Die Shakespeare-Morde
Stand der
Dinge.«
Ich nickte. »In
Ordnung.«
»Also gut.« Er
zeigte auf eine Reihe von Telefonzellen an der Wand. »Wenn Sie jetzt
Ihre Mailbox abhören wollen, ist das ein guter Zeitpunkt.«
»Wo ist mein Handy?«
»Zurzeit außer
Betrieb.«
»Im Taxi ging es noch.«
»Jetzt geht es nicht
mehr.«
»Was haben Sie damit
gemacht?«
»Ich habe es von seinem
Leiden erlöst. Tut mir leid, Kate. Aber jede Minute, die es an ist,
kann man Ihren Aufenthaltsort bis auf den Bereich eines Fußballfelds
bestimmen, auf dem ganzen Planeten.«
Schweigend drückte ich
ihm meine Tasche in die Hand und stöckelte auf die Telefone zu. Dann
warf ich zwei Münzen ein und wählte die Nummer meiner Mailbox.
Ich hatte drei neue Nachrichten. Zwei waren von Sir Henry. »Wo bist
du?«, fragte er. Die nächste war eine Bitte: »Komm nach
Hause.« Mit schlechtem Gewissen löschte ich sie.
Die dritte Nachricht war von
Matthew. »Tut mir leid, Kate«, sagte er mit hörbarer
Sorge. »Was immer du vorhattest, wahrscheinlich habe ich es gerade
vermasselt. Als ich in die Houghton-Bibliothek ging, dachte ich, sie würden
mich über die Folio ausfragen, aber stattdessen löcherte mich
irgendein britischer Cop wegen Francis Child. Und dann waren Childs
Papiere nicht im Archiv, weil jemand sie bereits bestellt hatte. Aber das
weißt du wahrscheinlich, weil du dieser Jemand warst.
Als der Cop das hörte,
dachte ich einen Moment, er würde in die Luft gehen, aber stattdessen
wurde er still und eiskalt, was irgendwie noch schlimmer war. Er glaubt,
dass du in Gefahr bist, Kate. In ernster Gefahr. Und da habe ich ihm
gesagt, wo du wohnst … Ich hoffe, ich habe das Richtige getan.
Er hat jedes Wort, das Child
je geschrieben hat, konfisziert, bis zur allerletzten Kiste.
Keine Ahnung, worauf du dich
da eingelassen hast, aber wenn du Hilfe brauchst, ruf mich an. Wenn nicht,
ruf mich trotzdem an. Ich würde zu gern wissen, was in den Kisten
ist. Und noch lieber, dass es dir gut geht.«
Dann war die Nachricht zu
Ende.
Ich drückte auf
Wiederholen und reichte Ben den Hörer. »Hören Sie sich das
an.«
Ohne die Miene zu verziehen,
hielt er sich das Telefon ans Ohr.
»Er weiß von
Child«, sagte ich mit einem Anflug von Panik. »Sinclair weiß
von Child.« In meiner schwarz-weißen Plastiktüte aus der
Buchhandlung steckte neben den Büchern mein Block mit Granvilles
Brief - dem Brief, der der Houghton Library gehörte. Ich hatte das
Gefühl, dass er mit radioaktiver Helligkeit strahlte.
Ben legte auf. »Das heißt
nicht, dass er weiß, wonach er sucht. Und selbst wenn, er würde
es nicht finden.« Bei all seiner Coolness hörte ich ihm an,
dass die Sache ihm Spaß zu machen begann. »Nicht, wenn wir
zuerst da sind.«
»Flug fünf-zwei-acht
nach Las Vegas ist jetzt bereit zum Boarding«, sagte eine
schnarrende Stimme aus dem Lautsprecher. »Das Boarding erfolgt nach
Sitzreihen. Erste-Klasse-Passagiere sind jederzeit willkommen an Bord zu
gehen.«
Wir gingen zum Gate. Als der
Flughafenbeamte unsere Tickets scannte, hörte ich das schwere
Trampeln von Füßen hinter uns. Die Leute am Gate drehten sich
um und begannen sich die Hälse zu verrenken. Eine Einheit von
Polizisten marschierte im Gänsemarsch an uns vorbei, ohne unsere
Schlange eines Blickes zu würdigen. Ich drückte meine Tüte
so fest an mich, dass der Schnitt in meiner Hand zu pochen begann.
Ben nahm sie mir ab. »Wie
ich heute Morgen schon sagte«, flüsterte er mir ins Ohr,
»die Sache ist heiß und wird immer heißer.«
Drei Gates weiter umstellten
die Polizisten die Tür zur Gangway. Doch sie war abgeschlossen und
das Gate bereits leer. Die Dame am Schalter schüttelte sichtlich bestürzt
den Kopf. »Zu schade«, sagte Ben. »Das Flugzeug nach L.
A. ist schon in der Luft.«
An der Glastür nahm der
Beamte mein Ticket. Dann zog ich meinen Rollkoffer auf die Gangway und kam
mir in meinen Stilettos ziemlich lächerlich vor.
17
Wir saßen in der
Businessclass, aber das Flugzeug war zu voll für offene Gespräche.
Nicht dass Ben etwas in der Art vorgehabt hätte, denn kaum hatten wir
unsere Plätze eingenommen, gähnte er und sagte: »Wenn es
Ihnen nichts ausmacht, schlafe ich ein bisschen.« Höflich, aber
bestimmt. Nach zwei Minuten war er weg.
Schlafen. Wohl wahr, er hatte
in der letzten Nacht kein Auge zugemacht, und vielleicht auch nicht
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