die
Regieanweisung und die Stelle, an der Sancho und Don Quixote auftreten:
Das geht auf meine Kappe, denn Theobald hat den verrückten alten Don
und seinen erdenschweren Knappen restlos gestrichen. Doch ich bin mit Kate
der Meinung, dass Shakespeare das Paar als komödiantisches und erzählerisches
Element der Geschichte für unentbehrlich gehalten haben musste und
sie daher wahrscheinlich in eine Art Rahmenhandlung übernommen hat.
In ›Secret Shakespeare‹
von Richard Wilson (2004) habe ich die Hypothese gefunden, dass es eine
Verbindung zwischen ›Cardenio‹, den Howards und dem Tod von
Fürst Heinrich gegeben haben könnte. Die Howards waren auf der
Seite Spaniens, kryptokatholisch und von berüchtigter Heimtücke
- vor allem der Graf von Northampton und sein Neffe, der Graf von Suffolk
(beide nenne ich der Einfachheit halber im ganzen Roman mit ihren Titeln,
obwohl sie die Grafenwürde erst erhielten, als König Jakob I.
den Thron bestieg). Es hat tatsächlich Gerüchte über eine
Liebschaft zwischen Frances Howard und dem Fürsten gegeben, und
auch über einen »Handschuh-Vorfall« wird gemunkelt (wobei
die Dame unbenannt bleibt); dass Frances einen der Liebhaber ihres Mannes
mit vergiftetem Backwerk umgebracht hat, wird von juristischen Dokumenten
hinreichend belegt, da sie sich vor dem House of Lords schuldig bekannte.
Die Einzelheiten der Zusammenhänge zwischen den Howards, Shakespeare
und dem Globe sind frei erfunden.
Auch wenn es das Einfachste wäre,
zu sagen, William Shakespeare aus Stratford habe die Stücke, die
seinen Namen tragen, geschrieben, gibt es viele Argumente, die dagegen
sprechen - Argumente, die überzeugend bis haarsträubend sind.
Doch der große Haken aller Theorien, es sei »ein anderer«
gewesen, ist der Umfang der Verschwörung, die dazu nötig gewesen
wäre: Falls ein anderer die Stücke
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