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Die Shakespeare-Morde

Die Shakespeare-Morde

Titel: Die Shakespeare-Morde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Lee Carrell
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Brief zwischen die Seiten meines Blocks.
    »Utah?«, fragte
     Ben. Diesmal war es keine rhetorische Frage.
    Ich nickte.
    »Warten Sie hier«,
     sagte er. »Fünf Minuten, dann hole ich Sie mit dem Taxi ab.«
     Als er zur Tür ging, hatte er bereits das Telefon am Ohr.

 
    16
    Fünf Minuten. Entweder
     ich brach in Panik aus, oder ich nutzte die Zeit.
    Ich warf noch einen kurzen
     Blick auf die Polizeiwagen, die auf der Straße standen, dann setzte
     ich mich zwischen den Regalen auf den Boden, legte meine Tasche neben mich
     und schlug die ›Elisabethanische Bühne‹ auf. Chambers
     schrieb, dass ›Cardenio‹ eine Gemeinschaftsarbeit von
     Shakespeare und John Fletcher war, seinem von ihm selbst erwählten
     Nachfolger als Dramatiker der King’s Men. Wie viel Mr Fletcher
     beigetragen hatte und welche Teile von ihm stammten, blieb zu vermuten.
    Allerdings waren solche
     Vermutungen unsinnig, solange der Text verschollen war. Die Tatsache, dass
     das Stück eine Gemeinschaftsarbeit war, lieferte jedoch einen anderen
     Hinweis: Wahrscheinlich handelte es sich um ein spätes Werk, denn die
     beiden anderen Stücke, die Shakespeare mit Fletcher zusammen
     geschrieben hatte - ›Die beiden edlen Vettern‹ und ›Heinrich
     VIII.‹ -, gehörten zu seinen letzten.
    Nachdenklich blätterte
     ich weiter. Anscheinend lag ich mit der Datierung richtig:
    Bei ›Cardenio‹
     handelt es sich vermutlich um das Stück, das als ›Cardenno‹
     oder ›Cardenna‹ 1612-1613 von den King’s Men am Hof
     gegeben wurde, zum letzten Mal am 8. Juni 1613. Das Motiv, aus ›Don
     Quixote‹ …
    Um ein Haar hätte ich
     das Buch fallen lassen. Was für ein Esel ich gewesen war. Deswegen
     hatte Ros so viel Material zum ›Quixote‹ in ihrem Regal.
     Deswegen kam mir die Geschichte so bekannt vor. Ich hatte das Buch
     gelesen. Zu meiner Verteidigung, es war viele Jahre her.
    Es war an der Zeit, wieder
     einen Blick hineinzuwerfen. Ich suchte im Belletristik-Regal unter C wie
     Cervantes. Dort stand der ›Don Quixote‹ in der altvertrauten
     Penguin-Ausgabe, ein dickes Buch mit schwarzem Rücken, auf dessen
     Einband der schlaksige Ritter in einer Federzeichnung von Gustave Doré
     abgebildet war. Ich legte es zu Ros’ Buch und dem Folio-Faksimile
     und ging eilig zur Kasse. In dem Moment, als meine Kreditkarte akzeptiert
     wurde, hielt das Taxi vor der Buchhandlung. Hastig kritzelte ich meine
     Unterschrift, dann nahm ich meine Tüte und lief aus dem Laden.
    Beim Einsteigen sah ich im
     Augenwinkel, dass sich draußen auf der Straße etwas tat. Eine
     Gruppe von Männern tauchte im Campus-Tor auf. An der Spitze ging DCI
     Sinclair, gefolgt von den Anzugträgern.
    »Logan Airport«,
     sagte Ben, und das Taxi fuhr los, doch dann stoppte es.
    Auf der anderen Straßenseite
     waren mit heulenden Sirenen die Streifenwagen gestartet. Im ersten Moment
     dachte ich, sie kämen direkt auf uns zu, doch sie wendeten und jagten
     in entgegengesetzter Richtung die Massachusetts Avenue hinauf. Plötzlich
     schienen aus allen Richtungen Sirenen aufzutauchen.
    Ich rutschte so tief wie möglich
     in den Sitz; wir hatten nur eine einzige Chance.
    Sinclair trat auf die Straße,
     doch er kam nicht in unsere Richtung. Im Rückspiegel sah ich, wo er
     hinwollte. Zwei Blocks weiter wimmelte es von Streifenwagen. Jenseits der
     Blockade, umgeben von bunten Blumenbeeten, thronte ein elegantes
     Backsteingebäude. Die Polizei hatte das Harvard Inn umstellt.
    Unser Taxi fädelte sich
     in den Verkehr ein. Zwei Ecken weiter bogen wir ab und fuhren zum Fluss
     hinunter.
    *
    »Haben Sie
     irgendjemandem erzählt, wo Sie absteigen?«, fragte Ben nach ein
     paar Minuten.
    Ich nickte schuldbewusst.
     »Als ich aus der Bibliothek kam, bin ich in einen Bekannten
     hineingerannt. Buchstäblich.«
    »Muskulöser Kerl?
     Baseballkappe?«
    »Ich bin ihn nur
     losgeworden, weil ich ihm versprach, ihn später auf einen Drink zu
     treffen.«
    »Er ist schnurstracks
     zu Ihrem britischen Bullen gelaufen.«
    »Detective Chief
     Inspector. Der Bulle, meine ich. Er heißt Sinclair.«
    »Und Ihr Bekannter?«
    Ich biss mir auf die Lippe.
     »Shakespeare-Professor.«
    »Verdammt, Kate.«
     Bens Missbilligung tat weh, umso mehr, da ich sie verdient hatte. »Haben
     Sie als Nächstes vor, sich mit einer roten Fahne mitten auf die Straße
     zu stellen?«
    Ich nahm an, dass der
     Taxifahrer uns durch die Plexiglasscheibe und wegen der haitianischen
     Popmusik, die aus den

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