Die Sherbrooke Braut
nackten Füßen geräuschlos über den dicken Teppich ging.
Lautlos sah er in den beiden Salons, dem Frühstückszimmer und den beiden riesigen offiziellen Speisezimmern nach. Besorgt blieb er einen Augenblick in der geräumigen Eingangshalle stehen. Dann hastete er zurück in die Bibliothek. Er verharrte, als er durch den Türspalt einen Lichtstrahl erblickte.
Sehr vorsichtig drehte er den Türknauf um und sah hinein.
Alexandra saß an seinem Schreibtisch, neben ihrem linken Ellenbogen stand eine Kerze, ein aufgeschlagenes Buch lag vor ihr. Sie starrte mit gerunzelter Stirn äußerst konzentriert darauf.
Er war drauf und dran hereinzustürzen, um sie zu fragen, was zum Teufel sie hier zu suchen hatte, als er sie deutlich sagen hörte: »Das also bedeutet merde. So, so, es ist in der Tat anstößig. Douglas hatte recht. Es besänftigte den Koller schnell und wirksam.« Sie wiederholte das Wort mehrere Male, dann fügte sie laut hinzu: »Natürlich nützt es wenig auf die Dauer. Komm schon, Mädchen, fang an.«
Er hatte große Mühe, ein Lachen zu unterdrücken, aber es gelang ihm gerade noch. Nun begann sie in schlechtem, doch verständlichem Französisch laut zu memorieren: »Ich werde nicht gehen. Je ne vais pas. Er wird nicht gehen. II ne vas pas.«
Er machte große Augen. Was zum Teufel hatte das zu bedeuten?
Sie versuchte, sich selbst Französisch beizubringen. Nur weil sie ihm eine mögliche Hilfe sein wollte.
Douglas blickte wie erstarrt auf seine Frau. Ein unendlich tiefes und süßes Gefühl stieg in ihm hoch, ein Gefühl, das er nie zuvor in seinem Leben empfunden hatte. Es war neu, wunderbar und großartig. Es war etwas völlig Unerwartetes, ein Gefühl, von dem er nie gewußt hatte, daß es existierte, und er hatte nicht gewußt... einfach nicht gewußt, daß es ihm je abgegangen war.
Immer noch blickte er auf sie. Sie saß da in ihrem weißen hochgeschlossenen Nachthemd, die dunkelroten Haare waren zu einem Zopf geflochten, der ihr über die rechte Schulter fiel.
Sie gestikulierte beim Aufsagen der französischen Wörter. Das flackernde Kerzenlicht fiel auf ihr Gesicht, es ließ ihre Augen aufleuchten und malte Schatten auf ihren Wangen und auf ihren Haaren. Sie wiederholte in endloser Folge immer wieder die gleichen Wendungen.
Er konnte ihr Französisch verstehen. Wenn er sich Mühe gab.
»Ich helfe ihm. Je l’aide. Ah, und was heißt das?« Sie verstummte und sagte dann sehr zärtlich: »Ich liebe ihn. Je l’aime. Ich liebe Douglas. J’aime Douglas. Ich liebe meinen Mann. J’aime mon mari .«
Er stand im Türrahmen und ließ sich von dem neuen Gefühl überfluten. Dann begann er zu lächeln, es war ein sanftes Lächeln, das ihn innerlich erwärmte und unglaublich glücklich machte. Es bedeutete, daß er sie vollkommen akzeptierte, er bejahte, was sie ihm bedeutete und was er für immer - das spürte er - für sein Frau empfinden würde.
Sachte schloß er die Tür und stieg nachdenklich die Treppen wieder hinauf. Er lag wach und ergötzte sich an dem ungewohnten Gefühl. Er wartete auf sie.
Als sie eine Stunde später neben ihn ins Bett schlüpfte, stellte er sich schlafend. Zehn Minuten lang. Dann drehte er sich zu ihr und nahm sie in die Arme. Er küßte sie.
Alexandra zuckte überrascht zusammen, dann erwiderte sie seine Küsse mit wachsender Begeisterung, wie immer. Diesmal fehlte die lodernde Begierde, die Erregung. Voll Zartgefühl, sanft und langsam drang er diesmal in sie ein, was ihm nie zu-vor bei ihr gelungen war. Er küßte sie immer weiter, liebkoste sie mit der Zunge, knabberte an ihrer Unterlippe, streichelte sie und gab sich ihr ganz hin. Es war gut, und sie stöhnte leise auf vor süßem Genuß, als es für beide zum Höhepunkt kam. Jetzt war sie untrennbar mit ihm verbunden. Sie würde für immer mit ihm untrennbar verbunden bleiben.
Nachdem er sich vergewissert hatte, daß sie eingeschlafen war, küßte er ihre Schläfe und murmelte an ihrer Wange: »Je t’aime aussi.«
Sieben Stunden später am Frühstückstisch ließ Douglas die Faust krachend auf den Tisch niedersausen, daß sein Teller zu tanzen begann und eine Speckscheibe auf die Tischdecke hüpfte.
»Und ich sage nein, Alexandra. Wenn Sinjun dich gebeten hat, ihr ein Buch bei Hookams zu besorgen, dann ist es ihr Pech. Ich habe nicht die Zeit, dich zu begleiten. Du gehst nirgendwo hin ohne mich. Hast du mich verstanden?«
Sie schwieg.
»Ob du mich verstanden hast?«
»Ich habe verstanden.«
»Gut. Nun
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